Wie ein Film (German Edition)
schüttete.
„Ja, ich glaube schon. Mein Coming Out hatte ich mit 16. Davor war mir aber schon lange klar, dass ich Frauen liebe und nicht Männer. Ich hatte nie etwas mit einem Mann. Das Bedürfnis, mich da auf irgendetwas einzulassen war aber auch nie vorhanden. Allerdings“, Steffi zögerte und lächelte schelmisch. „ich glaube nicht, dass ich da etwas weltbewegendes verpasst habe. Und du? Wie war das bei dir mit dem Coming Out?“
Zu den Schweißperlen auf Jennifers Stirn hatte sich nun auch eine dezent rote Gesichtsfarbe und ein unglaublich angestrengter Blick gesellt. Steffi konnte ein Lachen gerade noch unterdrücken.
„Bei mir war das nicht so einfach mit dem Coming Out. Ich bin in einem kleinen Kaff groß geworden, wirklich hinterallerletzte Provinz, wo die meisten glaubten, das Homosexualität ein Medikament gegen Blähungen bei Kühen ist.“
Steffi lachte. Wow, das war wirklich befreiend. Wahrscheinlich wäre sie gleich geplatzt.
„Nein, im Ernst.“ Jennifer wandte sich Steffi zu. Sie sah wunderbar aus, wie sie so dastand, mit ihrer viel zu großen Schürze, den erhitzten Wangen und wild mit einem Messer wedelnd.
„Du hast hier eine echte Farmers Tochter vor dir. Ich kann Kühe melken, reiten wie der Wind, und einer Hündin bei der Geburt ihrer Welpen helfen. Zum Glück hatte ich einigermaßenzivilisierte Eltern. Sie hätten sich zwar gewünscht, dass ich heirate - und zwar Henry Bloomsbuttle von der Farm nebenan - ...“, (wieder musste Steffi lachen), „...das ich Kinder bekomme und eines Tages ihre Farm übernehme. Aber sie lieben mich so wie ich bin. Als ich ihnen mit siebzehn sagte, dass ich in die Stadt ziehe, Schauspielerin werde und, nebenbei, auch lesbisch bin, schluckten sie zwar, nahmen mich aber sofort in den Arm und sagten mir, dass sie mich lieben und nichts mehr wollen, als mich glücklich zu sehen. Zwei Wochen später brachten meine Eltern mich zur dorfeigenen Bushaltestelle, und weg war ich. Es war für mich Landei nicht gerade einfach in einer großen Stadt Fuß zu fassen. Und bis ich meine erste Beziehung hatte vergingen drei Jahre. Auch da wusste das Landei nicht so genau Bescheid.“ Jennifer grinste. „Aber meine Eltern sind wirklich toll“, fuhr sie fort. „Ich besuche sie regelmäßig. Und sie fehlen mir sehr.“ Damit drehte sie sich wieder um und konzentrierte sich nun auf einen Topf Quark.
„Meine erste Beziehung hatte ich mit sechzehn“, erzählte nun Steffi. „Genaugenommen war es eigentlich gar keine richtige Beziehung. Sie war ein Jahr älter als ich und ich verführte sie. Danach haben wir uns noch ein paar Mal gesehen, und das war`s. Äh, Jennifer? Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber ... was machst du da?“
„Ich koche!“
„Ah ...“
„Ich kann das!“
„Ja, ja, keine Frage.“ Steffi drehte sich weg, damit Jennifer ihr Lachen nicht sehen konnte. Die hatte nämlich den Quark in eine Schüssel gefüllt und mehrere Litchees dazugetan. Das ist ja in Ordnung, aber wahrscheinlich wäre es besser gewesen, die Litchees vorher zu schälen und zu entkernen. Dann müsste sie sich jetzt beim Umrühren und zerkleinern nicht so abquälen, und am Ende würde es außerdem besser schmecken. Steffi vernahm einen tiefen Seufzer und drehte sich um. Als Jennifer hochblickte und Steffi ansah, konnte die sich das Lachen wirklich nicht mehr verkneifen. Sie prustete los und legte haltsuchend beide Hände auf die Arbeitsplatte. Jetzt musste auch Jennifer lachen. Und so standen beide grölend in der Küche, bis sie sich die Bäuche hielten und die Tränen über die Wangen kullerten. Nachdem sie sich so einigermaßen beruhigt hatten, sah Jennifer Steffi verlegen an.
„Ich kann gar nicht kochen!“ erklärte sie leise. „Hab es nie gekonnt. Das schöne Essen. Ich hab alles versaut.“
„Aber wenn du nicht kochen kannst, warum lädst du mich dann zu einem Essen ein, das
du
zubereiten willst?“ Steffi war überrascht.
„Wahrscheinlich, weil ich bei dir Eindruck schinden wollte“, sagte Jennifer vorsichtig mit beschämt nach unten blickenden Augen. Also, wenn Steffi die Hunde verzaubert hatte, dann hatte Jennifer jetzt Steffi mit diesem unglaublichen Blick verzaubert. „Ich glaube, du hast es hier mit einem furchtbaren Angeber zu tun.“
Das glaubte Steffi ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Jennifer wollte sie beeindrucken, ist doch nett.
„Wenn du ein Angeber bist, dann ein furchtbar charmanter“, flüsterte sie leise. „Rutsch mal zur Seite“,
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