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Wie ein Flügelschlag

Wie ein Flügelschlag

Titel: Wie ein Flügelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Wilke
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unserer
großen Schwimmsporthalle in der Schule. Bis zur Rollwende
sind es nicht die üblichen fünfzig Meter, die Bahnen in der ÖBA
sind nur fünfundzwanzig Meter lang. Egal. Ich will einfach nur
schwimmen. Ich kann nicht aufhören zu trainieren, nur weil
ich vom Internat geflogen bin. Also werde ich hier trainieren.
Ich versuche einzuschätzen, auf welcher Seite ich die größere
Chance habe, eine leere Bahn zu finden, und entscheide mich
für die rechte. Hier scheint das Gedränge etwas geringer zu sein.
    Ich lasse mich ins Wasser gleiten, mache ein paar Züge zum
Startblock. Da es so voll ist, will ich einfach vom Wasser aus losschwimmen.
Ein richtiger Startsprung ist hier unmöglich. Ich
beobachte das Becken vor mir. Als es einigermaßen leer aussieht,
stoße ich mich ab.
    Ich liebe diesen ersten Moment. Ich gleite. Mein Gesicht liegt
im Wasser, das Wasser trägt mich. Solange es geht, koste ich diesen
Augenblick aus. Ich ziehe meinen linken Arm durchs Wasser,
dann rechts. Links, rechts, atmen. Ich schaffe zwei Armzüge.
    »He, pass doch auf!«
    Ich huste, spucke Wasser. Ich habe aufgepasst. Bin exakt in
meiner Bahn geblieben. Der Typ kam einfach quer rübergeschwommen.
Ich will ihn anfauchen, da fällt mir wieder ein,
wo ich bin. Die ÖBA. Ich schlucke meinen Protest hinunter
und versuche, wieder in meinen Rhythmus zu finden. Ohne
die lange Gleitphase fällt mir das schwer. Links, rechts, atmen.
Unter Wasser sehe ich schon den Beckenrand vor mir. Die
Bahnen sind so kurz. Ich will zur Rollwende ansetzen, als sich
zwei Beinpaare in mein Blickfeld schieben. Dicke Beine. Alte
Beine. Zwei Frauen hängen am Rand genau in meiner Bahn
und unterhalten sich. Haben die mich nicht kommen sehen?
Ich schwimme einen Bogen um die beiden, stoße mich am Beckenrand
ab und gleite zurück in meine Bahn. Neuer Versuch.
Links, rechts, atmen. Dann ein Platschen. Nur wenige Zentimeter
neben meinem Kopf spritzt es hoch auf. Das Wasser schlägt
Wellen, meine rechte Hand berührt etwas. Ein Kind ist einfach
über mich hinweggesprungen. Kurz bevor ich das andere Ende
erreiche, ertönt ein greller Pfiff. Ich schlage an, wende, stoße
mich ab. Wieder ein Pfiff. Irritiert schaue ich aus dem Wasser.
Draußen am Beckenrand steht ein Bademeister und pfeift und
winkt. Ich brauche kurz, bis ich begreife, dass er mich meint. Ich
tauche ab und schwimme unter Wasser zum Rand.
    »He, du, was machst du da eigentlich?«
    Ich schiebe meine Schwimmbrille vom Kopf.
    War diese Frage ernst gemeint?
    »Hier ist heute öffentlicher Badebetrieb. Hast du das übersehen?
«
    Ich schüttele den Kopf. Weiß immer noch nicht, was der Typ
eigentlich von mir will.
    »Du kannst hier nicht trainieren, du störst die anderen beim
Baden.«
    Ich starre ihn an.
    »Aber ich …«
    »Du bist doch in einem Verein? Das sehe ich sofort. Dafür
gibt's Trainingszeiten. Da könnt ihr dann machen, was ihr wollt.
Aber heute ist hier öffentliches Baden.«
    Der Typ wiederholt sich. Aber ich verstehe trotzdem nur
Bahnhof.

    »Ich schwimme doch nur in einer Bahn«, versuche ich es
noch mal.
    »Eben. Heute gibt's hier keine Bahn. Also lass das jetzt bitte.«
    Ich will ihm sagen, dass ich in keinem Verein bin, dass ich irgendwo
trainieren muss. Aber er lässt mich gar nicht zu Wort
kommen.
    »War doch 'ne klare Ansage, oder?«, fragt er und wartet
meine Antwort gar nicht erst ab.
    Ich drehe mich um und schwimme noch ein paar Meter, dann
gebe ich auf.

    Ziellos laufe ich jetzt schon seit einer Stunde durch die Stadt.
Mein Handy zeigt fünf Anrufe in Abwesenheit an, alle von
Mika. Ich kann nicht mit ihm sprechen. Es geht nicht. Ich bring
das nicht fertig. Mika und ich, das ging von Anfang an nicht.
    Allmählich wird mir kalt. Es ist den ganzen Tag nicht richtig
hell geworden. Die Straßenbeleuchtung ist an, die Platten vor
meinen Füßen glänzen nass. Auf der anderen Straßenseite sehe
ich das Einkaufszentrum. Ich laufe rüber und betrachte die Auslagen.
Überlege, ob ich reingehen soll, mich aufwärmen. In den
Schaufenstern zeigen sie schon die neuen Frühlingsklamotten.
Kurze Hosen, dünne Kleidchen. Im nächsten Fenster Badesachen.
Schaufensterpuppen tragen Bikinis, Badehosen, eine hat
einen richtigen Schwimmanzug an, die Schwimmbrille hängt
um ihren Hals. Ein Auto hupt. Ein Bus fährt vorbei.
    Ich starre auf die Puppe in dem Schwimmanzug. Blonde
Puppenhaare fallen ihr über die Schulter. Hinter mir hetzen die
Menschen auf dem Gehweg. Einer rempelt mich an, ich falle
gegen die

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