Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Vielleicht bis Ohopoho …«
    »Wie weit ist das?«
    »Über 400 Kilometer«, warf Luba ein.
    »Das ist unmöglich. Ich werde die Busse nie bekommen.«
    »Dann müssen wir ziehen, Sir.« Der Häuptling erhob sich. »Sie haben viele von uns gerettet. Aber die Kinder werden blind bleiben, und unser Vieh haben wir verloren, weil uns niemand weiden ließ. Wir sind jetzt ärmer als damals, als wir kamen. Vielleicht sind wir gesünder. Aber lohnt sich das, Sir? Sie sind ein großer Doktor, wir alle lieben Sie, wir wissen, daß Sie uns auch lieben. Aber hat es einen Sinn? Wenn es mir gelingt, mit der Hälfte meines Stammes die Zebra-Berge zu erreichen, können wir von vorn anfangen und vielleicht wieder ein großer Stamm werden.«
    »Ihr werdet die Krankheiten mitnehmen.«
    »Das ist unser Los. Es haben immer genug überlebt, auch, als die Weißen noch nicht in unserem Land waren und uns die besten Weiden wegnahmen.«
    »Dieses Land war rauh, wild, feindlich, einsam und unbrauchbar, bevor die Weißen kamen. Jetzt ist es reich!«
    »Sind wir reich, Doktor?«
    Oppermann warf einen schnellen Blick zu Luba. Sie hatte sich im Sessel umgedreht und sah aus dem Fenster.
    In diesem Augenblick fühlte er sich hilflos. Mit einem einzigen kleinen Satz hatte der Häuptling ihn aus der Diskussion gehoben. Auf diese Frage gab es nur eine klare, die Gegenwart in Frage stellende Antwort. Aber sie gebar die neue, viel größere Frage: Würden diese Menschen da draußen in ihren Hütten, diese armen Nomaden, diese ausgemergelten Bauern mit ihrer Feldhacke reicher werden in einem neuen Namibia? Wer würde sich später um sie kümmern? Wer würde Krankenhäuser bauen, fahrbare Ambulanzen einsetzen, Schulen gründen, das Straßennetz erweitern, Brunnen bohren, das Land kultivieren, dem Leben aller eine neue Qualität geben? Wer?!
    Die reichen Industrienationen? Ihnen geht es nur um die Ausnutzung der ungeheuren Bodenschätze Namibias. Der einzelne Mensch ist ihnen gleichgültig! Sie denken an Uran, Wolfram, Vanadium und Zinn. Der Bergdamara bei Oruseva, der armselige Herero am Eiseb-River, der Kungveld-Buschmann oder der Kaokovelder in seinen heißen Bergen – wird man noch zu ihnen hinfahren oder hinfliegen, um sie zu impfen, ihre Krankheiten zu behandeln und ihnen zu zeigen, wie sie sich selbst helfen können in der ärgsten Not?
    Wer hat ein Interesse daran, wenn nur genug Uran in den Westen fließt?
    »Wann wollt ihr wegziehen?« fragte Dr. Oppermann mit trockener Kehle.
    »In einer Woche.« Der Häuptling sah Oppermann mit glänzenden Augen an. »Dürfen wir?«
    »Ihr seid keine Sklaven. Ihr seid freie Männer. Ich kann euch doch nicht festhalten. Ich weiß nur nicht, wovor ihr alle Angst habt.«
    Der Häuptling schwieg. Aber dieses Schweigen war deutlich genug.
    »Ich will euch alle vorher noch einmal sehen!« sagte Oppermann.
    »Wir werden zu Ihnen kommen, Sir. Wir gehen nicht ohne Abschied. Und wir werden immer für Sie beten. Sie sind kein Weißer …«
    »Was bin ich denn?«
    »Ein Mann, den uns Gott geschickt hat. Wir werden das überall erzählen. Vielleicht können wir damit etwas für Sie tun …«
    Der Häuptling verbeugte sich und ging mit großer Würde hinaus.
    »Haben Sie das gehört, Luba?« fragte Oppermann, nachdem die Tür zugefallen war.
    »Natürlich. Ich sitze ja bei Ihnen.«
    »Und Ihr Kommentar?«
    »Nichts …«
    »Was heißt nichts?!«
    »Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie ihm Recht geben: Alles, was wir hier tun, ist nur gut für eine Sekunde im Ablauf des großen Geschehens. Es wird nichts übrig bleiben von unserer Arbeit als gelegentlich die Erinnerung daran. Mit den politischen Veränderungen sterben wir hinweg. Es bleibt – nichts!«
    »Ist das nicht furchtbar für die Menschen hier?«
    »Was ist der Mensch, Doktor? Wann und wo hat in Afrika der Mensch jemals eine Rolle gespielt?«
    »Das zu ändern, wäre unsere Pflicht, Luba!«
    »Sie und die wenigen anderen wollen reformieren, was sich gar nicht reformieren läßt? Wer dankt es Ihnen? Denken Sie an Albert Schweitzer. Was ist aus seinem Lebenswerk geworden? Wer spricht noch von ihm? Was hat er verändert? Er wollte Menschlichkeit und wahres Christentum praktizieren. Heute lacht man ihn aus und nennt ihn einen Spinner.« Sie lächelte schwach. »Diesen Ausdruck habe ich mir von Ihnen gemerkt. Spinner ist gut. Man spinnt sich in seine Ideale ein, bis man nicht mehr von den anderen gesehen wird. Man will ja in der sogenannten Dritten Welt auch gar nicht diese

Weitere Kostenlose Bücher