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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Oppermann fest schlief, löste sie sich von seiner Seite, küßte seine Haare, streichelte sein Gesicht, ohne ihn zu berühren, und huschte, nackt wie sie war, hinaus hinter das Haus. Dort wartete der Einbeinige, gab ihr die staubverkrusteten Kleider einer alten Frau, dazu einen Stock und einen Sack. Sie zog die Fetzen an, band ein Tuch um ihren Kopf, beschmierte ihr Gesicht mit Erde, warf den Sack auf den Rücken und stützte sich auf den Stock.
    »Komm!« sagte der Einbeinige. »Dein Vater wartet auf dich.«
    Wie jeden Morgen, war Urulele als erster vom Stationspersonal aus dem Bett, schloß die Tür zur Ambulanz auf, ging hinunter zu den Bettlägerigen, hörte sich ihre Klagen an, teilte sie zur Visite beim Doktor ein, reichte ihnen die ersten Medikamente, las die Thermometer ab und ärgerte sich über die Unordnung, welche die um das Bett der Kranken versammelte Familie verursachte.
    Ihm fiel nicht auf, daß der stets hustende Ovambo mit seinem Holzbein heute fehlte. Man war daran gewöhnt, daß Kranke, denen es zu langweilig wurde oder die der Meinung waren, sie hätten genug Medizin eingenommen, einfach weggingen, zurück in ihr Dorf oder zur Farm, auf der sie arbeiteten; es war ein ständiges Kommen und Gehen. Da man den Husten des Einbeinigen trotz Anwendung der besten Mittel nicht unter Kontrolle bekommen hatte, war es nicht verwunderlich und schon gar nicht verdächtig, daß er nicht mehr erschien.
    Urulele jedenfalls, der am Tag fast hundert Kranke oder mehr zu betreuen hatte, vermißte ihn nicht.
    Um acht Uhr erschien Dr. Oppermann im Sprechzimmer. Er wandte sich sofort an Nkulele, die brav an der Schreibmaschine saß und Krankengeschichten tippte. Als feststand, daß sie ein Kind bekam, waren Urulele und sie zusammengezogen, hatten ihre Betten nebeneinandergestellt und aßen auch gemeinsam an einem Tisch. Sonst hatte sich nichts geändert. Obwohl es ihm nie leicht fiel, sich aus ihren weichen Armen und von ihrer üppigen Brust zu lösen, ließ Urulele morgens um sechs den Wecker klingeln, küßte seine Franziska Maria überall dorthin, wo sie es gern hatte, empfing als Dank ein schlaftrunkenes Seufzen, duschte sich und sagte: »Mein Honigdachs, steh auf! Die Kranken warten.«
    Dr. Oppermann sieht irgendwie verwirrt aus, dachte Nkulele und hörte mit dem Tippen auf. Seine Augen sind unruhig, und rasiert hat er sich auch nicht. Wann ist das schon einmal vorgekommen?
    »Hast du Miß Olutoni gesehen?« fragte er.
    »Nein.« Nkulele spreizte die Finger und preßte sie gegeneinander. Das war eine gute Entspannungsübung für malträtierte Stenotypistinnenhände. »Hier war sie noch nicht.«
    »Im Labor ist sie auch nicht.«
    »Vielleicht bei den Stationären?«
    »Nein.« Dr. Oppermann ging mit schnellen Schritten zur Ambulanz, riß die Tür auf und sah Urulele bei seiner Routinearbeit. Er tupfte Eiter aus den Augenhöhlen, legte Verbände an und verteilte Pillen. Das alles nach einem eigenen Plan, der den Effekt eines Fließbands hatte. Zehn Patienten standen in einer Reihe nebeneinander; Urulele schritt die Front ab, assistiert von den beiden jungen Ovambos. Dank ihrer Intelligenz waren sie schon soweit eingearbeitet, daß sie auf das Bewedeln mit dem präparierten Löwenschwanz verzichten und kleine Wunden selbständig versorgen konnten.
    »Wo ist Miß Olutoni?« rief Dr. Oppermann. Urulele hob die Schultern und wischte über seine Glatze.
    »Ich habe sie nicht gesehen, Master Doktor.«
    »Sie ist nirgendwo zu finden!«
    »Miß Olutoni war heute noch nicht hier.«
    Dr. Oppermann wurde glutheiß ums Herz. Natürlich wußte Urulele nicht, daß Luba zum erstenmal für die Nacht nicht zur Mission gefahren war, sondern bei ihm geschlafen hatte.
    »Seit wann bist du wach, Tomba?«
    »Seit sechs. Wie immer, Master Doktor.«
    »Und du hast keine Miß Olutoni gesehen?«
    »Nein.«
    Dr. Oppermann zog die Unterlippe zwischen die Zähne, rannte zurück in seine Wohnung und rief Pater Mooslachner an.
    Es dauerte über fünf Minuten, bis er an den Apparat kam. Schwer atmend pustete er in das Telefon.
    »Du lieber Himmel, Sie jagen meine kleine Schwesternhilfe herum, als seien Sie abgebrannt! Ich hielt gerade Morgenandacht. Was gibt es denn?«
    »Ist Luba bei Ihnen?«
    »Wieso? Sie muß doch in Ihrem Bett liegen. Dieses erquickende Lebensgefühl kann ich ihr nicht bieten.«
    »Pater, machen Sie jetzt bitte keine Witze! Luba ist weg!«
    »Was heißt das?«
    »Sie ist weg! Das heißt es!« Dr. Oppermanns Atem jagte. Er

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