Wie ein Hauch von Zauberblüten
vergewaltigt und dann erstochen oder erschlagen wie die anderen weißen Frauen, die man wie Tiere einfing.
Wie würde sich Olutoni verhalten? Sein Wissen von Lubas Liebe zu dem Weißen war seinen Leuten gegenüber nicht zu verwerten, und selbst wenn sich Luba in größter Verzweiflung vor allen anderen offen dazu bekannte – ihr Geständnis würde die Guerilleros nur noch mehr in der Absicht bestärken, gerade diesen Weißen zu töten, um diese Schmach zu löschen.
Aber Luba? Was würde Luba tun? Was kann ein Vater von seiner Tochter erwarten, wenn er ihr den Geliebten erschießt?
Seine Gedanken wurden unterbrochen; Olutoni kam in die Hütte.
Dr. Oppermann wollte sich erheben, aber Olutoni winkte ab und setzte sich neben ihn auf sein Lager.
»Sie müssen sich schonen, Doktor«, sagte er in einem Plauderton, der in dieser Umgebung und Situation nur makaber wirken konnte. »Luba sagt, Sie hätten schwere Rippenprellungen und eine Gehirnerschütterung. Hat man Sie gut versorgt?«
»Ja. Danke.« Dr. Oppermann bemühte sich, im diffusen Halbdunkel der Hütte Olutonis Gesicht zu erkennen und in seinem Mienenspiel zu lesen. Es war fast unmöglich; die Schatten ließen von dem schwarzen Kopf nicht viel mehr übrig als die Umrisse. »Ich hatte ein opulentes Frühstück. Allerdings ist mir die Begegnung mit Ihnen auf den Magen geschlagen. Ich hatte mir die Bekanntschaft mit Lubas Vater anders vorgestellt.«
Sie sprachen deutsch miteinander, und wieder wunderte sich Oppermann, wie akzentfrei Olutoni die Sprache beherrschte. Der Schwarze lehnte sich an die Flechtwand; sein Gesicht war jetzt völlig ins Dunkel entrückt.
»Ich glaube, unter anderen Umständen wären wir uns kaum jemals begegnet«, sagte er höflich.
»Es wäre für mich selbstverständlich gewesen, den Vater Lubas zu unserer Hochzeit einzuladen.«
»Ich hätte nie nach Europa oder Amerika, oder wo immer Sie Luba geheiratet hätten, kommen können. Ich werde hier gebraucht. Mein Volk, mein Land kann nicht auf mich verzichten.« Er schwieg, schien Oppermann prüfend anzusehen und seufzte dann. »Ich liebe meine Tochter. Sie ist das Wertvollste, das ich besitze.«
»Diese Worte könnten von mir sein. Mein Leben ohne Luba ist nur noch ein Dasein, das man ertragen muß, weil man eben atmet.«
»Da haben Sie es einfacher als ich. Sie werden von diesem Dasein bald erlöst sein«, sagte Olutoni ruhig.
»Sie wollen sich vom Wertvollsten, das Sie besitzen, trennen?«
»Wieso?«
»Glauben Sie, daß Luba meinen Tod so einfach hinnimmt?«
»Verkriechen Sie sich nicht hinter Lubas Liebe, Doktor. Das ist ein billiger Schutz. Und er nützt Ihnen gar nichts. Ich werde Luba noch heute wegbringen lassen.«
»Dann müssen Sie sie verschnüren wie ein Paket. Hoffen Sie wirklich darauf, daß Luba Ihnen das verzeihen wird?«
»Sie ist von Ihnen weggelaufen.«
»Ich begreife jetzt auch, warum.« Dr. Oppermann beugte sich vor. »Und Sie wissen es auch. Sie hat sich geopfert aus Angst, ich könnte an meiner Liebe in diesem Land zugrunde gehen. Wenn jetzt der eigene Vater diese Liebe mit einer Gewehrsalve zerschießt, dann hat er auch seine Tochter getötet. Es wird zwischen Luba und Ihnen nichts anderes mehr geben als Haß!«
»Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen, Doktor. Sie haben meine Tochter verwandelt. Man könnte fast sagen: Sie haben Luba verhext. Oder, noch härter: Sie haben mir mein Kind weggenommen! Das können Sie nie wieder gutmachen!«
»Wir lieben uns – das ist alles!«
»Ich habe einen so totalen Ausfall von Vernunft wie bei Luba noch nie erlebt.«
»Wenn Ihnen dieser Zustand so fremd ist, haben Sie Lubas Mutter nie wirklich geliebt!«
»Ich verbiete Ihnen, über Magdalena zu sprechen!« sagte Olutoni scharf. »Was wissen Sie schon über sie!«
»Nichts. Nur, daß sie Ihnen das herrlichste Mädchen geboren hat!«
»Mein Kind, das Sie mir wegnehmen wollen!«
»Ist Luba Ihr persönlicher Besitz – wie Ihr Hemd, Ihr Ring am Finger, Ihre Uhr oder Ihre Maschinenpistole? Wollen Sie sie zwingen, zeitlebens nur ihren mächtigen Vater anzuhimmeln? Oder ist es nur diese Eifersucht, die alle Väter ihren Töchtern gegenüber empfinden? Dieser Freudsche Komplex?!«
»Davon verstehe ich nichts, Doktor.« Olutoni beugte sich vor, brach ein Stück vom Rest des Maisfladens ab und kaute es langsam. »Ich könnte jetzt sagen: Verschwindet! Heiratet irgendwo in der weiten Welt und werdet glücklich! – Damit hätte ich Lubas Glück gerettet, aber meinem Volk
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