Wie ein Hauch von Zauberblüten
gerissen.«
»Weißt du, was du da sagst, Josef Petrus?« fragte Mooslachner mit unsicherer Stimme.
»Ich kann es beweisen. Magdalena hatte einen Blutspenderpaß mit den genauen Angaben über ihr Blut. An den Krallen waren noch Blutspuren. Ich habe einige Krallen nach Nairobi, also weit weg, geschickt, um ganz sicher zu gehen. Die Analysen kamen zurück: es war Magdalenas Blut an den Krallen! Es gab keine Zweifel mehr. Man hatte Magdalena ermordet und den Mord als Angriff eines Leoparden getarnt. Man hat sie vom Pferd geholt, erwürgt und dann mit den Krallen ihren Körper zerrissen, vor allem den Hals, damit man die Würgemale nicht mehr sehen konnte. Und die Mörder waren Weiße.«
»Das kannst du nicht beweisen!«
»Auch das, Pater!« Olutonis Stimme schwankte. Nun weinte er wirklich. »Ich habe mich erkundigt, wer das Fell gekauft hat, oder wem es gehört. Das Gerberzeichen war noch lesbar. Eine renommierte alte Firma. Dort führt man Buch über alle wertvollen Stücke. Der Leopard stammte aus dem Jahr 1932 und gehörte einem Mijnheer Duiken, einem Holländer, der in Gobabis wohnte. Nach dessen Tod kam das Fell in den Besitz der Familie Schlahmann, die eine Farm bei Steinhausen hatte. Das war 1951. Die Schlahmanns wanderten aus nach USA, und von da ab verliert sich die Spur des Leopardenfells. Die Farm wurde versteigert. Aber an der Versteigerung nahmen nur Weiße teil! Der ganze Besitz wurde aufgeteilt und verstreut. Es waren Weiße, die meine Magdalena getötet haben – eine Kaffernhure, wie man sie nannte. Die schönste und beste Frau unter der Sonne.«
Olutoni schlug beide Hände vor sein Gesicht und weinte. Pater Mooslachner ließ ihn gewähren; er sagte kein Wort, er tröstete nicht. Wie kann man da noch trösten, dachte er und unterdrückte eine ohnmächtige Wut. Was sind das für Menschen, Herr im Himmel?! Zerfetzen eine Frau mit Leopardenkrallen! Du hast, oh, Herr, mit Deinen heiligen Worten zwei konträre Sätze gesagt: »Liebet eure Feinde!« und: »Auge um Auge, Zahn um Zahn!« Er da, dieser kleine, arme, rechtlose, geknechtete, wegen seiner Hautfarbe getretene Mensch hat an den letzten Satz gedacht. Er entspricht eher seiner Natur. Willst Du ihn bestrafen, weil er Dein Wort, oh, Herr, so wörtlich nahm?
»Von diesem Augenblick an haßte ich die Weißen!« sagte Olutoni mit harter Stimme. »Ich konnte nicht anders, auch nicht als Christ, Pater. Ich sah immer nur meine zerrissene Magdalena, die sterben mußte, weil sie mich liebte. Vernichtet die Weißen – das war nun mein Lebensinhalt. Deshalb schickte ich Luba in ein Internat nach Windhoek. Sie sollte diesen Vernichtungskampf nicht aus der Nähe erleben. Er sollte sie nie berühren.«
»Du willst Gerechtigkeit, Josef Petrus?« fragte Mooslachner rauh.
»Ja.«
»Und praktizierst nichts anderes als grausame Rache!«
»Das ist die unausweichliche Konsequenz.«
»Nein! Das ist das dumpfe Mittelalter der Entwicklung, aus dem dieses Afrika, wenn man es allein läßt, nie herauskommen wird! Die Stammeskriege, die Blutrache, der Religionsfanatismus … Du bist nicht anders, Josef Petrus, als diese Wahnsinnigen, die das Rad der Geschichte zurückdrehen wollen! Ein freies Afrika – gut. Aber ein Stamm köpft und zerhackt den Nachbarstamm: er sieht uns seit Jahrhunderten scheel an! Er hat das meiste Vieh! Er hat vor dreihundert Jahren die Weidegründe besetzt! Er ist zu stolz! … Leugne nicht, daß es das auch heute noch gibt. Aber die Weltöffentlichkeit nimmt keine Notiz davon, weil es Schwarze sind! In diesem Punkt hast du völlig recht: Es kümmert den Weißen überhaupt nicht, ob ihr Schwarzen euch völkerweise ausrottet. Er denkt nur: Gut, daß sie weniger werden! – Wer spricht über die Watussimorde? Wer hat große Worte über die Kikuyus verloren? Zwischen Ruanda und Burundi wurden Tausende feindlicher Brüder ermordet – die Welt sieht gelassen zu, wenn sie überhaupt davon erfährt. – Das alles ist passiert und passiert auch jetzt noch tagtäglich in diesem Afrika, weil es einfach in euer Denken nicht hineinwill, daß Töten eure Probleme nicht lösen kann.«
»Es löst Probleme. Ein toter Kopf richtet kein Unheil mehr an; ein toter Weißer ist ein Unheil weniger.«
»Und das nennst du Gerechtigkeit: Alle Weißen sollen büßen für den einen oder die zwei, die deine Magdalena ermordet haben?!«
»Ja!«
»Dann brauchen wir nicht weiterzureden, Josef Petrus.«
»Sie sollen auch nicht reden, Pater. Ich flehe Sie an, mir
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