Wie ein Hauch von Zauberblüten
jungen Eheleuten die Farm mit der Straußenzucht. Das war eine Sensation. Die Weißen liefen Sturm gegen den Kauf, aber er war perfekt; ein Rechtsanwalt hatte die Farm als Treuhänder gekauft. Das Gesetz war einmal auf unserer Seite, – aber der Rechtsanwalt mußte Windhoek verlassen; er bekam keine Klienten mehr. Er wanderte aus nach Kanada. Zwei Jahre später kam Magdalena auf die Idee mit der Gästefarm. Damals war Luba gerade geboren worden, und wir waren selig vor Glück. Wir schrieben an die großen Touristikbüros, boten unser Programm an, druckten Prospekte, und siehe da, man griff zu. Touristen aus aller Welt kamen, wohnten bei uns, ritten auf unseren zahmen Straußen, kauften Federn, fuhren mit unseren Jagdwagen auf Safari … Es schien, als habe die Welt sich verändert, als seien wir nun doch Menschen! Zwar wurde Magdalena manchmal auf mich angesprochen, aber sie war so stolz, immer zu antworten: ›Halte ich Ihnen Ihren Mann – oder Ihre Frau – vor?‹ – Das wirkte immer. Bis eines Tages unser Hausboy, Lubas Betreuer Simon Otje, hinzukam, als ein weißer Gast Magdalena vergewaltigen wollte. Er erschlug den Kerl und tauchte dann im Norden bei meinem Stamm unter.« Olutoni sah Pater Mooslachner nachdenklich an. »Jetzt wird es doch eine Beichte …«
»Das war sie für mich von Beginn an«, sagte Mooslachner.
»Dann kann ich es Ihnen sagen: Simon Otje hat eine große Karriere gemacht. Er ist heute einer der Delegierten der Ovambos bei allen nationalen und internationalen Konferenzen. Er heißt jetzt Namalunga.«
»Ich kenne ihn.« Mooslachner nickte. »Ich habe mit ihm Bier getrunken bei Dr. Oppermann, als der allein unterwegs war in der Etoschapfanne. Ich wußte allerdings nicht, wie die Zusammenhänge sind. Simon Otje kam damals von dir?«
»Ich wollte Luba zu mir holen; ich hatte erfahren, daß sie Dr. Oppermann liebt. Aber sie weigerte sich. Zum erstenmal in ihrem Leben war sie ungehorsam. Da begriff ich, wie ernst die Lage ist.« Olutoni wischte sich über das schöne, ebenmäßige schwarze Gesicht. »Doch verlieren wir nicht den Faden, Pater. Namalunga, oder, wie er damals hieß, Simon Otje, tötete den Weißen. Das war der Beginn eines Kesseltreibens gegen uns. Man boykottierte uns, wo man nur konnte, man beleidigte Magdalena, wo immer sie unter Weißen auftrat, die Reisebüros wurden unter Druck gesetzt, es kamen immer weniger Touristen zu uns. Schließlich erschien eine staatliche Kommission auf meiner Farm und entzog mir die Konzession für die Beherbergung Fremder, mit der Begründung, mein Saustall entspräche nicht den hygienischen Ansprüchen, die ein Weißer stelle. Sie sagten wörtlich: ›Sie können ja Ihren Kral an die Schwarzen vermieten!‹ Dabei hatte ich eine Musterfarm. Ich war einer der ersten, der in den Zimmern fließend kaltes und warmes Wasser hatte und im Restaurant eine amerikanische Klimaanlage. Auch das nahmen mir die Weißen übel: Ich war moderner eingerichtet als sie. Mit dieser Schließung glaubten sie mich wirtschaftlich zu ruinieren. Irrtum! Nun exportierte ich Straußenfedern in alle Welt, auch wenn manchmal auf rätselhafte Weise Kisten mit den wertvollsten Federn auf dem Weg nach Swakopmund oder Walvis Bay verschwanden.« Olutoni machte eine Pause. Endlich sagte er, mit völlig veränderter Stimme: »Und dann wurde Magdalena getötet. Von einem Leoparden.«
»Luba erzählte es mir«, sagte Mooslachner und legte die Hand auf Olutonis Schulter.
Olutoni senkte den Kopf und schien nach innen zu blicken. Vielleicht weinte er auch nach innen.
»Aber – es gab seit Jahren keine Leoparden mehr in dieser Gegend«, sagte er leise.
Mooslachners Druck auf Olutonis Schulter verstärkte sich. Das ist es, dachte er entsetzt. Herr im Himmel, das große Rätsel ist gelöst. Verlange von einem Menschen nichts Übermenschliches.
»Vielleicht war es ein einsames Pärchen, Josef Petrus …« sagte er rauh.
»Nein!« Olutoni schüttelte den Kopf. »Ich habe jeden Meter Veld abgesucht, monatelang. Keine Spuren von Leoparden, keine Losung, kein gerissenes Wild an den Wasserlöchern. Es war eben kein Leopardenland mehr. Aber nach zwei Monaten fand ich mit Suchhunden ein altes, durchlöchertes, unbrauchbares Leopardenfell, vergraben unter einem Mopanebaum. Es war zu nichts mehr nütze, von Motten zerfressen. Aber an einer Tatze waren die Krallen noch so gut und scharf, als habe der Leopard gerade zugeschlagen. Und er hatte zugeschlagen. Er hatte Magdalena
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