Wie ein Hauch von Zauberblüten
mehr besiegen!«
»Du glaubst daran, Luba?« Er fühlte sich wie betäubt. Er spürte den intensiven Geruch der Blüte an seinen Lippen, er schmeckte etwas Süßfauliges, als sein Speichel die Blütenblätter befeuchtete. Der Duft ihres Körpers narkotisierte ihn, der Hauch der Zauberblüten war überall, hüllte ihn ein, drang durch jede Pore, zog wie ein süßer Nebel durch sein Hirn, lag wie ein Schleier vor seinen Augen.
»Zauberblüten …« sagte er mit schwerer Zunge. »Luba, Liebste …«
»Iß sie!«
Gehorsam öffnete er den Mund, sie steckte ihm die Blüten zu, er kaute sie mit ganz langsamen Bewegungen, schluckte den Blütenbrei hinunter und fühlte, wie seine Gaumenwände gegerbt wurden, wie der fauligsüße Geschmack ihn durchsetzte und nichts mehr um ihn war als Lubas nackter, nach dem Saft der Zauberblüten duftender Körper.
»Jetzt kann dich keiner mehr besiegen«, hörte er Lubas Stimme an seinem Ohr. »Keiner, mein Liebling!«
Früher hätte er darauf geantwortet: An so etwas glaubst du noch, ein Mensch des 20. Jahrhunderts, klug, modern ausgebildet, nüchtern und kritisch? Das ist doch finsterstes Mittelalter, Luba, das ist der billige Zauber aus der Medizinmännerzeit. Jetzt aber dachte er nichts als ›Luba‹, spürte nichts als ihren glatten, warmen Leib, erlag willenlos dem Hauch der Zauberblüten und wünschte sich, nie wieder in die andere Welt zurückzukehren.
»Ich sterbe«, flüsterte er. »Luba, ich sterbe in dir …«
»Morgen wirst du unsterblich sein.«
Er nahm ihren Leib auf und wußte, was es heißt, den Sternen nahe zu sein.
Am nächsten Morgen war der Zauber verflogen.
Dr. Oppermann wachte auf und blinzelte ins Licht. Seine Glieder waren bleischwer.
Der Vorhang war weit zurückgeschlagen, Luba war schon draußen und deckte den Frühstückstisch, als befänden sie sich auf einer gut organisierten Safari und nicht in einem vorzüglich getarnten Guerillalager.
Die Erinnerung an die Nacht überfiel ihn. Er stand auf, ging vor die Hütte und blickte sich um. Das Lager war fast leer, ein paar Frauen arbeiteten in den Kochhöhlen oder saßen unter den Bäumen, mit dem Buttern von Ziegenmilch oder dem Zerstampfen der Hirse beschäftigt. Die Männer waren, bis auf ein paar Alte, unterwegs. Vor der Hütte stand ein Klapptisch, drei Stühle waren darum gruppiert. Luba kochte auf einem Propangaskocher einen großen Kessel mit Kaffee. Es duftete köstlich.
»Guten Morgen, mein Held!« sagte sie und lachte fröhlich.
Von seiner Hütte unter einem mächtigen Mopanebaum kam Pater Mooslachner herüber, humpelnd, auf seinen Knüppel gestützt. Verblüfft sah Dr. Oppermann, daß Mooslachner über den Eingang der Hütte das Stück Flugzeugflügel genagelt hatte, auf dem noch das Wort Gott zu lesen war. Es wirkte sehr dekorativ.
»Willkommen, Gott-Pater!« rief Oppermann ihm entgegen.
»Halten Sie Ihr loses Maulwerk!« knurrte Mooslachner ungnädig.
»Ich bin stark und unbesiegbar«, sagte Oppermann. Der gerbende, süßfaulige Geschmack beherrschte noch seinen Gaumen.
»Sie haben eine gewaltige Macke!« sagte Mooslachner.
»Ich habe Zauberblüten gegessen.«
»Verliebte und Verrückte haben bis zu einer gewissen Grenze Narrenfreiheit.« Mooslachner setzte sich in einen der Klappstühle. »Ich bin zum Frühstück eingeladen worden.«
»Wenn Sie nicht essen können, fühlen Sie sich nicht wohl.«
»Wissen Sie etwas Besseres?« Er klopfte Luba auf die Schulter, blickte sie forschend an und nickte. »Die Liebe verschönt den Menschen. Luba, hör damit auf, du wirst sonst unerträglich schön!« Er streckte das geschiente Bein von sich und wandte sich wieder Oppermann zu. »Was Sie da machen, Doktor, ist doch wohl der Gipfel der Unverfrorenheit. Ich soll ehrenvoll erschossen werden, und Sie liegen mit Luba im Bett! Ich finde diese Verteilung ungerecht. Wahre Freundschaft sieht anders aus.«
»Keiner wird erschossen«, sagte Luba, die noch am Gaskocher hantierte. »Mein Vater kann es nicht.«
»Was er kann, zeigt er heute morgen. Neun Trupps mit zusammen einhundertneunzehn Mann sind sternförmig ausgeschwärmt, um Terror zu machen. Die Aktion soll eine Woche dauern. Sie wollen in Maroelaboom und Tsintsabis Unruhe stiften und in Tsumeb einige Sprengladungen hochgehen lassen. Olutoni hat mir das freimütig erzählt. ›Sie können ja doch nicht mehr darüber sprechen‹, hat er höflich hinzugefügt. Wenn das keine Eintrittskarte zur Ewigkeit ist …« Er schwieg, während Luba Brot,
Weitere Kostenlose Bücher