Wie ein Hauch von Zauberblüten
das Bonner Papier wirksam wird und mich sozialisiert. Denn nach den Vorstellungen aus Deutschland bleibt kaum noch etwas übrig.« Prusius lehnte sich wieder an den Kühler des Jeeps. »Der Bergbau, Südwests wichtigster Wirtschaftszweig mit 31 Prozent des Bruttoinlandeinkommens, soll nach den Vorstellungen dieser Herren total umorganisiert werden. Alle Bergwerksgesellschaften sind gegenwärtig in südafrikanischem oder privatem Besitz. Internationale Konzerne stecken dahinter. Schluß damit! Jetzt will man eine Verstaatlichung des Bergbaus, Gründung einer nationalen namibischen Bergbaugesellschaft, die alle Projekte zusammenführt, die Regierung in der Rohstoffpolitik berät und den Rohstoffexport unter Kontrolle hält. Die Herren Namibia-Träumer haben da einen so schönen Satz geschrieben, der ist so schön, daß ich ihn mittlerweile nahezu auswendig kann. Passen Sie mal auf, was unsere deutschen Brüder da an Weisheiten von sich geben: Staatliche Beteiligungen führen auch zur Umlenkung der Gesellschaftsgewinne in den Staatshaushalt und haben darüber hinaus den Vorteil, ein Instrument der Kontrolle von Produktion, Investitionen und Beschäftigungszahl zu sein. – Umlenkung der Gewinne in den Staatshaushalt … Der Bolschewismus läßt grüßen!«
Prusius holte aus seiner Jackentasche eine Packung Zigaretten, zog eine heraus und steckte sie mit seinem goldenen Feuerzeug an. Oppermann und Mooslachner bot er keine an; er ahnte, daß sie ihm die Packung aus der Hand geschlagen hätten.
»Noch mehr?« fragte er, nachdem er ein paar hastige Züge geraucht hatte. »Noch einige Heimatlieder? Können Sie haben, Doktor! Ein deutsches Lied: In dem besagten Namibia-Papier wird der deutschen Regierung liebstes Lied gesungen: die Steuerpolitik. Was danach Namibia erwartet, ist grandios! Der prima Tip empfiehlt, Steuererhöhungen als Mittel zur Abschöpfung von Unternehmergewinnen einzusetzen – wörtlich! Maßgebend ist die gute Gewinnlage in den Diamanten- und Uranminen. Und wieder kann ich's beinahe auswendig, weil es so schön heimatlich klingt: Die namibische Regierung sollte zukünftig versuchen, die Steuerlast allmählich auf eine Höhe zu schieben, die knapp unterhalb der totalen Abschöpfung der Gewinne liegt. Weiterhin sollten die Möglichkeiten der Einführung von Mengensteuern in einzelnen Sektorbereichen, sowie die Erhebung von weiteren Exportsteuern, wie etwa für Uran, Zinn, Wolfram oder Vanadium, geprüft werden. Schließlich vertragen die Konzessionsgebühren auch noch eine Erhöhung. – Was man in Bonn nicht wagt, wollen sie also in Namibia mit Hurra praktizieren: Verstaatlichung und kalte Planwirtschaft! Ganz klar, daß solche roten Pläne auf die Begeisterung der Schwarzen stoßen!« Prusius warf seine Zigarette weg und zermalmte sie mit dem Stiefel. »Wenn meine geliebte Heimat so denkt und solche Arbeitspapiere bei den sogenannten Freiheitskämpfern verteilt, dann soll ich mich in eine billige Moral einwickeln und offenen Auges meinem Untergang entgegenleben? Bin ich ein Idiot?! Ich hole mir mein Geld, bevor die anderen kommen, um es abzuscheffeln … Soll ich warten, bis mir in Windhoek deutsche Steuerbeamte vorschreiben, wieviel ich verdienen darf? Erwarten Sie das von mir?«
»Nein!« sagte Dr. Oppermann. »Ich habe von Ihnen Anständigkeit erwartet gegenüber Ihren deutschen Freunden in diesem Land – auch wenn Sie sonst ein Schwein sind! Alle Ihre Argumente, Prusius, sind nur darauf zugeschnitten, Ihr verdammtes Handeln zu rechtfertigen. Aber dafür gibt es keine Rechtfertigung. Da drüben werden die Kisten mit Waffen und Munition ausgeladen, die einmal Blut, Elend und Tod verbreiten werden! Und Sie haben diesen Tod geliefert. Für Geld!«
»Ich bin nur ein kleines Glied in einer langen Handelskette.«
»Schämen Sie nicht nicht, so etwas zu sagen?!«
»Schämen sich die anderen? Mitnichten! Sie bekommen Verdienstorden an den Frack gesteckt! Sie sind Mitglied des Rotary Clubs! Sie repräsentieren einen Teil der Gesellschaft, der Fortschritt und Kultur bestimmt! Aber mich, den Kleinen, den wollen Sie beißen?! Dagegen wehre ich mich! Da trete ich um mich! Da beginne ich laut zu schreien: Macht doch die Augen auf!«
»Es bleibt dabei: Es geht Ihnen nur ums Geld!«
»Ein klares Ja! Es geht auch denen nur ums Geld, die nach Rußland Maschinen liefern, auf denen man Präzisionsteile für raffinierte neue Waffen drehen kann! Wissen Sie denn überhaupt, wer den Stacheldraht geliefert hat, mit
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