Wie ein Hauch von Zauberblüten
legte sie neben die Teller und stellte einen Blumentopf mit einer traurigen Geranie in die Mitte des Tisches.
Luba kam herein, und mit ihr zog köstlicher Bratenduft ins Zimmer. Auf einem Blechtablett balancierte sie eine Holzschüssel mit Salat, eine Glasschale mit dampfendem Gemüse aus Erbsen und Karotten und eine Blechkanne mit Bratensoße. In Ermangelung eines Brotkorbes lagen dicke Weißbrotschnitten auf einem Holzbrett.
»Sonst ist wirklich nichts da!« sagte sie und setzte das Tablett ab. »Das war die letzte Dose Gemüse. Aber der Salat aus dem Garten ist gut! Kartoffeln fehlen leider.«
»Sie waren im Garten?« Dr. Oppermann half Luba beim Decken. »Draußen ist es doch stockfinster.«
»Ich sehe in der Nacht wie ein Mausvogel.« Sie sah ihn kurz an. »Für mich ist es hell draußen! Der ganze Himmel ist voller Sterne.«
»Zu Ihrer Begrüßung, Luba!«
»Es war auch gestern ein klarer Himmel!« sagte sie abweisend. »Der Herbst kommt.«
Der Kudu war vorzüglich. Urulele hatte ihn zwar am Vortag gebraten, aber er hatte keine Ahnung vom richtigen Würzen. Er salzte und pfefferte nach Gutdünken, mal zuviel, mal zuwenig. Daß man eine Bratensoße mit gehackten oder geriebenen Kräutern, gerösteten Zwiebeln oder einem Schuß Sahne verfeinern kann, davon hatte er noch nie gehört. Es war auch nicht seine Aufgabe. Er war Krankenpfleger, hatte gelernt, nach der Farbe und den Sedimenten des Urins einen Kranken einzustufen, und jetzt tupfte er Eiter aus den zerstörten Augen, wusch Wunden aus, legte Verbände an, verabreichte hie und da auch mal eine intramuskuläre Injektion und war besonders stolz, wenn man ihn ›Master Doktor‹ nannte. Aber eine Bratensoße bestand für ihn aus dem, was beim Braten aus dem Fleisch herauslief.
Luba dagegen hatte die Soße angedickt und feingehackte Blätter des wild im Garten wachsenden Pfefferminzkrautes dazugetan.
»Ist das ein Braten!« rief Pater Mooslachner nach dem ersten Bissen. »Die Pforten des Paradieses öffnen sich wieder, und das ausgerechnet in Outjo! Richard, nun loben Sie doch Luba endlich und fressen Sie nicht alles stumm in sich hinein!«
»Es ist der beste Braten, den ich in diesem Jahr gegessen habe«, sagte Dr. Oppermann und versuchte, Lubas Blick festzuhalten. Sie wich ihm aus und blickte auf ihren Teller. Sie nahm Oppermanns Taschentuch von ihrem Schoß und tupfte damit einen Soßentropfen aus dem Mundwinkel. »Und das alles gezaubert in einer halben Stunde! Die Idee mit den Pfefferminzblättern ist grandios.«
»Wenn ich in der nächsten Woche etwas Zeit bekomme, werde ich in Outjo allerhand einkaufen«, sagte sie, ohne Oppermann anzusehen. »Hier fehlt vieles. Von den Kochtöpfen bis zu den Vorräten.«
»Auch eine Tischdecke. Und Servietten …«
»Und Biergläser!« sagte Pater Mooslachner. »Nicht vergessen! Ich weiß, daß Prusius sogar richtige Seidel hat! Mit Zinndeckel!«
Er beugte sich vor, hob mit dem Zeigefinger Lubas Kopf hoch und sah ihr in die seltsam verhangenen Augen. »Na, wie ist es?! Fühlst du dich immer noch wie in die Verbannung geschickt?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie ruhig. »Ich bin in Outjo erst ein paar Stunden älter geworden.«
Johann Prusius kam aus dem Norden, aus dem Ovamboland, zurück und wußte schon nach einer Stunde, mit welcher schönen Neuigkeit Outjo beschenkt worden war. Schon als er mit seiner zweimotorigen Cessna auf seinem Privatflugplatz landete, empfing ihn sein Monteur Karle Mildenberg mit der Bemerkung: »Wir müssen aus Windhoek Ketten und Schlösser besorgen, Chef. Die Frauen werden ihre Männer fesseln müssen.«
»Schon jetzt besoffen?« sagte Prusius.
»Sie ist eingetroffen.«
»Wer?«
»Die neue Assistentin von Dr. Oppermann.«
Prusius, der sich gerade die Felljacke auszog, hielt in der Bewegung inne, einen Arm noch im Ärmel. »Ein tolles Weib?«
»Das kann man gar nicht beschreiben, das zieht einem die Hosen aus.«
»Du bist verrückt.« Prusius warf die Jacke auf den Pilotensitz. »Verdreh nicht die Augen, Mensch! Erzähl mir was!«
»Vor drei Tagen war sie in der Stadt, einkaufen. Vorneweg der Pater, dann sie, hinterher der Doktor. Wie ein Geleitzug. Fehlte nur noch, daß sie Maschinenpistolen um den Hals gehabt hätten. So gingen sie in die Geschäfte. Bei Waalkoi kauften sie Brot und Kekse, bei Maria Senker Tischdecken, Servietten, Bettwäsche, Hemden, Frottierhandtücher und einen Bademantel, für den Doktor. Bei uns verlangten sie Bierseidel, die hat der
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