Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Prusius kam näher, blickte Dr. Oppermann über die Schulter und schnaufte durch die Nase. »Was machen die lieben Mikroben?«
    »Sie haben mittlerweile schon 2.537 Menschen die Augen ausgefressen. Männern, Frauen, Kindern. Jede Altersklasse. Aber es sind ja nur Kaffern.«
    »Werden Sie nicht ungerecht, Doktor!« Prusius warf seine Aktentasche auf den Schreibtisch, ließ die Schlösser schnappen und holte ein paar Fotos heraus. »Ich habe Ihnen aus dem Ovamboland etwas mitgebracht. Die Ovambos haben mich gebeten, Ihnen das zu geben. Sie haben die Fotos gemacht. Keine ästhetischen Bilder. Überall wegeiternde Augen.«
    »Und ausgerechnet Sie spielen den Briefträger?« Dr. Oppermann drehte sich um, kam an den Schreibtisch und betrachtete die Fotos. Es waren entsetzliche Bilder: Opfer einer Seuche, deren Erreger man nicht kannte. Menschen, in deren Augenhöhlen Eiterklöße steckten, auf denen in schwarzen Klumpen die Fliegen saßen.
    »Wo sind die Bilder gemacht worden?« fragte Dr. Oppermann.
    »Weiß ich es? Die Ovambos haben sie mir in die Hand gedrückt. In mehreren Dörfern, sagten sie. Und: ›Wird der Doktor auch zu uns kommen?‹ – Ich habe ihnen gesagt, daß das möglich ist.« Prusius lehnte sich gegen die Wand, an die eine große Karte von Südwest geheftet war. »Wir müßten allerdings mein Flugzeug nehmen. Mit dem Landrover würde man sich nur die Knochen brechen. Sie sind ja jetzt beweglicher geworden, nachdem Sie Hilfe aus Windhoek bekommen haben.« Prusius blickte gleichgültig in den Raum. »Wo ist sie überhaupt, die Neuerwerbung?«
    »Im Labor.« Oppermann lächelte Prusius an. »Die Neugier bringt Sie um, was? Oder sollen wir das Neu weglassen, so daß nur die Gier übrigbleibt?«
    »Manchmal möchte ich Ihnen schon ganz gern in die Magengrube boxen!« Prusius ließ die Schlösser seiner Aktentasche zuklicken.
    »Falls Sie es übrigens noch nicht wissen sollten: Luba ist eine Coloured! – Bitte: Wo bleibt der Vortrag?«
    »Welcher Vortrag?« fragte Prusius verblüfft.
    »Sie gehören einer Generation an, die keine Ideale mehr kennt.« Oppermann ahmte Prusius' Stimme nach. »Ethische Werte fallen bei Ihrer Generation völlig weg! Aber hier leben wir in einem noch intakten Land. Hier herrschen noch natürliche Auslese- und Reinheitsprinzipien! Kein Nashorn wird sich mit einem Erdferkel paaren, nur die Menschen springen wahllos aufeinander! – War es so richtig, Herr Prusius?«
    »Ihr Spott ist nicht ganz ungefährlich, Doktor.« Prusius setzte sich, obgleich ihn Oppermann dazu nicht aufgefordert hatte. Zeit gewinnen, dachte er. Einmal kommt sie aus dem Labor. Und wenn ich hier sitze und eine Stunde lang herumquatsche – einmal muß sie kommen. »Wir haben hier unter uns Weißen einen Ehrenkodex, von den Gesetzen ganz abgesehen. Und da Sie nun mal hier leben, fallen auch Sie unter diese Gesetze.«
    »Ich weiß nicht, was Sie wollen!« sagte Oppermann hart. »Haben Sie mich schon im Bett mit Fräulein Olutoni gesehen? Sie unterstellen mir da eine Ungeheuerlichkeit …«
    »Ich rede prophylaktisch. Bei den Ärzten ist ja auch die Prophylaxe eine wichtige Therapie. Doktor, ich möchte nicht, daß Sie eines Tages hier wie ein Ausgestoßener leben müssen.«
    »Ich werde mir Ihre mahnenden Worte mit Ölfarbe an alle Wände schreiben. Damit ich sie immer vor Augen habe. Zufrieden?« Dr. Oppermann packte die Fotos der Ovambos zusammen und schob sie in eine Mappe. »Noch etwas?«
    Prusius blieb sitzen. »Ihre Unhöflichkeit wird unerträglich.«
    »Es bittet Sie keiner, sie zu ertragen.«
    »Man muß sich das mal vorstellen: Da komme ich her, bringe Ihnen Fotos von neuen Krankheitsgebieten, helfe Ihnen, wo ich kann, biete Ihnen sogar an, diese einsamen Gegenden mit Ihnen abzufliegen – auf meine Kosten! –, und zum Dank rotzen Sie mich an! Ich bin anscheinend ein mustergültiger Vollidiot!«
    »So sehen Sie es. Ich frage mich immer wieder, weshalb Sie mir helfen. Und wo bei all diesen Aktionen für Sie ein Gewinn herausspringen.«
    »Pfui!« unterbrach Prusius. »Vielleicht bin ich pervers: Ich mag Sie, Doktor! Leider sind Sie das Produkt einer Zeit, die wir hier nicht mehr verstehen. Aber das ist nicht Ihre Schuld. Das kann man Ihnen nicht ankreiden. Vor Ihren ärztlichen Qualitäten habe ich die größte Hochachtung, da ziehe ich meinen Hut! Außerdem weiß keiner von uns, auch Sie nicht, ob die Krankheit nicht eines Tages auch auf uns Weiße übergreifen kann. Das habe ich mir durch den Kopf

Weitere Kostenlose Bücher