Wie ein Hauch von Zauberblüten
Elefanten, Büffeln, Gnus, Zebras und Löwen auf der Lauer und wartet, bis er Sieger im Überreden geworden ist. Das kann noch etwas dauern. Hilfe lehnt er ab! Dabei könnten wir bei großherziger Auslegung das Seuchengesetz in Anwendung bringen und die Nomaden zwingen, sich untersuchen zu lassen. Aber er will nicht! Bereiten Sie sich darauf vor, daß Dr. Oppermann mit einem weißen Vollbart zurückkommt.«
Luba kannte Jacks Art noch nicht; erschrocken starrte sie das Telefon an und warf den Hörer weg. Sie fragte erst gar nicht mehr, ob es möglich sei, mit ihm in Verbindung zu treten.
»Der nächste!« sagte Nkulele wie immer. »Nummer 672!« Sie blickte kurz auf die Augen, sah weder Eiter noch eine Schwellung, keine Rötung oder Anzeichen einer Entzündung und fügte hinzu: »N! – Mitkommen!«
Der letzte Patient betrat das Untersuchungszimmer und blieb an der Tür stehen. Nkulele trippelte zu ihrem Schreibtisch, setzte sich, spannte die Karteikarte ein und rückte die gewaltige Brille auf ihrer Stupsnase zurecht.
»Name und woher?« sagte sie in einem Ton, der jedem Kranken sofort klar machte, daß es keine Widerrede gab.
Luba stand am Fenster und blickte hinaus in den kleinen Garten. Sie war müde. Das lange Haar hatte sie mit einem Band hochgebunden und wischte sich jetzt mit dem Handtuch über das Gesicht. Der Patient sah sie an und sagte dann höflich:
»Mein Name ist nicht wichtig, Schwester.«
Nkulele, die ihre Finger schon auf den Schreibmaschinentasten liegen hatte, fuhr hoch.
»Ich bin nicht Ihre Schwester, und der Name muß in die Kartei aufgenommen werden.«
»Wenn es sein muß« – der Patient lächelte schwach – »dann schreiben Sie einfach: Abraham Josef Isaak.«
»Er ist betrunken!« sagte Nkulele empört zu Luba. »Der Kerl wagt es, betrunken zur Untersuchung zu kommen! Ich hole die Pfleger.«
»Warum?« Der Patient lächelte freundlich. Er rührte sich nicht vom Fleck, machte durchaus nicht den Eindruck, als wolle er aggressiv werden, er blieb höflich und sprach mit einer gedämpften Stimme. »Warum rufen Sie Pfleger, wenn doch keine da sind? Ich weiß, daß der Doktor und sein Gehilfe Urulele weit weg im Busch sind.«
»Was wollen Sie?« Luba warf das Handtuch weg und kam näher. Nkulele knackte nervös mit den Fingern und schob den Schreibmaschinenwagen hin und her. »Ich habe keine Zeit für dumme Reden. Sie fühlen sich krank? Was sind Ihre Beschwerden?«
»Das möchte ich nicht sagen.« Der Patient blickte provozierend zu Nkulele hinüber. Die Sekretärin zog einen Flunsch und schob die Brille höher auf die Nase. »Nicht so … Nur Ihnen allein …«
»Hier in der Sprechstunde gibt es keine Geheimnisse vor der Sekretärin. Sie ist bei allen Untersuchungen dabei, auch, wenn der Doktor sie vornimmt! Müssen Sie sich ausziehen?«
»Nicht direkt.« Der Mann kam einen Schritt näher und musterte Luba, als habe er in ihr einen verlorenen Gegenstand wiedergefunden. Es war ein unangenehmer Blick, ein Blick, der Vertraulichkeiten ankündigte, der entkleidete, der mit den Augen streichelte. Unwillkürlich hob Luba die Schultern und ging hinter ihren Schreibtisch wie hinter eine Barriere. »Ich möchte meine Krankheit nur Ihnen allein zeigen.«
»Oh je!« Nkulele beugte sich vor, starrte provozierend auf die Hose des Mannes und trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Bilden Sie sich nur nichts ein! Da haben wir schon andere Dinger gesehen.«
»Ist sie immer so ordinär?« Der Patient bekam jetzt einen flehenden Blick. »Ich muß Sie allein sprechen. Ich habe eine Überweisung von Josef Petrus bei mir.«
»Er ist doch betrunken!« rief Nkulele angewidert. »Jetzt hat er die Bibel bald durch!« Dann schwieg sie abrupt und starrte Luba an.
Sie hatte sich in einer Sekunde verändert. Die Augen waren geweitet, die Mundwinkel zitterten, ihre Finger mit den langen, gepflegten, rot lackierten Nägeln fuhren nervös über den weißen Laborkittel.
»Soll – ja soll ich denn gehen?« fragte Nkulele gepreßt. »Wirklich?«
»Ja, bitte, Franziska. Bitte!« Es war eine fremde Stimme.
Nkulele erhob sich rasch, lief zur Tür und riß sie auf. Sie hatte einen Moment gehofft, es sei noch ein Patient gekommen. Aber die Ambulanz war leer.
»Ich bleibe nebenan«, sagte sie hastig und drehte sich zu Luba um.
Luba nickte. Hochaufgerichtet stand sie hinter dem Schreibtisch, der Fremde vier Schritte davor, beide unbeweglich. Nkulele zog die Tür zu, setzte sich auf einen der einfachen
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