Wie ein Hauch von Zauberblüten
nämlich noch!«
»Ich denke, die Nomaden sind gewohnt, hinter die Büsche zu scheißen?«
»Das taten Ihre Vorfahren, die Germanen, auch! Warum denn Sie nicht mehr, Sie wehrhafter Recke?«
Prusius schob die Unterlippe vor, blickte lange hinüber zu dem Bauplatz, wo er Luba entdeckt hatte, wie sie in engen Jeans und einer luftigen Bluse Steine anreichte. Er seufzte und ging zurück zu seinem Wagen.
Am Nachmittag brachte ein Firmenauto zwei weiße Klotöpfe mit Spülbecken und allen Armaturen, dazu einen Zettel für Dr. Oppermann:
»Nur, weil ich fürchte, daß der Gestank der hinter die Büsche verteilten Fäkalien zur allgemeinen Belästigung wird. Prusius.«
»Man wird nicht klug aus ihm«, sagte Oppermann. »Er frißt die Kaffern quer – aber er stiftet zwei komplette Klos. Dieser Wisch hier soll ein Alibi sein und ist doch reichlich lahm! Warum tut Prusius so etwas?«
»Das frage ich mich auch.« Mooslachner, von oben bis unten bestäubt mit Zement, nahm den Zettel an sich. »Was tun wir, wenn die Kerle wirklich wie die Elstern geklaut haben?«
»Die Bestohlenen sollen ihre Forderungen zu mir bringen.«
»Und dann? Wollen Sie die Schulden mit Spritzen abtragen?«
»Ich werde eine Tombola veranstalten«, sagte Dr. Oppermann. »Zugunsten der erweiterten Station. Außerdem habe ich das meiste von meinem Gehalt gespart. Es liegt in Windhoek auf der Kasse.« Er sah Mooslachner fordernd an. »Was trägt die Kirche bei?«
»Was dann noch fehlt!« Mooslachner klopfte Oppermann mit beiden Händen auf die Schultern. »Die kriegen uns nicht klein. Die nicht!«
Es kam nie ein Polizist zu Dr. Oppermann, keine Behörde untersuchte die Diebstähle oder stellte Verhöre an. Es wurden auch keine Rechnungen geschickt, keine Aufstellungen von gestohlenen Waren. Es geschah gar nichts. Die zwei bereits gestellten Strafanzeigen wurden zurückgezogen und als Irrtum in der Lagerhaltung bezeichnet.
Aber die fünf Häuser standen. Die Kranken lagen auf den Dielen, Decken unter sich, von denen Dr. Oppermann genug hatte, aßen aus Plastikschüsseln und wurden zum erstenmal in ihrem Leben richtig ärztlich versorgt.
Urulele hatte sich der beiden jungen Männer angenommen, die die ›Mumie‹ als Erbe hinterlassen und Dr. Oppermann als treue und begabte Mitarbeiter ans Herz gelegt hatte. Sie erwiesen sich in der Tat als klug und willig, bekamen in einem der neuen Häuser einen eigenen ›Behandlungsraum‹ und bauten dort die hinterlassenen Zauberutensilien auf.
Die ›Nachbehandlung‹ nach Art des Medizinmannes fand grundsätzlich abends statt; tagsüber lernte Urulele die beiden Jungen an, brachte ihnen bei, wie man ein Pflaster klebt oder einen Arm mit Binden umwickelt, ließ sie Gliedmaßen halten, Wunden austupfen und Urin in den Flaschen einsammeln.
»Man kann sie wirklich gebrauchen!« sagte er zu Dr. Oppermann. »Der alte Mann hat sie gut vorbereitet. Schade, daß wir ihn getötet haben.«
»Wir haben ihn getötet?« fragte Oppermann verblüfft.
»Ja. Da wir alle Kranken mitnahmen, war er überflüssig. So ist er gegangen.«
Dieser Satz blieb Oppermann noch lange im Gedächtnis. Er sprach darüber auch mit Mooslachner.
»Schade, daß ich ihn nicht kennengelernt habe«, sagte der Pater. »Er muß eine Persönlichkeit gewesen sein, bei all seinen Fehlern. Aber so ist es nun einmal: Große Persönlichkeiten sind nur selten Heilige.« Er sah Oppermann nachdenklich an. »Belastet Sie das?«
»Ein wenig. Ich habe nie darüber nachgedacht, daß ich ihn mit meiner Überlegenheit töten könnte. Das ist doch absurd!«
»Hier treffen Sie eben auf eine andere, uralte Welt. Auch wenn diese Menschen ins 20. Jahrhundert integriert werden – in ihrem Blut lebt noch der alte Zauberglaube. Mit unserer kalten Vernunft werden wir das nie begreifen.«
Luba arbeitete unermüdlich vom Morgengrauen bis zum flammenden Abendrot. Nebenher kochte sie auch noch, briet Hühner und Fleisch von Kudus und Rindern, servierte Papaias und saftige Passionsfrüchte, kochte Bohnen und Linsen, buk Pfannkuchen und besorgte für Oppermann eine der größten Köstlichkeiten von Südwest: eine Art Trüffeln, die von einer Pilzmalve stammt und auf den Wurzeln der Akazien wächst.
Während Pater Mooslachner sich den Bauch rieb und schmatzend Lubas Kochkünste lobte und überhaupt nicht mehr zum Abendessen in seine katholische Mission ging, wo eine alte, unwahrscheinlich dicke Hererofrau ihm den priesterlichen Haushalt führte, pflegte Dr. Oppermann nur
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