Wie ein Hauch von Zauberblüten
›Danke‹ oder ›Bitte‹ zu sagen, und alles, was Luba kochte, mit einer geradezu beleidigenden Selbstverständlichkeit zu essen.
»Mein Gott, sind Sie ein Muffel, Stiesel, Runks oder wie man es nennen soll!« zürnte Mooslachner eines Abends, als Luba abgeräumt hatte und in der Küche das Geschirr spülte. »Das Mädchen rackert sich ab, kocht für Sie wie eine ganze Küchenbrigade im Grand Hotel – und was tun Sie? Sie schlingen alles in sich hinein, als seien es aufgewärmte saure Nudeln! Ihre Zunge ist wohl aus Blech, was? Sie schmecken wohl gar nichts?«
»Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so gut gegessen wie jetzt, wo Luba kocht«, sagte Dr. Oppermann und stopfte seine Pfeife zum Nachtisch. »Muß man das immer sagen?«
»Nicht immer. Aber wenigstens einmal! Eine Frau freut sich darüber.«
»Dann werde ich sie morgen loben.«
»Wie gnädig das klingt! Mir ist jetzt auch klar geworden, weshalb Sie unbeweibt durch die Welt stolpern! – Welche halbwegs charaktervolle Frau würde es bei Ihnen aushalten?«
Oppermann schwieg. Er zündete seine Pfeife an, stieß Rauchwolken gegen die Decke und hörte Luba mit dem Geschirr klappern. Es war durchaus kein romantischer Klang, aber für ihn war es eine Art Musik. Sie sagte ihm: Sie ist hier. Sie ist nebenan. Gleich wird sie hereinkommen, sich dort in den Sessel setzen, das Radio anstellen und mich still anlächeln. Dann wird sie lesen, oder an einem Kleid sticken, oder sagen: »Ich muß noch einmal zu dem Kind mit der Fistel. Es hat hohes Fieber.« Dann wird er darauf warten, daß sie zurückkommt, sich ihm gegenüber setzt und liest, Musik hört oder einen Brief an ihre Freundinnen in Windhoek schreibt. Bis sie schließlich sagen wird: »Jetzt muß ich gehen. Der Pater wird schon ungeduldig warten.« Urulele und Nkulele, die ihr fast eine Freundin geworden war, würden sie dann sicher zur Mission bringen. Aber vorher, eine schöne Stunde lang, durfte er sie ansehen: ihren schmalen, sanften und doch wilden Kopf, das lange schwarze Haar, die Wölbungen ihrer Brüste, die Rundung der Hüften, die langen, schlanken Beine mit den rehdünnen Fesseln. Es war beglückend, sie immer wieder zu betrachten und sich zu sagen: Wie schön sie ist …
Was verstand ein Pater davon? Warum sollte man mit ihm über so etwas reden? Die Reaktion wußte Dr. Oppermann im voraus: Ein erhobener Finger, eine mahnende Stimme; sie ist eine Coloured!
Es war vollkommen sinnlos, Luba zum Thema seines Herzens zu machen und darüber zu sprechen.
Zehn Tage waren vergangen – und aus Windhoek war noch immer keine Entscheidung gekommen. Auch Pretoria schwieg, wohl in der Hoffnung, daß sich die Gemüter bald beruhigen würden. Man kannte die Bullerköpfe von Südwest; diese Schädel waren rauh und eisenhart wie der Stein der verbrannten Berge. Sollte sich Dr. Oppermann ruhig an ihnen wetzen, er konnte dabei nur lernen, wie man in einem Land wie Südwest überlebt.
Die kranken Ovambos blieben also in Outjo. Sie fanden sich schnell in den ungewohnten Häusern zurecht, legten sich kleine Gärten an und waren vollends zu Hause, als der Rest des Stammes mit dem Vieh aus dem Norden eintraf und begann, rund um die Station herum einen neuen Kral zu bauen. Nach Fertigstellung des Dorfes würde es so aussehen, als sei die weiße Baracke das im Mittelpunkt stehende Häuptlingshaus. Ein Problem waren die Weideplätze. Was im weiten Umkreis Nahrung für das Vieh geben konnte, gehörte ausnahmslos zu den großen Farmen und war also Privatgelände. Als Dr. Oppermann bei den Farmern anfragte, ob seine Ovambos ihre Rinder, Schafe, Ziegen, Hühner und Schweine auf einem kleinen Zipfel des Grundstücks weiden dürften, wo sie niemandem etwas wegnahmen, erhielt er ein klares Nein.
Es war abzusehen, wann man das Vieh schlachten mußte, den einzigen Reichtum des Stammes.
An einem dieser Tage erhielt Pater Mooslachner über Funk die Nachricht, daß er gebraucht wurde. Im Nordosten des Landes, in der Gegend von Karakuwisa am Omuramba Omatako, einem Zufluß des Okavango, besaß der Deutsche Emil Luther eine riesige Farm, die weit ins Kavangoland hineinreichte und bis an die Grenze zum Buschmannland stieß. Eine ungeheure Fläche, aber kahl, Steppe, verbrannt, mit ziehendem Wild, kilometerweit flach wie ein Brett. Nur in der Nähe des Flusses, der auch nicht immer Wasser führte, und an den Stellen, wo Luther Brunnen gebohrt hatte und mit Windrad-Energie künstlich bewässerte, lebte der harte Boden auf
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