Wie ein Hauch von Zauberblüten
einzige, was man ihnen bieten konnte, waren Notunterkünfte in Schuppen, Garagen oder Kellern. Zwar gab es ein Seuchengesetz, dem zufolge man alle Kranken sachgemäß unterbringen mußte, aber Dr. Oppermann war sich im klaren darüber, daß die Augeninfektion nicht – oder noch nicht – als Seuche bewertet wurde. Dazu fehlte die Voraussetzung einer allgemeinen Infektionsgefahr. Das einzige, was man Dr. Oppermann versprach, war das baldige Eintreffen einer Kommission der Gesundheitsbehörde in Windhoek.
»Darauf kann ich verzichten!« sagte Oppermann am Telefon. »Es genügt, wenn Sie mir Zelte nach Outjo schicken. Die Leute müssen ein Dach über dem Kopf haben; die ärztliche Versorgung werde ich dann schon schaffen. Eine Medikamentenliste ist unterwegs. Bitte sorgen Sie dafür, daß die Mittel so schnell wie möglich gebracht werden.«
Als nächsten rief er den Gesundheitsreferenten in Pretoria an. Man mußte ihn erst im Gebäude suchen, aber als er endlich an den Apparat kam, ließ er keinen Zweifel über die Stimmung im Ministerium aufkommen. »Dr. Oppermann? Gut, daß Sie anrufen. Ich wollte es heute auch tun! Was haben Sie denn da draußen im Busch angestellt?«
»Ich habe schlicht und einfach als Arzt gearbeitet. Dazu bin ich ja da!«
»Stimmt es, daß Sie mit Hunderten von Ovambos wie im Krieg nach Outjo marschiert sind?«
»Es sind genau 194! Davon 142 Frauen und Kinder. Wenn ich damit einen Krieg gegen die hier herrschende Voreingenommenheit und Borniertheit führen wollte, wäre ich übel dran. Da kämpfe ich lieber allein!«
»Sie haben Krach mit allem, womit man Krach haben kann, stimmt das?«
»Ich stehe im Gegensatz zu Menschen, die vergessen haben, was Menschlichkeit ist.«
»Und nun sollen wir Ihnen hier von Pretoria aus helfen?«
»Nein!«
»Nicht?« Der Referent war ehrlich erstaunt. »Bei uns dampfen die Telefone. Es liegen sogar Anzeigen gegen Sie vor; Sie sollen Kommunist sein. Das ist natürlich Blödsinn, wir wissen genau, wer Sie sind. Aber die Stimmung gegen Sie ist äußerst brisant. Warum rufen Sie mich an?«
»Ich möchte Sie an ein Versprechen erinnern, das Sie mir vor Monaten gegeben haben. Es müssen mittlerweile auch vier Anträge bei Ihnen liegen.«
»Ein Flugzeug?«
»Ja. Ich brauche es dringend. Eine kleine Maschine nur. Aber ohne sie komme ich nicht in die Gebiete, die unbedingt untersucht werden müssen. Das Kavangoland, der Caprivizipfel, das riesige Kungveld, das gesamte Herero-Ostland ist mit dem Wagen allein kaum zu befahren. Da kann ich nur mit einem Flugzeug hin. Bisher hat diese Flüge immer Mr. Prusius ausgeführt. Er besitzt als Firmenmaschine eine zweimotorige Cessna und hat immer geholfen, wenn ich in unerschlossene Gegenden mußte.«
»Und Mr. Prusius will nicht mehr?«
»Wir mögen uns nicht.«
»Streit auch mit ihm?«
»Er ist hier der Volkstribun! Was an Stimmung gegen mich entfacht wird, kommt aus seinem Wortlabor. Ganz schlimm ist es geworden, seit Mrs. Olutoni meine Assistentin ist.«
»Das können wir sofort ändern, Doktor.«
»Und genau das will ich nicht. Mrs. Olutoni ist eine hervorragende Mitarbeiterin. Sie hat das bewiesen, als sie während meiner Abwesenheit die Station genau so versorgt hat, als sei ich im Hause gewesen. Sie hat über sechshundert Patienten betreut!«
»Fabelhaft! Dann können wir ja Sie einsparen!« Der Referent lachte am meisten über seinen Scherz.
Dr. Oppermann lächelte nur schwach.
»Aber im Ernst, Doktor: Ihr Antrag für eine einmotorige Maschine liegt beim Ausschuß. Ich glaube sicher, daß Sie Erfolg haben werden. Es liegt uns ja sehr daran, daß wir die Ursache dieser verdammten Krankheit aufklären. Nur glaube ich, daß Ihre Situation jetzt, nach dem Rummel, den Sie verursacht haben, nicht gerade günstiger geworden ist. Man wird zu Recht sagen: Wenn der Oppermann mit seinem neuen Flugzeug im östlichsten Kaukauveld Dörfer mit schielenden Buschmännern entdeckt, dann evakuiert er sie alle nach Windhoek oder Grootfontein.«
»Ich werde sie aus der Wildnis herausholen, wenn sie die Infektion haben, das stimmt. Und ich bringe sie in stationäre Behandlung, wenn sie Tumoren und Tbc haben! Oder – man soll in eine andere Richtung blicken und diese Menschen dort vergessen! Darüber müßte man dann allerdings etwas schreiben …«
»Erpressung, Doktor?«
»Sehen Sie die Veröffentlichung der Wahrheit als Erpressung an?«
»Wenn man Sie hört, fällt einem ein deutscher Klassiker ein. Heinrich von
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