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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und sahen zu, wie Mooslachner im Stehen aß. Nach dem Pudding ging er mit sichtbarem Stolz wieder hinaus und legte sich bäuchlings auf das Bett. Er atmete auf. Wäre Prusius auch nur etwas anzüglich geworden, er hätte ihm – das hatte er sich vorgenommen – den Teller an den Kopf geworfen. Die Gefahr war nun vorbei, und er bat Gott um Verzeihung für seine rauhen Gedanken und rüden Vorsätze.
    Wenig später kam Emil Luther ins Zimmer. »Einen schönen Gruß von Dr. Oppermann«, sagte er.
    Mooslachner drehte sich ächzend auf die Seite. »Ein wirklicher Freund! Was sagt er?«
    »Das kann ich unmöglich wiedergeben.«
    »So schlimm?«
    »Ja.«
    »Verlassen von allen!« sagte Mooslachner pathetisch. Er wälzte sich wieder auf den Bauch. »Das Los eines einsamen Missionars! Aber das sage ich Ihnen: Wenn ich wieder fit bin, dann scheuche ich diese spöttischen Seelen vor mir her, bis sie wie Hunde hecheln! Wann will Prusius zurückfliegen?«
    »Übermorgen.«
    »Bis dahin hat sich mein Hintern wieder beruhigt.« Mooslachner schlug die Bettdecke zurück und streckte sein feuerrotes Gesäß in die Luft. »Bitte, klatschen Sie mir noch ein paar Wickel drauf!«
    Zur gleichen Zeit rührte sich in der Scheune der alte Buschmann, rappelte sich mühsam hoch und blickte sich im Kreis seiner Familie um. Auch die Uralten hockten im Kreis und blinzelten in das Licht der Gaslampe. Es war wie eine Totenwache.
    »Ich lebe –« sagte das Familienoberhaupt. »Wir haben jetzt einen anderen Gott.«
    In dieser Nacht wachte Luba auf, weil sie das Gefühl hatte, nicht allein im Zimmer zu sein.
    Mit einem schnellen Griff faßte sie die Pistole unter dem Kopfkissen und schob mit dem Daumen den Sicherungsflügel herum. Niemand wußte, daß sie eine Pistole besaß und damit umgehen konnte, schon gar nicht, daß sie geübt hatte, den Rückstoß aufzufangen und auch aus der Hüfte zu schießen. Doch Simon Otje Namalunga, der Abgeordnete, der sie besucht hatte, hatte beim Abschied gefragt: »Hast du die Waffe noch?« Sie hatte stumm genickt.
    Jetzt kam sie nicht mehr dazu, die Pistole hochzureißen und sich gleichzeitig seitlich aus dem Bett fallen zu lassen, um es als Deckung zu nutzen. Eine sanfte Stimme sagte im singenden Ovambodialekt:
    »Keine Angst, meine Tochter. Ich bin es, Luba, mein Liebling.«
    Sie ließ die Pistole fallen, riß die geballten Fäuste an den Mund und starrte in die Dunkelheit. Sie sah einen Schatten neben dem offenen Fenster – ein Schatten, aus dem ein Arm wuchs, der das Fenster schloß und die Gardine davorzog.
    »Vater … Papa …«
    Der Schatten glitt lautlos näher und knipste die Nachttischlampe an. Dann kniete Olutoni auf dem Bett, schlang die Arme um Luba, zog sie an sich und sagte mit bebender Stimme:
    »Wie schön du geworden bist, wie wunderschön! Wie deine Mutter …«
    Sie begann plötzlich zu weinen, verkroch sich fast in seinen Armen, war wieder das Kind, das Schutz bei seinem Vater sucht, das seinen Kummer an seiner Schulter ausweint und ruhig und ruhiger wird, wenn seine Hand über seinen Kopf streichelt und seine Stimme zärtlich alles Weh von ihr nimmt.
    Eine ganze Weile saßen sie so, eng umschlungen, auf dem Bett. Die Vorhänge waren zugezogen, die Tür von innen verriegelt, das Fenster eingehakt. Man war sicher vor Überraschungen.
    »Wo kommst du her?« fragte Luba endlich, noch immer vom Schluchzen unterbrochen. »Oh, Papa, wie kommst du in diese Gegend?«
    »Ich weiß immer, wo du bist. Hat dir Otje nicht gesagt, daß du nie allein bist?«
    »Du bist meinetwegen hierhergekommen?«
    »Ja.«
    »Dann bist du einer der herumfahrenden Ovambohändler, von denen Mr. Luther erzählt hat?«
    »Es ist eine Tarnung. Man hat uns in Rundu abgesetzt, und dort wartete der Händlerwagen auf uns. Mit ihm sind wir nach Karakuwisa gefahren. Am Abend sind wir hier angekommen.«
    »Was heißt ›abgesetzt‹?« fragte Luba.
    »Das ist so eine Redensart«, wich er aus.
    »Und warum mußt du dich tarnen, Papa? Wo lebst du denn jetzt?«
    »Ich werde dir das später alles erklären müssen«, sagte Olutoni ausweichend. »Jetzt bin ich hier und sehe seit sechs Jahren meine Tochter wieder. Als ich dich das letztemal sah, warst du sechzehn und trugst die Uniform der Oberschule. Damals hast du Berge von Vanille- und Schokoladeneis gegessen, weißt du noch, und ich habe zu dir gesagt: ›Mein Liebling, paß auf, davon wird man dick wie eine Eland-Kuh!‹ Und nun bist du so schön geworden …« Er streichelte wieder

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