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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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über ihr langes Haar, über ihre Augen, die schmale Nase, die Wangen, die hohen Backenknochen, die schönen Lippen und das kleine Kinn. Es war, als wolle er sie mit seinen Fingerspitzen fotografieren, Zentimeter um Zentimeter ihres herrlichen Gesichtes, in dem sich die Schönheitsideale zweier Kontinente vereinigt zu haben schienen. »Willst du mitkommen?«
    Sie sah ihn erschrocken an. Er spürte, wie sie die Muskeln straffte. »Wohin, Papa?«
    »Zu mir.«
    Josef Petrus Olutoni war ein Mann, den man ohne Übertreibung schön nennen konnte. Nicht allein männlich oder nur muskulös oder ›interessant‹ – er war alles zu gleicher Zeit, kraftvoll und doch harmonisch. Er war jetzt fünfzig; Sonne, Wind und die harten Lebensbedingungen dieses Landes hatten ihn gezeichnet, jedoch der Anblick seines edlen Ovambokopfes faszinierte nur um so mehr; das Ebenmaß seiner Züge hatte, vor allem im Profil, geradezu etwas Königliches. Dieses wilde, harte Land brachte auch harte Menschen hervor, die sich über Jahrhunderte ihren Stolz bewahrt hatten. Nur mit ungebrochenem Selbstbewußtsein konnte man hier überleben.
    Olutoni trug einen zerknitterten, viel zu weiten Anzug aus dunkelbraunem Stoff, ein braunes Hemd und flache Halbschuhe. An zwei Fingern jeder Hand glänzten Ringe mit dicken bunten Steinen. Die Händler trugen sehr billige Imitationen, weil sie wußten, wie groß die Wirkung auf ihre Kunden im Kral, in den Wohnbaracken und Siedlungen war. Je bunter und glitzernder, um so mehr verkaufte man. Olutonis Verkleidung war fehlerlos.
    »Wo lebst du jetzt?« fragte Luba noch einmal.
    Olutoni küßte ihre Augen. »Irgendwo im Norden, mein Liebling.«
    »Und was soll ich dort?«
    »Endlich bei deinem Vater sein! Du hast eine gute Schule besucht, du hast eine gute Ausbildung gehabt. Ich kann dich gut gebrauchen.«
    »Ich habe meine Arbeit.« Sie hielt seine streichelnde Hand fest und küßte ihre Innenfläche. Es war eine Geste der Demut, aber Olutoni wußte, daß Luba keine willenlose Tochter war wie die Mädchen, die noch in den Krals lebten und dem Vater gehorchten. »Ich bin glücklich in meinem Beruf. Ich habe eine große Aufgabe, Papa. Ich helfe Dr. Oppermann, einer unbekannten Krankheit auf die Spur zu kommen.«
    »Das weiß ich alles.« Olutoni setzte sich auf die Bettkante, Luba blieb auf dem Bett hocken. »Ich weiß auch, daß du Dr. Oppermann liebst.«
    »Ja, Papa!« sagte sie ohne Zögern. »Ich habe es Otje erklärt.«
    »Er hat es berichtet.« Olutoni griff nach ihrer Hand und hielt sie fest. Dabei spürte er, wie sie zitterte. Er hatte tiefes Mitleid mit ihr, aber er wußte mehr von den Dingen, die kommen würden, als Luba ahnte, mehr auch als er ihr sagen konnte.
    »Du kannst nicht bei ihm bleiben!« sagte er in einem Ton, als rede er ihr einen Schmerz aus. »Du mußt von ihm weggehen.«
    »Das kannst du nicht verlangen, Papa«, sagte sie leise. »Nie, Papa!«
    »Ich verlange es auch nicht.« Olutoni drückte ihre Hand an sein Herz. Das Beben ihres Körpers teilte sich ihm mit. »Ich bitte dich, mein Liebling: Du darfst nicht bei ihm bleiben. Du weißt nicht, was alles noch geschehen wird.«
    Es war, als habe sich plötzlich eine Wand zwischen Vater und Tochter erhoben. Eine gläserne Wand zwar, und niedrig genug, um eine Verständigung zuzulassen, aber immerhin eine Wand, die trennte.
    Olutoni spürte das. Er verzichtete darauf, Luba wieder zu berühren, sie an sich zu ziehen, ihr die lang entbehrten lieben, zärtlichen Worte zu sagen. Er hatte Angst. Angst, daß sie zurückweichen könnte, daß sie ihn abwehrte –, ihn, ihren Vater, dem sie und sein Land das Leben allein sinnvoll machten.
    Er stand auf, ging zum Fenster, schob die Gardine zurück, spähte in die Nacht und lauschte. Ein bleicher Mond stand über dem Veld, die gekalkten Wände der Farmgebäude schimmerten bleich und unwirklich wie Monumente aus einem Totenreich. Olutoni ließ die Gardine zurückfallen und wandte sich zu Luba um.
    »Der Wagen wartet außerhalb, bei den Zuchtweiden. Wir können sofort fahren.«
    »Sie werden uns mit dem Flugzeug suchen und finden«, sagte sie leise.
    »Sie finden uns nie, meine Tochter. Die Weißen glauben, sie kennen das Land. Aber sie kennen es nicht! In zwei Tagen sind wir im Ovamboland. Da bist du sicher.«
    »Warum sollte ich in Outjo nicht sicher sein, Vater?«
    »Es wird eine Zeit kommen, da wird man die Weißen jagen.« Er ging vom Fenster weg, stand im Dunkel und war für Luba wiederum nichts als ein

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