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Wie ein Hauch von Zauberblüten

Wie ein Hauch von Zauberblüten

Titel: Wie ein Hauch von Zauberblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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das Mondlicht ins Zimmer. Olutonis Hand legte den Riegel herum, das Fenster schwang lautlos auf.

»Willst du schon gehen, Papa?« flüsterte sie. Sie drückte die Hände gegen ihr Gesicht und zitterte am ganzen Körper. Ich hätte das nicht sagen dürfen, dachte sie. Nicht alles, nicht so hart … Nun habe ich ihn verwundet, sein Herz blutet, seine Seele ist zerrissen, wie ein angeschossenes Tier flieht er in die Weite. Aber er will mir meine Liebe nehmen! Papa, da kämpfe ich gegen alle, auch gegen dich, auch gegen Gott, wenn er Nein sagen sollte! Versteh das doch, Papa!
    »Ja, ich gehe. Wir fahren morgen weiter. Wenn wir uns am Tag sehen sollten – wir kennen uns nicht.«
    »Natürlich nicht, Papa.«
    »Du weißt, daß ich immer bei dir bin, auch wenn du mich nicht siehst.«
    »Ja, Papa.«
    »Bei den Kranken in Outjo ist ein Mann, der hat nur ein Bein. Er leidet an einem Husten, den keiner zum Stillstand bringen kann.«
    »Ich kenne ihn. Der Einbeinige kommt jeden zweiten Tag zur Ambulanz. Dr. Oppermann meint, er habe Bronchiektasien.«
    »Er ist gesund! Er hustet, weil das seine Aufgabe ist. Wenn du Sorgen hast, wenn du zu mir kommen willst, was immer auch mit dir ist – wende dich an ihn! Er bringt dich zu mir. Er ist mein Auge und mein Ohr bei dir.« Olutoni sah noch einmal hinüber auf die im Halbdunkel verschwimmende Gestalt seiner Tochter. »Du bist alles, was ich habe«, sagte er gepreßt. »Luba, ich will doch nur dein Glück …«
    »Mein Glück ist er, der Weiße!«
    Lautlos, katzengleich schwang sich Olutoni aus dem Fenster und kam unhörbar auf die Erde. An der Hauswand blieb er stehen, sicherte wie ein Raubtier nach allen Seiten und glitt dann in die Nacht hinaus. Erst jenseits des inneren Farmbereiches, am Stamm einer riesigen Schirmakazie, die am Ende der Einzäunung stand, blieb er stehen und blickte zurück zu den weißen Gebäuden. Leichenbleich schimmerte das Veld im Mondlicht.
    Dr. Richard Oppermann! Um die Tochter zu retten, mußte man ihn töten.
    Die herumziehenden Ovambo-Händler sah Luba am nächsten Tag nicht mehr. Nur beiläufig erwähnte Emil Luther, daß sie weitergefahren seien, hinunter nach Kano, einer gottverlassenen Siedlung in der Steppe.
    Pater Mooslachner, dem die Nacht mit den kühlenden Wickeln gut getan hatte, besuchte seinen tapferen Gegner in der Scheune. Auch der Buschmann bot keinerlei Anlaß mehr zu der Befürchtung, seine so schrecklich mißhandelte Haut könne zum Erstickungstod führen. Er saß schon wieder aufrecht inmitten seiner Großfamilie und blickte an Mooslachner empor wie zu einem Turm. Die Frauen senkten die Köpfe, die Uralten mummelten vor sich hin und hoben zum Gruß ihre faltigen Arme. Man grüßte den Sieger und gab sich in seine Hände.
    Prusius nutzte den Tag aus und ritt mit Luther zur Jagd. Diese Farm war eine der wenigen, die noch Pferde hielt. Schon vor dem Ersten Weltkrieg, zur Zeit der deutschen Schutztruppe, hatte es sich gezeigt, daß dieses Land kein Pferdeland war. Wie Schwämme zogen die schwitzenden Pferdeleiber die Insekten an; Krankheiten, Würmer und Parasiten quälten sie, die Hufe eiterten, die Lunge wurde angegriffen – aber damals gab es noch keine andere Wahl als Pferde, Kamele und Maultiere, um die unwirtlichen Gegenden und die weiten Entfernungen zu überwinden. Heute besaß jeder Farmer seinen Geländewagen, manche hatten sogar ein eigenes Flugzeug. Auf andere Weise war das Riesenland gar nicht zu kultivieren und nutzbar zu machen. Emil Luthers Pferde dienten also nur einem Hobby; er pflegte und hätschelte sie, wie andere ihre Oldtimer. Es waren gesunde, kräftige Tiere, für das Veld gezüchtet, im Dornbusch aufgewachsen, auf den Pads zur Ausdauer trainiert. Mit ihnen kam Luther an Ziele, vor denen selbst sein Landrover streikte. Sie hatten keinen Getriebeschaden, und die Lichtmaschine konnte auch nicht ausfallen …
    Luba blieb zurück und untersuchte das Hauspersonal der Luthers. »Ich bin keine Ärztin«, sagte sie, »ich bin nur Medizinisch-Technische Assistentin. Meine Diagnosen können auch ganz falsch sein.« Aber Luise Luther bestand darauf, daß Luba sich die Eingeborenen ansah.
    »Manchmal verstehen die Schwestern in den Krankenhäusern mehr von den Krankheiten als die Ärzte«, sagte Luise. »Ich habe das selbst bei der Geburt meines Ältesten erlebt. Das war in Keetmanshoop. Da bekam ich plötzlich starke Schmerzen im Rücken, und der Arzt sagte: ›Das kommt von der schweren Geburt. Vierzehn Stunden Wehen,

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