Wie ein Hauch von Zauberblüten
Hyänen, dachte sie. Sie schlingen das Fleisch herunter. Sie balgen sich fauchend, heulend und kreischend um die besten Stücke. Zwischen ihren Zahnreihen zersplittern die Knochen. Das Blut klebt an ihren spitzen Schnauzen.
Papa – bist du es?
Sie blickte in die helle Nacht und wunderte sich, daß sie noch atmete.
Schon beim Morgengrauen startete Prusius seine Cessna.
Ein schwarzer Boy fuhr sie zur Maschine; von der Familie Luther war niemand zum Landeplatz gekommen. Sie schlafen alle noch, hieß es, aber Prusius wußte, daß sie am Fenster hinter der Gardine standen und ihm nachblickten.
Mit festen Schritten verließ er das Haus und streifte mit einem kurzen Blick Pater Mooslachner und Luba, die schon vor dem Landrover warteten.
»Alles Arschlöcher!« knurrte er. »Eine Generation von Kaffernarschleckern! Zum Kotzen, Emil Luther!«
Er startete ziemlich steil, drehte sofort bei und flog auf dem schnellsten Weg nach Outjo zurück.
Immer noch wütend, landete er, stieß die Tür auf, sprang aus dem Flugzeug, ohne erst die kleine Treppe hinunterzuklappen und stieg in den wartenden Wagen. Um Mooslachner und Luba kümmerte er sich nicht; er ließ sie einfach in der Maschine sitzen.
»Es ist auch besser so!« sagte Mooslachner. »Ich habe nur darauf gewartet, daß er mich anspricht! Aber so klug ist er doch, um sich nicht mit mir anzulegen. Morgen wird er wieder auftauchen, als sei nichts geschehen.« Er zog seine ›heilige Kiste‹ aus dem Flugzeug und ließ sie auf die Erde plumpsen. Luba warf ihm ihre große Reisetasche zu. Mooslachners Wunder-Landrover, der Gottes Güte bei jedem Anlassen aufs neue bestätigte, weil er nicht zusammenbrach, stand abseits unter einem Wellblechdach. Sie schleppten ihr Gepäck dorthin, rissen die Türen auf, ließen die gestaute, glutheiße Luft heraus und fuhren klappernd und mit stöhnendem Motor zur Station.
Dr. Oppermann unterbrach sofort die Untersuchung, als er den unverkennbaren Ton des alten Autos vernahm. Er rannte zur Haustür, aber draußen zwang er sich doch, seine Freude über Lubas Rückkehr nicht so deutlich zu zeigen. Er winkte ihnen zu, kam an den Landrover und half Luba beim Aussteigen. Schon die Berührung ihrer Hände machte sie glücklich. Jeder sah nur den anderen, seine Augen, seinen Mund, hörte nichts als die geliebte Stimme. Erst ein lautes Ächzen riß sie aus ihrer Traumwelt: Mooslachner stieg aus. Die kurze Fahrt auf dem ungefederten Sitz über die holprige Straße hatte seinen wunden Hintern wieder zum Glühen gebracht.
»Ah! Da ist ja unser Ameisenbär!« sagte Dr. Oppermann mit impertinenter Liebenswürdigkeit. »Eine freudige Nachricht: Heute mittag gibt es bei uns geröstete Termiten!«
»Luba, sag ihm, daß ich mit einem solchen Ekel nicht mehr spreche!« brummte Mooslachner. »Ein Arzt, den das Leid seiner Patienten erheitert! Pfui Teufel!« Er stapfte in die weiße Baracke, schickte den Patienten, den Oppermann gerade untersucht hatte, ins Wartezimmer, raunzte den erschrockenen Urulele an: »Ich schließe ab. Keiner kommt mehr rein in der nächsten halben Stunde!«, knallte die Tür zu, drehte den Schlüssel herum und legte sich bäuchlings auf die Untersuchungsliege.
»Ist alles gut gegangen?« fragte Dr. Oppermann. Seinen Wunsch, Luba zu umarmen, konnte er nur unterdrücken, indem er sich zu äußerster Sachlichkeit zwang.
»Ja. Der Duellgegner des Paters wird überleben.« Luba antwortete im gleichen geschäftlichen Ton. Beide spürten die Unaufrichtigkeit, mit der sie einander begegneten, aber jeder scheute davor zurück, als erster die Maske fallen zu lassen. Die Seligkeit würde so überwältigend sein, daß sie nur in einer Katastrophe enden konnte. »Diese Buschmänner sind zäh. Aber Prusius hat einen Ovambo erschossen.«
»Was hat er?« Dr. Oppermann starrte Luba betroffen an.
»Er und Emil Luther haben zwei rätselhafte Lastwagen verfolgt, und Prusius hat einen Mann von der Ladefläche geschossen. Die anderen konnten in ihren Wagen flüchten.«
»Guerillas?« fragte Oppermann.
»Keiner weiß es. Prusius behauptet es!«
»Und was meint Luther?«
»Er will den Vorfall nach Windhoek melden.«
»Das ist das beste, was er tun kann.« Er blickte Luba an, sah ihre leuchtenden Augen, die ihm alles zuriefen, was ihre Lippen verschwiegen, und vergrub seine Hände in den Taschen des weißen Arztkittels. »Ich hatte wirklich Angst um Sie«, sagte er.
»Ein Priester war doch bei mir.« Es war ein müder Scherz. Ihr Herz klopfte
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