Wie ein Hauch von Zauberblüten
bis an den Hals. Ich liebe dich, dachte sie. Ich könnte mich für dich in Stücke reißen lassen.
»Kaum waren Sie weg – Sie waren gerade eine halbe Stunde in der Luft –, rief mich ein Offizier der Armee aus Windhoek an. Er gab mir den Rat, in der nächsten Zeit nicht mehr allein in den Norden und Nordosten zu fahren. Wenn es nötig sein sollte, könnte ich Militärschutz anfordern. Es lägen Berichte vor, nach denen von Angola und auch aus dem Ovamboland selbst Terrorgruppen einsickern und sich nach Süden wenden. Alle Farmer sind gewarnt worden. Die Straßen werden überwacht, Hubschrauber kontrollieren die Buschpads. Der linke, radikale Flügel der SWAPO scheint wieder neue Aktionen zu planen, um die Weltöffentlichkeit spektakulär an Namibia zu erinnern.« Er räusperte sich, wich ihrem Blick aus und griff nach der Reisetasche, die neben ihr auf dem Boden stand. »Deshalb hatte ich Angst um Sie, Luba. Man weiß, daß die radikalen SWAPOs auch ihre eigenen Leute umbringen, wenn sie mit Weißen zusammenarbeiten. Auch Sie sind in Gefahr!«
»Ich habe keine Angst!« sagte sie mit fester Stimme.
»Ich dafür um so mehr! Luba, ich werde nicht mehr zulassen, daß Sie allein wegfahren! Nur noch mit mir!«
Er setzte sich schnell in Bewegung und trug ihr die Tasche ins Haus.
Im Untersuchungszimmer lag Mooslachner auf der Liege und blickte düster auf Dr. Oppermann, der verblüfft in der Tür stehen blieb. Im Flur hatte ihn Maria Franziska Nkulele abgefangen.
»Er hat uns alle rausgeschmissen!« lamentierte sie. »Mich auch!« Sie rückte an ihrer straßbesetzten Brille und war ehrlich wütend. »Aber ich kann mich doch nicht gegen einen Priester wehren!«
Dr. Oppermann ließ Luba eintreten, schloß die Tür ab und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. »Fragen Sie den Herrn Pater«, sagte er zu ihr, »warum er die Liege besetzt hält, die nur für Kranke da ist!«
Mooslachner ballte die Faust, stieß einen fauchenden Laut aus und bellte: »Antworte dem Menschen, der mit den Leiden anderer Geld verdient, daß ich einen Grund habe, hier zu liegen.«
Oppermann nickte ernst. »Luba, erklären Sie dem Herrn, daß leichte Fälle von meinem Helfer Urulele versorgt werden. Er soll sich in der Ambulanz anstellen.«
»Luba!« brüllte Mooslachner sofort. »Machen Sie dem Quacksalber klar, daß ich Privatpatient bin!«
»Auf der Forschungsstation Outjo sind Untersuchungen gratis, dank Staatsunterstützung und einem medizinischen Sozialfonds. Sozial heißt: Alle Kranken sind gleich! Sagen Sie das dem Herrn, Luba. Er soll sofort die Liege räumen und sich in die Reihe stellen.«
»Wer mich hier 'runterholen will, den trifft der Blitz!« Mooslachner streckte seine Hände vor. »Und der Blitz ist in meinen Fäusten! Luba, sag dem weißgewandeten Aasgeier, daß er sich endlich meinen Hintern ansehen soll! Der kann nur noch gares Fleisch sein!«
»Ein Ameisenbär wühlt auch nicht mit dem Hintern in einem Bau, sondern mit seinem Rüssel.«
»Auch der brennt wie Feuer!« sagte Mooslachner ohne jede Scham.
»Das ändert die Lage völlig.« Dr. Oppermann grinste Luba zu. Sie verließ das Zimmer, nahm die Tasche mit und packte sie aus. Urulele half ihr, indem er die Medikamente und das Verbandszeug sofort in die richtigen Schrankfächer legte.
»Ich ziehe gleich meine Soutane hoch«, sagte Mooslachner. »Wenn Sie dann lachen, Doktor, erschlage ich Sie! Eine im Affekt begangene Sünde kann mir verziehen werden.«
Mooslachners Duell-Andenken erwies sich als eine durch das konzentrierte Insektenpulver verursachte Hautverbrennung. Dr. Oppermann legte einen massiven Salbenverband an, verpaßte Mooslachner eine Calciuminjektion und gab ihm eine Schachtel Kreislauftabletten.
»Für einige Zeit fallen Sie als Autofahrer aus«, sagte er. »Wenn Sie wieder in Ihr Wunderauto klettern, sollten Sie es zuerst mit einem dicken Kissen versuchen.«
Mooslachner nickte, wälzte sich von der Liege und stellte sich an die Wand. »Haben Sie gehört, was Prusius angestellt hat?«
»Luba hat es mir erzählt. Er hat einen Ovambo erschossen. Einen Guerillero.«
»Behauptet Prusius!«
»Ich sagte es schon zu Luba: Sie waren kaum in der Luft, da rief ein Offizier vom Kommando in Windhoek an. Man hat neue Terrorbanden ausfindig gemacht. Die Grenze nach Angola ist durchlöchert. Jede Nacht kommen SWAPO-Leute in kleinen Trupps herüber. Wir sollen nicht mehr allein in den Norden fahren. Nur mit Begleitschutz.«
»Fängt das schon wieder an?!«
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