Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
merkte aber schnell, dass er eigentlich nicht in der Stimmung war fernzusehen. Er dachte an Josh, und obwohl er wusste, dass die Kinder sicher und geborgen in ihren Betten lagen, packte ihn wieder die Angst. Und dieses entsetzliche Gefühl, versagt zu haben. Er tat sein Bestes als Vater, und niemand liebte seine Kinder mehr als er, aber trotzdem kam es ihm oft so vor, dass seine Bemühungen nicht ausreichten.
Später, lange nachdem Josh und Kristen eingeschlafen waren, holte sich Alex ein Bier aus dem Kühlschrank, setzte sich aufs Sofa und trank es in kleinen Schlucken. Die Ereignisse des Tages zogen wieder an ihm vorbei, ein endloser Film, aber diesmal sah er vor allem seine Tochter vor sich und wie sie sich an Katie klammerte, das kleine Gesicht an ihren Hals geschmiegt.
Er kannte dieses Bild. Das letzte Mal hatte er es gesehen, als Carly noch lebte.
KAPITEL 4
Auf den April folgte der Mai, und die Tage vergingen in einem gleichmäßigen Rhythmus. Der Betrieb im Restaurant nahm immer mehr zu, und das Geldscheinbündel in der Kaffeedose wurde beruhigend dick. Katie geriet nicht mehr in Panik, wenn sie darüber nachdachte, ob sie genug Geld hatte, um wieder von hier fortzugehen, falls es notwendig werden sollte.
Selbst nachdem sie die Miete und die Nebenkosten bezahlt hatte, reichte ihr Einkommen problemlos für die wichtigsten Lebensmittel, und es blieben sogar ein paar Dollar übrig, zum ersten Mal seit Jahren. Nicht besonders viel, aber doch genug für sie, um sich leicht und frei zu fühlen. Am Freitagmorgen ging sie zu Anna’s Jeans , einem Secondhandladen. Sie brauchte fast den ganzen Vormittag, um das Angebot zu durchstöbern, aber am Ende kaufte sie zwei Paar Schuhe, zwei Hosen, Shorts, drei hübsche T-Shirts und ein paar Blusen. Die meisten Sachen waren Markenklamotten und sahen aus wie neu. Katie staunte immer, dass manche Frauen so viele tolle, superteure Kleidungsstücke besaßen, die sie dann einfach in solch einen Laden brachten.
Als sie nach Hause kam, war Jo gerade dabei, eine Windorgel aufzuhängen. Seit ihrer ersten Begegnung hatten sie nicht besonders häufig Kontakt gehabt. Katie wusste nicht, was Jo arbeitete, aber ihr Job schien sie sehr zu beanspruchen, und sie selbst übernahm im Lokal ja auch so viele Schichten wie nur möglich. Abends sah sie manchmal, dass bei Jo Licht brannte, aber es war immer zu spät, um noch vorbeizugehen, und am vergangenen Wochenende war Jo gar nicht da gewesen.
»Lange nicht gesehen!«, rief Jo und winkte ihr zu. Sie tippte mit dem Finger gegen die Stäbe, die melodisch klimperten, dann kam sie herüber.
Katie stellte ihre Tüten auf der Veranda ab. »Wo warst du die ganze Zeit?«, fragte sie.
Jo zuckte die Achseln. »Ach, du weißt ja, wie das ist. Abends wird es spät, morgens muss man früh raus, und dauernd ist irgendetwas los. Die Hälfte der Zeit habe ich das Gefühl, sie zerren von allen Richtungen an mir.« Sie deutete auf die Schaukelstühle. »Hast du was dagegen? Ich brauche dringend eine Pause. Den ganzen Morgen musste ich putzen, und jetzt habe ich gerade dieses Ding aufgehängt. Ich höre das Geklimper so gern.«
»Ja – setz dich«, sagte Katie.
Jo nahm Platz und rollte die Schultern, um die Verspannung zu lockern. »Du bist richtig braun geworden. Warst du am Strand?«, erkundigte sie sich.
»Nein«, antwortete Katie und schob eine der Tüten beiseite, um Platz für die Füße zu haben. »Ich arbeite seit zwei Wochen oft zusätzlich die Tagesschicht, und da muss ich immer draußen auf der Terrasse bedienen.«
»Sonne, Wasser … kann man sich was Schöneres vorstellen? Ist das nicht fast ein bisschen wie Ferien, wenn man im Ivan’s kellnert?«
Katie musste lachen. »Nicht ganz. Und wie sieht’s bei dir aus?«
»Für mich gibt’s zurzeit keine Sonne und keinen Spaß.« Mit einer Kopfbewegung zeigte Jo auf die Tüten mit den Klamotten. »Ich wollte schon heute Morgen vorbeikommen und einen Kaffee mit dir trinken, aber du warst nicht da.«
»Ich war einkaufen.«
»Das habe ich mir fast gedacht! Hast du was Schönes gefunden?«
»Ja, schon.«
»Dann sitz hier nicht so faul rum, sondern zeig mir, was du gekauft hast – bitte!«
»Willst du’s wirklich sehen?«
Jo grinste. »Ich wohne in einem kleinen Häuschen am Ende eines Schotterwegs, mitten im Nichts, und heute habe ich stundenlang Schränke und so weiter ausgewischt. Da kann ich ein bisschen Abwechslung gut brauchen.«
Katie zog eine Jeans aus der Tüte und gab sie
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