Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
Katie – einfach nur Katie.«
»Schön, Sie kennenzulernen, Katie.« Er drückte die Taste, und mit einem Klingeln sprang die Schublade der Kasse auf. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie hier in der Gegend wohnen?«
Sie antwortete nicht. Stattdessen bemerkte Alex, dass ihre Augen plötzlich vor Schreck ganz groß wurden. Sie starrte entsetzt auf den Bildschirm. Blitzschnell drehte er sich um und sah, was sie sah: Josh war ins Wasser gerutscht, er ruderte verzweifelt mit den Armen, voller Panik. Alex schnürte es vor Angst die Kehle zu, und er handelte instinktiv. Er raste durch den Laden und den Lagerraum, stieß einen Karton mit Papiertüchern um, rannte unbeirrt weiter zur Hintertür hinaus.
Das Adrenalin pumpte durch seinen Körper, als er über eine niedrige Hecke sprang, um den Weg zur Anlegestelle abzukürzen. Er sauste über die Planken des Landestegs, und dann sah er Josh, der immer noch hilflos um sich schlug, als würde er gleich untergehen.
Alex’ Herz hämmerte gegen die Rippen. Kurz entschlossen sprang er ins Wasser. Er war nicht weit von Josh entfernt. An dieser Stelle war das Wasser relativ flach, keine zwei Meter tief, und in dem weichen Schlamm am Grund sank er fast bis zu den Knien ein. Mühsam kämpfte er sich an die Oberfläche, was ihn viel Kraft kostete, aber schon bald konnte er Josh packen.
»Ich hab dich!«, rief er. »Ich hab dich!«
Aber Josh wehrte sich und hustete hektisch, weil er nicht richtig Luft bekam. Alex hatte größte Mühe, ihn ans Ufer zu ziehen, doch mit einer enormen Kraftanstrengung gelang es ihm schließlich. Die ganze Zeit überlegte er krampfhaft, welche Hilfsmaßnahmen nötig sein würden. Herz-Lungen-Wiederbelebung. Magen auspumpen. Beatmung. Er versuchte, Josh hinzulegen, doch der zappelte und spuckte die ganze Zeit. Ein gutes Zeichen, das wusste Alex. Es bedeutete, dass Josh bei Bewusstsein war.
Später konnte er sich nicht mehr erinnern, wie lange die ganze Aktion gedauert hatte – vermutlich nur ein paar Sekunden, aber vom Gefühl her war es viel länger gewesen. Josh würgte plötzlich heftig, dann hustete er und gab einen riesigen Schwall Wasser von sich. Danach bekam er endlich wieder einigermaßen Luft. Er keuchte und röchelte, aber nach ein paar Atemzügen schien er zu verstehen, was geschehen war, obwohl ihn die Panik immer noch im Griff hatte.
Er tastete nach seinem Vater, und Alex presste ihn fest an sich. Da brach Josh in Tränen aus. Seine schmalen Schultern bebten, und beim Gedanken daran, was alles hätte passieren können, wurde Alex richtig übel. Was wäre geschehen, wenn er nicht gesehen hätte, wie Katie auf den Bildschirm starrte? Wenn er auch nur eine Minute später entdeckt hätte, was sich da im Wasser abspielte? Bei dem Gedanken an die fürchterlichen Konsequenzen zitterte er mindestens so sehr wie Josh.
Es dauerte eine Weile, bis der Junge ruhiger wurde und zwischen den Schluchzern die ersten Worte herausbrachte.
»Tut mir so leid, Daddy« stammelte er.
»Mir auch, Josh«, flüsterte Alex. Er drückte seinen Sohn noch fester an sich, weil ihn die irrationale Angst quälte, wenn er ihn losließe, könnte die Zeit rückwärts laufen, und dann würde alles vielleicht ein böses Ende nehmen.
Als er ihn endlich doch losließ, sah er, dass sich hinter dem Laden mehrere Personen versammelt hatten. Roger stand da und mit ihm alle Kunden, die etwas gegessen hatten. Zwei weitere Leute, die wahrscheinlich gerade erst in den Laden gekommen waren, reckten neugierig die Köpfe. Und natürlich war auch Kristen bei ihnen. Plötzlich fühlte sich Alex wieder wie ein miserabler Vater: Er sah, dass seine kleine Tochter weinte – bestimmt hatte sie Angst gehabt und ihn gebraucht. Aber wenigstens hatte sie sich trostsuchend in Katies Arme geflüchtet.
Erst als Josh und Alex wieder trockene Kleidung anhatten, versuchten sie zu rekonstruieren, was genau geschehen war. Roger hatte in der Zwischenzeit für beide Kinder Hamburger und Pommes gemacht, und nun saßen sie alle an einem Tisch im Grillbereich. Allerdings schien niemand allzu großen Appetit zu haben.
»Meine Angelschnur hat sich mit einem Boot verheddert«, berichtete Josh stockend. »Und dann ist das Boot losgefahren, aber ich wollte doch nicht meine Angel verlieren! Ich habe gedacht, die Schnur reißt gleich, aber sie hat mich ins Wasser gezogen. Da habe ich ganz viel Wasser geschluckt und keine Luft mehr gekriegt, und irgendwas hat mich nach unten gezerrt.« Josh schwieg
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