Wie ein Licht in der Nacht - Sparks, N: Wie ein Licht in der Nacht
sofort losgerannt. Wie der Blitz ist er davongeschossen, und dann kam Kristen und hat auf den Bildschirm geschaut und ist total in Panik geraten. Ich habe sie auf den Arm genommen und bin mit ihr hinter ihrem Vater hergelaufen. Und als wir unten am Fluss waren, hatte Alex seinen Sohn schon aus dem Wasser geholt. Ich war so erleichtert, dass ihm nichts zugestoßen ist!«
»Ja, das kann ich mir vorstellen.« Jo nickte nachdenklich. »Wie findest du Kristen? Ist sie nicht süß?«
»Ja, allerdings. Sie sagt immer Miss Katie zu mir.«
»Ich habe sie auch sehr gern, die Kleine«, sagte Jo und zog die Knie an. »Und es überrascht mich gar nicht, dass ihr zwei gut miteinander auskommt. Oder dass sie bei dir Schutz sucht, wenn sie sich fürchtet.«
»Wie meinst du das?«
»Kristen ist ein sensibles Kind, und sie spürt intuitiv, dass du ein gutes Herz hast.«
Katie war da eher skeptisch. »Ich glaube, sie hatte einfach Angst um ihren Bruder, und weil ihr Vater weggerannt ist, um ihn zu retten, war nur noch ich da.«
»Du musst dein Licht nicht unter den Scheffel stellen. Wie gesagt, sie ist sensibel und hat gute Antennen.« Jo ließ nicht locker. »Und wie ging es Alex? Ich meine, danach.«
»Er war ziemlich fertig, denke ich, aber insgesamt hat er es gut weggesteckt.«
»Hast du seither nochmal mit ihm gesprochen?«
Katie zuckte wieder vage die Schultern. »Nicht richtig. Wenn ich in den Laden komme, ist er sehr freundlich, und er hat die Sachen vorrätig, die ich brauche, aber das ist auch schon alles.«
»Er kann sich immer schnell merken, was seine Kunden wollen.«
»So wie’s klingt, kennst du ihn gut.«
Jo schaukelte ein bisschen vor und zurück. »Ja, ich denke schon.«
Eigentlich erwartete Katie, dass sie noch mehr dazu sagen würde, aber Jo blieb stumm.
»Möchtest du darüber sprechen?«, fragte Katie betont unschuldig. »Manchmal hilft es nämlich, wenn man über Dinge redet – vor allem mit Freundinnen.«
»Ich hab schon die ganze Zeit gedacht, dass du’s viel dicker hinter den Ohren hast, als man erstmal denkt.« Jos Augen funkelten. »Du verwendest meine eigenen Sätze gegen mich – ganz schön frech!«
Katie grinste, sagte aber nichts. Genauso hatte Jo es auch bei ihr gemacht. Und erstaunlicherweise funktionierte es.
»Ich weiß nicht, wie viel ich erzählen soll. Aber eines kann ich dir verraten: Alex ist ein echt guter Typ. Auf ihn kann man sich verlassen. Das merkt man schon daran, wie liebevoll er mit seinen Kindern umgeht.«
Katie presste kurz die Lippen aufeinander. »Habt ihr euch schon privat getroffen?«
Ihre Nachbarin wählte ihre Worte mit Bedacht. »Ja, aber nicht so, wie du vielleicht denkst. Und um eins klarzustellen: Es ist sehr lange her, und jeder ist dann seinen eigenen Weg gegangen.«
Wie sollte sie diese Antwort verstehen? Am liebsten hätte Katie nachgefragt, aber sie wollte nicht aufdringlich erscheinen. »Was ist eigentlich bei ihm los? Ich nehme an, er ist geschieden – oder?«
»Das musst du ihn schon selbst fragen.«
»Ich soll ihn fragen? Warum denn?«
»Weil du mich gefragt hast.« Jo zog die Augenbrauen hoch. »Was ein Zeichen dafür ist, dass du dich für ihn interessierst.«
»Nein, ich interessiere mich nicht für ihn.«
»Warum machst du dir dann Gedanken?«
Katie runzelte die Stirn. »Für eine Freundin bist du ganz schön manipulativ.«
»Ich sage den Leuten nur, was sie sowieso schon wissen, sich selbst aber nicht eingestehen wollen.«
»Nur damit du’s weißt« – Katie lachte – »ich ziehe hiermit offiziell meine Angebot zurück, dir beim Streichen zu helfen.«
»Aber vorhin hast du gesagt, du hilfst mir.«
»Ich weiß. Aber ich habe es mir anders überlegt.«
Jetzt musste auch Jo lachen. »Okay. Und was hast du heute Abend vor?«
»Ich muss gleich zur Arbeit. Genauer gesagt – ich sollte mich jetzt mal umziehen.«
»Wie sieht’s morgen aus? Arbeitest du da auch?«
»Nein. Ich habe das ganze Wochenende frei.«
»Wie wär’s, wenn ich mit ’ner Flasche Wein vorbei komme? Ich brauche garantiert was zur Entspannung, und außerdem möchte ich die Farbdämpfe nicht länger einatmen als unbedingt nötig. Hast du Lust?«
»Klingt super.«
»Das finde ich schön.« Jo erhob sich. »Dann haben wir eine offizielle Verabredung.«
KAPITEL 5
Am Samstagmorgen war der Himmel in der Frühe noch wunderbar blau, doch schon bald zogen Wolken auf, dicke, graue Gewitterwolken, die der ständig stärker werdende Wind vor sich her
Weitere Kostenlose Bücher