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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Jakes Hure hören zu müssen, dieser grässlichen, abscheulichen Person, deren Lager er häufig teilte, war nicht nur verletzend, sondern auch noch beleidigend.
    »Es geht mir gut, Jake, wirklich. Es hat mich nur überrascht, dass sie mich auf der Straße belästigt hat.«
    »Belästigt?«
    »Das ist wohl ein zu starkes Wort«, sagte sie und erhob sich ruhelos. Jetzt, da das Zusammentreffen vorüber war, wollte sie es vergessen. Ganz bestimmt wollte sie die Unterhaltung für Jake nicht noch einmal aufwärmen. Jetzt wusste Banner, warum er das Geheimnis ihrer Mutter so getreulich bewahrte. Er wollte nicht, dass jemand schlecht über Lydia dachte. Er betete sie an. Auch das schmerzte.
    »Priscilla hat einfach mit mir gesprochen und sich nach Mama und Papa erkundigt. Und sie erwähnte Lee. Ich glaube, sie wollte mich schockieren, indem sie mir erzählte, dass er in ihrem Bordell gewesen war. Ich sagte ihr, dass ich das bereits wüsste. Das war alles. Dann kamst du.« Da ihr vom Lügen unbehaglich warm geworden war, entledigte sie sich ihrer Jacke und legte sie aufs Bett. Sie würde jetzt doch nicht mit der Pferdebahn fahren. Der Ausflug würde ihr keine Freude mehr bereiten.
    Jake war nicht überzeugt davon, dass sie ihm die ganze Unterhaltung mit Priscilla geschildert hatte, aber er wusste, dass er nicht mehr aus ihr herausbekommen würde. Wenn Priscilla ihr irgendetwas über Grady gesagt hatte, behielt Banner das für sich. »Ich bin schnell zurückgekommen, um dir zu erzählen, dass wir abreisen.«
    »Wann?«
    »Bald. Die Züge fahren wieder. Unsere Fahrkarten habe ich schon gekauft. Direkt nach Mittag geht es los. Die Jungens habe ich zurückgelassen, damit sie darauf aufpassen, dass das Vieh und die Pferde verladen werden. Ich bin hergekommen, um dir zu sagen, dass du packen sollst.«
    »In Ordnung.« Normalerweise hätte sie sich mit ihm gestritten, weil sie noch ein paar Tage länger bleiben wollte. Aber nichts war mehr normal. Sie fragte sich, ob es das je wieder sein würde.
    Warum waren Lügen und Heimlichtuerei notwendig? Warum hatte ihre Mutter Lee und ihr nicht von dem anderen Baby erzählt? Warum hatte es sonst niemand getan? Moses? Ma? Jake? Wenn es nicht etwas war, dessen man sich schämen musste.
    »Ist es in Ordnung, wenn ich dich alleine lasse?«
    Jake hatte sich aus der Hocke erhoben und stand jetzt nahe vor ihr. Sie hob den Kopf und blickte in seine blauen Augen. Welche Geheimnisse verbargen sich dahinter? Selten gaben sie irgendetwas von Jakes Gedanken oder Gefühlen preis. »Ja, das ist in Ordnung.«
    Er sah aus, als wollte er sie berühren. Er hob die Hände ein klein wenig, ließ sie dann aber wieder sinken. »Etwa um elf hole ich dich ab.«
    Sie nickte, sagte aber nichts. Sie sehnte sich danach, dass er sie festhielt. Sein Verrat in der vergangenen Nacht, selbst die Tatsache, dass er sie nicht liebte, war jetzt gleichgültig. Sie wollte umarmt, getröstet, gestreichelt werden. Ihre Seele lechzte nach dem Trost seiner Stärke. Ihr Körper verzehrte sich nach der sicheren Wärme seines Körpers. Sie fröstelte bis in die Knochen.
    Mehr als einmal hatte sie um seine Liebe gebeten und war zurückgewiesen worden. Sie würde nicht wieder bitten.
    Er ging zur Tür. Nachdem er sie geöffnet hatte, hielt er inne. »Banner?« Er wartete, bis sie ihn anschaute. »Bist du sicher, dass es dir gut geht?«
    »Ja.« Sie zwang sich zu einem kleinen Lächeln. »Würdest du dich jetzt bitte zu dem Zug begeben und dich um meine Kühe kümmern? Wenn nicht, werde ich dich feuern und mir einen anderen Vormann suchen.«
    Er versuchte, sie auch anzulächeln, aber sein Lächeln war nicht überzeugender als ihr Scherz. Er zog den Hut und ging. Als er die Treppe zur Eingangshalle hinunterging, biss er die Zähne fest zusammen. Diese Reise war ein Albtraum nach dem anderen gewesen. Wenn es nach ihm ging, konnten sie nicht schnell genug aus Fort Worth verschwinden.
    Banner faltete ihre Kleidung wieder in die Satteltaschen und packte auch ihre restlichen Dinge. Ihr Kostüm ließ sie an, da sie wusste, dass sie in Larsen das geliehene Pferd wieder gegen den Wagen eintauschen würde.
    Als alles fertig war, kehrte sie an ihren Platz am Fenster zurück, beobachtete den vorbeifließenden Verkehr und fragte sich, ob die Leute, die so geschäftig ihren Erledigungen nachgingen, solche Probleme hatten wie sie.
    War es notwendig, diese Art von Widrigkeiten zu erleben, um reif zu werden? Offensichtlich war das bei ihrer Mama der Fall

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