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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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»Was meinst du damit?«
    Der Mann stand eine Riesenangst aus. Er hatte gehört, dass mit Jake Langston nicht zu spaßen war. Jetzt wusste er, dass das stimmte, und er wünschte inständig, er hätte sich noch eins von Cookies Brötchen in den Mund gestopft, statt diesen Scherz zu machen, der ihn das Leben kosten konnte.
    »Nichts, Jake, gar nichts. Ich habe nur Spaß gemacht.«
    Jake merkte, dass der Mann die Wahrheit sagte, und plötzlich war es ihm peinlich, dass er die Beherrschung verloren und sogar die Waffe gezogen hatte. Wenn der Cowboy allerdings auch nur mit einer Silbe erwähnt hätte, dass er Banner in die Scheune hatte gehen sehen, hätte Jake ihn erschossen, bevor er sie kompromittieren konnte.
    Er sicherte seine Pistole und ließ sie ins Holster zurückgleiten. »Tut mir leid. Ich bin heute Morgen wohl nicht zu Späßen aufgelegt.« Er grinste schief, aber die frühere Heiterkeit am Tisch war verflogen. Nach und nach trugen die Männer ihre Teller zu Cookie, der die Küche in der Unterkunft führte, nahmen ihre Hüte, Handschuhe und Seile und gingen an ihr Tages-werk.
    Jake trank noch eine Tasse Kaffee. Als er es nicht länger aufschieben konnte, schlenderte er gemächlich zum Haus. Anabeth und Lydia saßen auf der Veranda und sahen zu, wie die kleinen Drummonds im Garten spielten.
    »Morgen«, sagte Jake vorsichtig.
    »Hallo, Bubba«, erwiderte Anabeth.
    Lydia blickte lächelnd zu ihm hoch. »Guten Morgen. Wir haben dich beim Frühstück vermisst.«
    »Ich habe Stormy bewegt. Er schont diesen Huf immer noch.«
    »Hast du etwas gegessen?«
    Er nickte, obwohl es gelogen war. »In der Unterkunft. Wo sind denn alle?«
    »Hector hilft Ma, eine Vogelscheuche für ihr Maisfeld zu bauen«, antwortete Anabeth lächelnd. »Die Kinder hatten Angst, da hab ich sie hierhergebracht. Marynell studiert – wie üblich.«
    Jake nickte, ohne einen Kommentar abzugeben. Sein Blick wanderte zu den Kindern, die Bockspringen spielten. »Wie … wie geht es Banner?« Eine vollkommen normale Frage. Nach den gestrigen Geschehnissen war jeder um sie besorgt. Weder seine Schwester noch Lydia konnten etwas hineininterpretieren, falls ihnen nicht aufgefallen war, wie angespannt er diese Frage stellte.
    »Ich bin vor einer Weile hinaufgegangen, um nach ihr zu sehen«, sagte Lydia. »Ihre Augen waren ganz verschwollen. Sie muss die ganze Nacht geweint haben.« Lydia beobachtete gerade, wie der jüngste Drummond versuchte, den Rücken seiner Schwester zu erklimmen, daher entging ihr, wie Mitgefühl und Reue um Jakes Mundwinkel zuckten. »Wir haben uns unterhalten. Ich glaube, im Laufe der Zeit wird sie sich erholen.«
    Die Schuld hatte Jake im Würgegriff gepackt und ließ ihn nicht los. Banner würde sich von Sheldons Lausbubenstreichen erholt haben. Aber sich von der vergangenen Nacht erholen? Nein. Darüber kam man nicht hinweg. Der Schaden, den er angerichtet hatte, war dauerhauft. »Ist Ross im Haus? Einer der Männer sagte, dass er mich sehen wollte.«
    »Stimmt«, antwortete Lydia, und ihre Augen funkelten plötzlich. »Er ist in seinem Büro.«
    Jake tippte zum Gruß an seinen Hut und schlenderte über die Veranda und durch die Eingangstür. »Ich mache mir Sorgen um ihn«, meinte Anabeth, als er außer Hörweite war.
    »Sorgen? Warum?«
    »Seit Pa starb und er weglief, um sich für diesen Viehtrieb zu verpflichten, ist er wie ein Fremder. Schau dir doch nur an, wie er lebt. Von der Hand in den Mund, ohne Aussicht auf etwas Besseres. Ich wünschte, er würde mit einer Frau einen Hausstand gründen, ein paar Kinder bekommen und aufhören, sich herumzutreiben. Er ist ein erwachsener Mann. Er sollte sich auch so benehmen.«
    »Ma sorgt sich auch um ihn«, bemerkte Lydia. »Und ich auch.«
    »Weißt du was?«, fuhr Anabeth fort. »Ich glaube, er ist nie über Lukes Ermordung hinweggekommen. Ich weiß, das klingt verrückt. Es ist beinahe zwanzig Jahre her, aber seitdem ist er nicht mehr derselbe. Vielleicht wäre es nicht so ein harter Schlag für Jake gewesen, wenn wir herausgefunden hätten, wer der Mörder war, und er seine gerechte Strafe bekommen hätte.«
    Lydia senkte ihren Blick auf den Schoß. Jake wusste, wer seinen Bruder Luke getötet hatte – ihr Stiefbruder Clancey Russell. Und Jake hatte seine eigene Strafe verhängt, die Todesstrafe. Er war sechzehn gewesen, als er an Lukes Mörder Rache übte. Darüber war er nie hinweggekommen – am Mord an seinem Bruder. Lydia war der einzige Mensch auf der Welt, der dieses

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