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Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)

Titel: Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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sie den größten Teil der Nacht geweint. Lydia schloss die Tür hinter sich.
    »Wir machen uns allmählich große Sorgen um dich. Ich konnte verstehen, warum du nicht zum Frühstück heruntergekommen bist, aber jetzt ist es fast Mittag. Kommst du zum Essen herunter, oder soll ich dir ein Tablett hochbringen?«
    Durch Lydias liebevolle Besorgnis stieg ein neuerlicher Schwall Tränen in Banner auf, den sie mühsam zurückzuhalten versuchte. Was würden ihre Eltern von ihr denken, wenn sie gesehen hätten, wie sie sich unter Jake bewegt hatte? Wie eine scharlachrote Flutwelle stieg Scham in ihr auf. »Ich möchte wirklich nichts, Mama, trotzdem danke. Ich glaube, ich bleibe heute in meinem Zimmer.«
    Lydia nahm ihre Hand und drückte sie. »Aber gestern Abend bist du heruntergekommen. War das denn so schrecklich?« Sie hatte gehofft, Banner würde ihr Leben einfach weiterführen, wie ein Cowboy, der von einem wilden Pferd abgeworfen worden ist und direkt wieder in den Sattel steigt. »Das ist es nicht«, meinte Banner ausweichend. »Ich muss heute darüber nachdenken, was ich tun werde.«
    Lydia zog ihre Tochter in die Arme und strich ihr übers Haar. »Gestern hätte ich dir das nie gesagt. Deine Wunden waren zu frisch. Aber heute möchte ich dir etwas erzählen, und ich möchte, dass du es so auffasst, wie es gemeint ist.« Sie hielt einen Moment inne und wählte ihre Worte sorgfältig. »Ich bin erleichtert, dass du Grady nicht geheiratet hast.«
    Banner stieß sich ab, sodass sie ihre Mutter besser sehen konnte. »Warum? Ich dachte, du mochtest ihn.«
    »Ich mochte ihn auch. Sehr sogar. Ich fand ihn immer nett.« Ihre bernsteinfarbenen Augen umwölkten sich. »Vielleicht war es das. Er war zu nett. Ich traue keinem Mann, der nicht ein paar Fehler, ein paar kleine Mängel hat.«
    Banner vergaß beinahe, wie unglücklich sie war und lachte. »Mama, du bist so widersprüchlich. Jede andere Mutter wäre glücklich, wenn ihre Tochter einen makellosen jungen Mann wie Grady heiraten würde.«
    »Ich wäre nicht unglücklich gewesen. Ich fand nur, dass er nicht viel Substanz hat. Jedenfalls nicht genug für dich.« Grady war Lydia immer zu weich für Banner erschienen. Er war nicht willensstark genug für ihre Tochter. Sie hatte befürchtet, dass Banner sich im Laufe der Zeit mit ihm langweilen würde, und Lydia konnte sich nichts Bedrohlicheres für eine Ehe vorstellen. Sie und Ross kämpften und stritten miteinander, sie liebten sich, und sie lachten zusammen. Ihr Leben mit ihm war ganz gewiss nie langweilig gewesen, und das wünschte sie sich auch für ihre Tochter.
    Liebevoll berührte sie Banners Wange. »Ich finde, du könntest es viel besser haben. Ich glaube, irgendein absolut wunderbarer Mann wartet auf dich. Ich dachte, mein Leben sei vorüber, bevor ich Ross kennenlernte. Er empfand das Gleiche, als Victoria starb und ihn mit einem neugeborenen Kind zurückließ. Dass wir eine zweite Chance bekamen, konnte niemand vorhersehen, und schau nur, welch ein wundervolles Leben wir zusammen führen.«
    Banner spürte einen Kloß im Hals. Sie umarmte ihre Mutter, sodass sie die Schuldgefühle nicht sehen konnte, die Banner ins Gesicht geschrieben standen. Wenn es einen wunderbaren Mann gäbe, der auf sie wartete, würde er sie jetzt nicht mehr wollen. Sie war befleckt. Nicht von Jake. Von sich selbst.
    Jake war ein Mann. Ein männlicher Mann. Falls sie daran irgendwelche Zweifel gehegt hatte, waren sie in der letzten Nacht zerstreut worden. Sie hatte ihn über das hinaus provoziert, was ein Heiliger hätte ertragen können. An dem, was geschehen war, trug er keine Schuld. Sie wünschte, dass sie etwas von der Last der Schuld auf ihn schieben könnte, aber das konnte sie nicht. Sie war fair, wenn schon sonst nichts. Sie hatte genau das bekommen, worum sie gebeten hatte. Jetzt musste sie den Preis dafür zahlen.
    »Ross und ich haben uns unterhalten«, sagte Lydia. »Wir dachten, du möchtest vielleicht für eine Weile fort von hier. Eine Reise machen. Irgendwohin, wo es wirklich aufregend ist. St. Louis oder New Orleans. Was auch immer …«
    »Nein, Mama«, antwortete Banner und schüttelte den Kopf. »Das ist nichts für mich. Ich laufe nicht davon und verstecke mich. Das ist Gradys Schande, nicht meine, und ich weigere mich, mich aus dem Zuhause und von den Menschen, die ich liebe, vertreiben zu lassen.« Sie holte tief Luft und zitterte dabei. »Ich möchte mein Land in Besitz nehmen. Ich möchte auf die andere Seite

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