Wie ein reißender Strom: Roman (German Edition)
kann.«
Grady ließ sich wütend und frustriert in den wackeligen Sessel plumpsen. »Es gibt eine Familie, die das Haus kaufen möchte. Ich kann sie nicht einziehen lassen, wenn der Verkauf über die Bühne geht, nur damit sie wieder ausziehen muss.«
»Dann verkauf es nicht«, meinte Doggie und wischte sich den Mund an seiner rauen Faust ab, nachdem er den Inhalt des Kruges geleert hatte.
»So einfach ist das nicht.«
Doggie knallte den Krug auf den Tisch zurück. Er landete in einer Pfütze klebrigen, geronnenen Blutes, das die Eichhörnchen zurückgelassen hatten. Wanda hatte die Tiere zum Häuten mit auf die baufällige Veranda genommen. Die Eingeweide warf sie einer Meute räudiger Hunde zu, die sich verbissen um das Fleisch rauften.
Grady kämpfte seine Übelkeit nieder. Es war ihm, verdammt noch mal, unmöglich, mit diesem Abschaum zusammenzuleben! Aber ihm war keine andere Wahl geblieben, als Wanda zu heiraten. Der Pfarrer war dort gewesen, und Doggie kitzelte mit der Pistole sein Rückgrat. Bisher hatte Grady sie hinhalten können, dass sie nicht in sein Haus zogen, aber seine Entschuldigung nutzte sich langsam ab. Er musste etwas unternehmen, bevor sie ihn um den Verstand brachten.
Sobald Banner ihre Entscheidung getroffen hatte, ging sie an die Vorbereitungen. Am nächsten Tag packten Lydia und sie alles zusammen, was ihrer Meinung nach für die Einrichtung eines Haushaltes nötig war. Die Kisten wurden für den Transport über den Fluss auf einen Wagen gepackt.
»Eingepackt nützen sie mir nichts«, meinte Banner und ließ auch die Kopfkissenbezüge und Geschirrtücher, die sie mühevoll bestickt und in ihrer Aussteuertruhe aufbewahrt hatte, in eine Kiste fallen.
»Banner, was empfindest du jetzt für Grady?«, fragte Lydia. »Du weißt, dass er dazu gezwungen worden ist, dieses Burns-Mädchen zu heiraten. Als Ross gestern in die Stadt geritten ist, hat man überall darüber geredet.«
Banner seufzte und sank neben ihrer Mutter auf den Boden, wo sie das lavendelduftende Leinen in eine Kiste packte. Sie spielte mit dem bestickten Saum eines Kissenbezuges. »Ich empfinde überhaupt nichts, Mama. Ist das nicht seltsam? Ich dachte, ich würde ihn lieben. Ich glaube, auf eine gewisse Weise tue ich das auch immer noch. Es tut mir leid, dass sein Leben ruiniert ist. Zuerst war ich wütend. Jetzt spüre ich nur eine Leere in mir.«
Lydia drückte ihre Hand. »Du machst das richtig. Du grämst dich nicht über etwas, das nicht deine Schuld ist. Ich bin stolz, dass du meine Tochter bist.«
»Oh, Mama.« Banner starrte ihrer Mutter ins Gesicht. Es war kein Geheimnis, warum zwei Männer sie liebten. Sie war nicht im klassischen Sinne schön. Ihre Schönheit war einzigartig. Ihre Farben fielen auf, ihre Figur wirkte provozierend. Lange bevor Banner verstand warum, hatte sie gesehen, wie Cowboys in ihrer Arbeit innehielten und hinter ihrer Mutter herstarrten, wenn sie über den Hof ging. Wenn Banner die Wahl gehabt hätte, hätte sie sich keine der vornehmen Damen aus der Stadt als Mutter ausgesucht. Sie wirkten im Vergleich zu Lydia blutleer. Sie hätte die ausgewählt, mit der sie auch tatsächlich gesegnet worden war.
Sie beugte sich vor und küsste ihre Mutter auf die Wange. »Und ich bin froh, dass du meine Mutter bist. Ich war immer schon stolz auf dich.«
Lydia schnüffelte, als Rührung in ihr aufstieg. »Bevor wir sentimental werden, gehen wir besser wieder zurück an die Arbeit.«
Fleißig arbeiteten sie den ganzen Tag bis in den Abend hinein. Und als Banner die Treppe hinaufstieg, um ins Bett zu gehen, war sie so erschöpft und müde, dass sie diesmal sofort einschlief, ohne dass quälende Erinnerungen sie wach hielten.
Erfrischt und ausgeruht erwachte sie früh am nächsten Morgen. Ross und Lydia waren bereits mit Lee in der Küche, als sie sich zu ihnen gesellte.
»Also, ich schätze, das ist unser letzter gemeinsamer Morgen«, sagte Lee.
»Lee!«, jammerte Lydia. »Das klingt so schrecklich endgültig.«
»Bitte nicht!«, stöhnte Ross. »Lydia hat die halbe Nacht geweint.«
»Du auch«, entgegnete Lydia. Ross klapste ihr aufs Hinterteil, als sie auf dem Weg zum Herd an ihm vorbeiging.
»Wirklich, Papa?«, fragte Banner und lächelte ihn an.
»Du bist doch meine Prinzessin, nicht?«
»Für immer.«
Ross zwinkerte ihr zu. »Iss dein Frühstück. Ich habe allen gesagt, dass wir uns um acht im Hof treffen.«
Eine Stunde später sah Banner sich ein letztes Mal in ihrem Zimmer um, ob
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