Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
kümmerte sich darum, dass die Schauspieler anständige Mahlzeiten bekamen? So bombardierte sie ihn mit Fragen. Er antwortete ihr geduldig und schmückte die eine oder andere Geschichte hemmungslos aus, damit sein Stargeflüster noch spannender klang.
Jennifer zuliebe wurde die Unterhaltung mit Gesten untermalt, obwohl alle wussten, dass die Kleine längst nicht alles verstand. Wegen Ellen waren die Parrish an die Gebärdensprache gewöhnt und verwendeten sie automatisch. Das Kind hatte die beiden gleich ins Herz geschlossen, und das beruhte auf Gegenseitigkeit.
Es entzog sich Lauris Kenntnis, ob Jennifer noch andere Großeltern hatte. Drakes Eltern waren tot, das hatte er angedeutet. Susan erwähnte er so gut wie nie, dass sie wirklich keine Ahnung hatte, ob deren Eltern ihr Enkelkind schon jemals gesehen hatten.
Drake bestand darauf, Alice in der Küche beim Aufräumen zu helfen. Lauri machte in der Zwischenzeit die Betten. Andrew verzog sich in den Salon, um Zeitung zu lesen. Jennifer kletterte auf seinen Schoß und sah sich die Comics an.
Lauri ging nach oben, um in den Zimmern aufzuräumen. Unwillkürlich spürte sie einen Riesenkloß im Hals, Tränen schossen ihr in die Augen. Es könnte alles so schön sein, wenn es bloß wahr wäre. Aber es war eine Farce, ein Lügengespinst. Drake übte seine darstellerischen Fähigkeiten in einer Rolle, die ihm einiges abverlangte, und er spielte brillant. Er durfte stolz auf sich sein.
Während sie die Laken auf dem breiten Ehebett glatt strich, das sie in der Nacht geteilt hatten, meldeten sich die Erinnerungen zurück, die sich ihr ins Gedächtnis eingemeißelt
hatten. Er war zärtlich und hingebungsvoll gewesen: Und sie hatte so leidenschaftlich auf ihn reagiert wie noch bei keinem Mann in ihrem Leben.
Sie war als Jungfrau in die Ehe gegangen. Ungeduldig und unsensibel hatte Paul sie in der Hochzeitsnacht in die Geheimnisse der körperlichen Liebe eingeführt. Die Erfahrung war ernüchternd gewesen, und Lauri hatte daraus für sich geschlossen, dass der Sex in einer Beziehung letztlich überbewertet würde. Oder hatte sie zu viel erwartet? Die Wirklichkeit mit glühenden Fantasien von Erotik und Zärtlichkeit verklärt?
Unvermittelt erinnerte sie sich lebhaft an eine jener unsäglichen Nächte mit Paul. Er war besonders vergrätzt gewesen, weil er wieder einmal eine Blockade im Kopf hatte und nicht komponieren konnte. Und wie immer, wenn er gefrustet war, hatte er ein Ventil für seinen Ärger gesucht. Er schlüpfte zu ihr ins Bett, weckte sie, und sie war ihm verschlafen zu Willen gewesen. Nachdem er seine Lust befriedigt hatte, stand er auf, stieg in seine Jeans und meinte abfällig: »Du machst auch keinen Schlag mehr als nötig, was? Schon mal was davon gehört, dass man sich beim Sex auch bewegen kann?«
Seine Worte trafen sie wie ein Schlag ins Gesicht. Er war kein bisschen zärtlich oder liebevoll zu ihr gewesen. Er hatte sie nicht gestreichelt, in irgendeiner Weise sexuell stimuliert. Was erwartete er denn von ihr? Dass sie leidenschaftlich auf seinen hektischen Quickie reagierte?
Schlagartig war sie hellwach. Ärgerlich setzte sie sich im Bett auf und fauchte: »Ich kann nicht auf Kommando Lust empfinden, so als würde man einen Lichtschalter ein- und
ausknipsen, Paul, bloß weil du scharf auf Sex bist. Wenn es dir wirklich etwas bedeutete, würdest du dir mehr Zeit …«
»Verschon mich mit deinem Gequatsche von Dingen, von denen du keine Ahnung hast! Willst du mir etwa erzählen, wie man guten Sex hat?«
»Dann bring es mir bei!«, rief sie. »Zeig mir, wie ich dich verführen kann. Ich möchte es so gern lernen.« Sie sehnte sich verzweifelt nach seinen Zärtlichkeiten. Verzehrte sich körperlich und seelisch nach seiner Liebe.
Er zog den Reißverschluss seiner Jeans hoch. Das hatte etwas Endgültiges. »Und was hätte ich davon? Du bist und bleibst doch sowieso die verklemmte Pfarrerstochter.« Er wandte sich von ihr ab und stiefelte aus dem Schlafzimmer; sie weinte sich in jener Nacht in den Schlaf.
Während sie die Tagesdecke auf dem Riesenbett ausbreitete, rief sie sich wohlig erschauernd Drakes Zärtlichkeiten ins Gedächtnis. Er hatte sie gestreichelt und stimuliert – ganz anders als Paul. Der wäre gar nicht auf die Idee gekommen! Drake hatte ihren Körper mit Blicken verzehrt, ihr zärtlich ins Ohr geflüstert, dass sie schön sei, und sie nicht schnöde benutzt. Bei Paul hatte sie jedes Mal Angst gehabt vor dem Moment, wenn er hart
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