Wie ein Ruf in der Stille: Roman (German Edition)
Erfrischungsgetränken und einer Thermoskanne Kaffee vollgestopft.
»Mutter, wir sind höchstens ein, zwei Stunden weg«, protestierte Lauri.
»Ich weiß. Aber frische Luft macht hungrig, mein Kind«, verteidigte sie sich.
»Und du bist sicher, dass du nicht mitkommen möchtest?« , bohrte Lauri.
»Gute Güte, ja! Wenn du es genau wissen willst, bin ich froh darüber, mal ein bisschen Ruhe zu haben. In den nächsten Tagen ist schließlich auch wieder Hektik angesagt.«
Die vier winkten ihr zum Abschied und trollten sich in Richtung der Anhöhen, die sich an Drakes Grundstück anschlossen. Er schleppte den Großteil der Ausrüstung, Andrew trug die Decken und einen Angelbehälter. Jennifer hatte ein Eimerchen und Bunny dabei, Lauri den großzügig bemessenen Proviant.
Schon nach kurzer Wanderung fanden sie ein angenehmes Plätzchen, wie geschaffen für ihre Aktivitäten. Die Hügel waren von golden schimmernden Espen gesäumt. Das am Boden liegende Laub raschelte unter ihren Schritten, während sie durch das Wäldchen stapften. Der Bachlauf, den Drake ausgeguckt hatte, rauschte gurgelnd aus dem Gebirge und funkelte kristallklar im Sonnenlicht, während er die glatt geschliffenen Felsen entlangmäanderte. Ein azurblauer Himmel überspannte die Landschaft, die Luft wehte kühl und würzig-frisch. Alles in allem war es ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch.
Die beiden Männer packten die Ausrüstung aus. Sie hatten ihren Spaß daran, die Angeln auszuwerfen und wieder einzuholen. Bisweilen biss die eine oder andere kleine Forelle an, die sie wieder ins Wasser warfen, sobald Jennifer sie vorsichtig inspiziert hatte.
Sie war unersättlich in ihrem Wissensdurst, fragte Lauri Löcher in den Bauch, und ihre Lehrerin hatte Mühe, ihre Neugier zu stillen. Angeln schien ihr zu gefallen, als Lauri ihr jedoch erklärte, dass die Fische für gewöhnlich gegessen würden, fing ihre Unterlippe verdächtig an zu zittern. Um
die Kleine von dem heiklen Thema abzulenken, zeigte Lauri ihr schnell ein Eichhörnchen, das von Ast zu Ast kletterte. Sie erzählte ihr, woher Fleisch und andere Nahrungsmittel stammten, doch das putzige Tierchen faszinierte Jennifer freilich mehr als der trockene Unterricht. Lauri nahm sich vor, die Diskussion an anderer Stelle fortzusetzen.
Irgendwann setzten sich die Männer zu ihnen auf die Decken, die Lauri in weiser Voraussicht mitgebracht hatte, und machten sich gemeinsam mit ihnen über den Proviant her. Als Drake aufstand und wieder zu den ausgelegten Angeln steuerte, meinte Andrew: »Ich glaube, ich habe genug. Wisst ihr was, ich nehme Jennifer mit zurück und schaue mir mit ihr ein schönes Bilderbuch an. Vielleicht ist die Kleine ja auch müde.«
»Ich begleite euch«, sagte Lauri schnell.
»Nein, nein.« Ihr Vater winkte ab. »Ich finde den Weg schon, und ich würde mich gern ein bisschen mit meiner Enkelin allein beschäftigen. Bleib du bei deinem Mann. Schließlich seid ihr in den Flitterwochen. Ich weiß, wann ich mich rar machen muss.«
Er zwinkerte Drake zu, worauf der mit einem süffisanten Schmunzeln reagierte. Lauri juckte es in den Fingern, ihm das dämliche Grinsen aus dem Gesicht zu schlagen. Na, super, ihr blieb also nichts anderes übrig, als mit ihm allein hier im Wald zurückzubleiben. Um Zeit zu schinden, knöpfte sie Jennifers Jacke umständlich langsam zu. Andrew erklärte der Kleinen die herbstlichen Blätter, derweil sie hinter den Bäumen verschwanden und Lauri mit Drake allein ließen.
»Ist doch herrlich hier, oder?«, fragte er und rutschte beharrlich
näher auf der Decke. »Komm, wir wickeln uns in die Decke ein.«
Sie schob ihn rigoros von sich. »Hör auf mit dem Blödsinn. Du kannst die Rolle des verliebten Bräutigams jetzt knicken. Es ist keiner mehr hier, der deine umwerfende Vorstellung sehen will. Bitte lass mich in Frieden.«
»Ich geh dir ganz schön auf die Nerven, was?« Er brachte sein Gesicht dicht an ihres, dass sie die goldbraunen Sprenkel in seinen grünen Augen gewahrte.
»Das kannst du laut sagen!«, fauchte sie.
»An deiner Stelle wäre ich vorsichtig«, warnte er mit einschmeichelnd kehliger Stimme und drohte ihr scherzhaft mit dem Finger. »Das ist nicht ungefährlich.«
»Was faselst du da?«
Mit sehnigen Fingern umschloss er ihr Kinn, zwang sie, ihn anzusehen. Brachte ihr Gesicht noch näher an seines. Kaum hörbar flüsterte er: »Wenn du nicht scharf auf mich wärst, könnte ich dich längst nicht so auf die Palme bringen.« Bevor sie
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