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Wie ein Stein im Geroell

Wie ein Stein im Geroell

Titel: Wie ein Stein im Geroell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Barbal
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nur weil jeder fand, es sei besser, einen Jungen zu haben als ein Mädchen, oder einfach so. Um eine Tochter und einen Sohn zu haben, ein Pärchen eben.
    Aus einem Jungen wird einmal ein Mann. Und ein Mann, der ist stark genug, um den Boden zu bestellen, um Vieh zu halten, um ein Haus zu bauen. Aber so ganz leuchtete mir das nicht ein. Wenn ich an die Familien dachte, die ich gut kannte, dann war es die Frau, auf deren Schultern das meiste ruhte. Und dachte ich an uns daheim, dann war es die Mutter, die alle Arbeiten erledigte oder sie beaufsichtigte. Von der Tante einmal ganz abgesehen. Die Frau bringt die Kinder zur Welt und zieht sie groß, sie mäht, kümmert sich um den Stall, die Hühner, die Kaninchen. Sie verrichtet dieHausarbeit und sorgt sich um so viele andere Dinge: den Garten, das Einmachen, das Wursten … Und der Mann? Er war vor allem für die Dinge außerhalb des Hauses zuständig. Wenn es darum ging, eine Kuh zu verkaufen oder jemanden für die Ernte einzustellen. Eigentlich war es gar nicht so klar, daß ein Mann mehr wert war oder mehr leistete, aber immer wieder hieß es: Was ist ein Hof ohne einen Mann? Und ich denke mir: Was ist ein Hof ohne eine Frau? Doch was von jeher gesagt wurde, hatte eben viel Gewicht. Ich weiß nur, daß ich einfach gerne einen Jungen wollte.
    Natürlich war es während der Schwangerschaft schwieriger, allem gerecht zu werden. Jaume half mir viel, aber er war ja oft nicht zu Hause. Im Winter sogar ganze Wochen lang. Mein Leben und das der Kleinen war vor allem von der Vorfreude auf den Samstag bestimmt, wenn er heimkam zu uns, und von unserer traurigen Stimmung am Montag früh, wenn er wieder fortging. Er war viel unterwegs und kannte von daher jede Menge Leute. Zu Hause wirkte er oftmals abwesend, und fragte ich ihn, wo er mit seinen Gedanken sei, dann war ich jedes Mal enttäuscht, wenn mir klar wurde, daß er nicht an mich dachte, und auch nicht an Elvira oder das Kind, das bald geboren werden sollte. An nichts, sagte er, oder daß er an diesen oder jenen Hof in Montsent oder Sarri denken würde, wo es noch an dem ein oder anderen fehle, und daß alles eigentlich ganz einfach wäre, wenn … Dann schaute er mich an und schwieg, wiegte mich in seinen Armen wie ein kleines Kind und meinte, daß wir doch jetzt etwas unternehmen könnten. Seine bloße Anwesenheit reichte mir nicht. Ich konnte nicht genug von ihm bekommen, hätte so gern seine geheimsten Gedanken erraten und all das, von dem er mir, wie ich spürte, nur die Hälfte erzählte. Aber wir hatten so wenig Zeit für uns allein. Immer gab es Arbeit, immer war da jemand. Mir kam es vor, als ob er das gar nicht so empfand, aber ich traute mich nicht, ihn danach zu fragen, sonst würde er sich am Ende vielleicht noch über meine Sorgen lustig machen.
    Manchmal sprach ich mit Delina darüber. Wir waren nach wie vor befreundet, auch wenn ihre Familie und Onkel und Tante sich wegen der Wasserzuteilung für den Gemüsegarten von Fontnova zerstritten hatten. Delina sah die Dinge ganz anders als ich. Sie behauptete, alle Männer seien gleich, hätten sie sich erst einmal eine Frau für Haus und Hof gesichert, dann würden sie keinen Gedanken mehr an sie verschwenden. Liebe sei trügerisch, ein Gefühl, das eh nur ein paar Tage andauert, und man dürfe nicht viel drum geben. Ich sah das nicht so, aber ich fand nicht die richtigen Worte und wußte nicht, was ich ihr entgegenhalten sollte. Mir kam bloß in den Sinn, daß sie das eigentlich ja gar nicht wissen konnte, wo sie doch noch nicht einmal einen Verehrer hatte. Sie schien einen gewissen Groll gegen die Männer zu hegen, weil bislang noch keiner erkannt hatte, wie sie wirklich war: durch und durch eine Frau, fleißig, geschickt und alles in allem genauso arm wie jede andere hier bei uns. Und damit hatte sie ja recht.
    Ich aber bekam erst durch Jaume eine eigenständige Persönlichkeit, und in meine Liebe zu ihm mischte sich Dankbarkeit. Die anderen, zuweilen selbst die Kinder, störten mich. Von der Arbeit ganz zu schweigen. Auch wenn sie mir das Gefühl gab, lebendig zu sein, mir keine Zeit zum Lamentieren ließ und zum Nachdenken schon gar nicht. Aber wenn Elvira mitten in der Nacht weinend wach wurde, und ich sie erst einmal beruhigt hatte, fand ich selbst nicht mehr in den Schlaf, und da begann ich über alles mögliche nachzugrübeln, angefangen bei meiner Kindheit in Ermita bis hin zu Jaumes Gesicht, damals in Montsent, auf dem Karren seines Vaters, als er mich

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