Wie entführt man einen Herzog?
Gewissensbissen abgelenkt. Himmel, er wusste nicht einmal, warum er ein schlechtes Gewissen hatte! Es war wirklich unerträglich!
Schließlich fing er selbst an zu reden. „Ich fürchte, ich habe mich noch nicht richtig daran gewöhnt, dass ich jetzt ein verheirateter Mann bin. Ich müsste mehr Rücksicht auf dich nehmen. Meine Aufgabe wäre es gewesen, dich vor meinen zudringlichen Freunden zu schützen. Ich weiß ja, wie sehr du deine Ruhe schätzt. Leider habe ich einfach nicht daran gedacht, wohl weil ich selbst Ruhe eher als bedrückend empfinde. Ich fühle mich am wohlsten, wenn um mich herum Trubel herrscht.“
Penelope lachte. „Wir sind wirklich ein komisches Paar!“
„Hm … Heißt es nicht: Gegensätze ziehen sich an?“
„Ich bin jedenfalls froh, dass wir keine gegensätzlichen politischen Überzeugungen vertreten.“
Diesmal war es Adam, der lachte. „Du hast politische Überzeugungen?“
„Allerdings! Schließlich lebe ich in diesem Land. Es interessiert mich, wie es regiert wird, auch wenn ich als Frau nicht wählen darf.“
„Oh …“
Unter halb geschlossenen Liedern hervor warf sie ihm einen langen Blick zu. „Gerade als hilflose Frau muss ich meine Hoffnung darauf setzen, dass Politiker wie du die richtigen Entscheidungen treffen.“
Ein angenehmer Schauer lief Adam den Rücken hinunter. Das passierte gelegentlich, wenn eine Dame sich um ihn bemühte. Möglichst unauffällig musterte er seine Gattin. Um ihren Mund spielte ein Lächeln, und ihre Wangen waren leicht gerötet. Wahrhaftig, sie flirtete mit ihm! Und das, während sie sich über Politik unterhielten! Wie ungewöhnlich!
Und wie ungeschickt! Bestimmt verstand sie nicht das Geringste von diesem Thema. Wenn er ihr ein paar gezielte Fragen stellte, würde sie sich schrecklich blamieren. Andere Frauen bemühten sich, ihm zu schmeicheln, indem sie die Farbe seiner Augen, den guten Schnitt seines Rocks oder seine muskulösen Schultern bewunderten.
„Du teilst also meine politischen Überzeugungen?“
„Ja. Besonders deine Ansichten bezüglich Englands wirtschaftlicher Situation haben mich beeindruckt.“
„Dann glaubst du also, unsere wirtschaftliche Zukunft sei gesichert?“
„Nun …“ Sie dachte einen Moment lang nach. „Nur, wenn Lord Beaverton sich nicht durchsetzen kann. Er hat keine Ahnung von den Mechanismen internationaler Geschäfte. Und seine Ansichten zum Binnenhandel sind wirklich naiv. Du hast eine heftige Auseinandersetzung wegen der Baumwollimporte mit ihm gehabt, nicht wahr?“
„Ja. Er ist ein schrecklicher Egoist. Das Wohl des Königreichs ist ihm gleichgültig. Ihm geht es nur um seinen eigenen Vorteil. Er hat geschäftliche Verbindungen nach Indien.“
„Mich haben die Argumente, die du gegen seine Position vorgebracht hast, jedenfalls überzeugt. Allerdings gibt es da einen Punkt, den ich nicht ganz verstanden habe.“
Er hatte sich schon gefragt, wann sie ihm das Wort überlassen würde. Frauen lernten im Allgemeinen schon sehr früh, dass sie wenig sagen sollten, damit der Mann die Chance erhielt, seine Meinung ausführlich darzulegen. Nun stellte Penelope ihre Frage und hörte geduldig zu, wie er sie ausführlich beantwortete. Doch damit gab sie sich nicht zufrieden. Sie wollte noch mehr wissen.
Adam war fasziniert. Längst hatte er seine Teetasse beiseitegeschoben. Jetzt stand er auf und begann, im Raum auf und ab zu gehen, denn es fiel ihm leichter, seine Gedanken zu ordnen und in Worte zu fassen, wenn er sich bewegte. Wahrhaftig, er hatte seit Langem kein so interessantes Gespräch mehr geführt!
„Guten Abend, Penelope! Hallo, Adam! Hast du unsere Verabredung vergessen?“
Es war Tim, der sich einfach am Butler vorbei in das Arbeitszimmer des Dukes drängte, um seinen Freund abzuholen. Er freute sich auf den gemeinsamen Abend bei White’s.
„Ist es schon so spät?“ Adam warf einen Blick auf die Uhr, die auf dem Kaminsims tickte. Dann wandte er sich zu Penelope um. „Wäre es dir lieber, wenn ich hierbliebe?“
Sie schüttelte den Kopf. „Geh nur! Ich wünsche euch viel Spaß. Ich selbst werde mich wohl früh zurückziehen. Schließlich wartet morgen eine Menge Arbeit auf mich.“
„Es tut mir leid, wenn ich dich von deinen Studien abgehalten habe.“ Ehe er sich versah, hatte er ihr einen Kuss auf die Wange gedrückt.
Penny wurde knallrot, aber statt ihn kalt und abweisend zu mustern – wie er befürchtet hatte –, schenkte sie ihm ein bezauberndes Lächeln.
Ich
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