Wie entführt man einen Herzog?
hatte man einen beeindruckenden Blick über das nächtliche London. Penelope aber war zu nervös, um die Aussicht genießen zu können.
Adam, der inzwischen seine Gelassenheit zurückgewonnen hatte, bemerkte sehr wohl, wie unangenehm es ihr war, all die Unbekannten, die nach und nach eintrafen, anzulächeln und ihnen ein paar freundliche Worte zu sagen. In der Hoffnung, ihr etwas von seiner Stärke mitteilen zu können, legte er ihr die Hand auf den Rücken. Im ersten Moment zuckte sie kaum merklich zusammen. Doch dann schien sie tatsächlich ruhiger zu werden.
Ein Lächeln huschte über Adams Gesicht. Es war gut zu wissen, dass Penny ihm vertraute. Und es war angenehm, die Wärme ihrer Haut unter den Fingern zu spüren. Langsam ließ er die Hand nach unten wandern.
„Adam?“
Mit einem Ruck kam er zu sich. Penelope schaute ihn besorgt an. Bei Jupiter, wo war er nur mit seinen Gedanken gewesen? Und ausgerechnet jetzt, da Clarissa und Tim die Treppe hinaufstiegen!
Er begrüßte die beiden nicht anders als alle anderen Gäste – was ihm einen herausfordernden Blick von Clarissa eintrug. Nun, mit ihr wollte er sich jetzt nicht auseinandersetzen! Seine Gedanken wandten sich wieder Penny zu. Und plötzlich erinnerte er sich ganz deutlich daran, wie er ihr an ihrem ersten Abend in London beim Auskleiden geholfen hatte. Anschließend, als sie sich unbeobachtet fühlte, hatte sie noch ihr Hemdchen ausgezogen. Einen Moment lang hatte er sie nackt gesehen. Sie hatte ihn an eine Nymphe erinnert, verführerisch, aber unerreichbar. Dann war sie in ihr Nachthemd geschlüpft und wieder unter die Decke gekrochen.
Er warf ihr einen kurzen Blick zu. Seine Penelope, seine griechische Nymphe …
Dann straffte er die Schultern. Er durfte jetzt nicht vergessen, welche Ziele er mit dem Ball verfolgte. Er wollte aller Welt zeigen, dass er eine ganz normale Ehe führte. Er würde mit seiner Gattin und ein paar anderen Damen tanzen, er würde mit den Gästen plaudern und Champagner trinken. Und irgendwann würde er sich ins Kartenzimmer zurückziehen, um sich in männlicher Gesellschaft bei einem Glas Whisky zu entspannen.
Immer wieder sagte Penelope sich, dass alles überraschend gut verlief. An Adams Seite hatte sie die Gäste begrüßt, ohne einen Fehler zu begehen. Einmal hatte ihr Gatte sich merkwürdig benommen, aber zum Glück war das niemandem außer ihr aufgefallen. Alle hatten sich von ihrer freundlichsten Seite gezeigt. Nur Clarissa schien ziemlich erbost zu sein, weil Adam ihr keine Beachtung geschenkt hatte. Doch vor den anderen Gästen konnte sie ihm keine Szene machen. Darüber war Penelope sehr erleichtert.
Als Gastgeberin musste sie ihre Augen überall haben. Sie warf einen Blick auf die lange Tafel, auf der das Büfett aufgebaut war. Neben verschiedenen herzhaften Köstlichkeiten wie Hummerpasteten gab es dort Eiscreme und mehrere andere Süßspeisen. Diener gingen mit Tabletts voller Gläser herum und boten den Gästen Champagner an. Ältere Damen standen in kleinen Gruppen beisammen und plauderten. Gentlemen scharten sich um die jungen Schönheiten, deren Schmuck im Licht der Kerzen glitzerte.
Gerade begannen die Musiker ihre Instrumente zu stimmen. Gleich würden sie zum Tanz aufspielen.
„Du hast dich selbst übertroffen, Penny“, murmelte Adam, der unbemerkt zu ihr getreten war.
„Danke.“
„Und morgen werden wir London verlassen. Nur noch ein paar Tänze …“
„Ich muss tanzen?“, fragte sie erschrocken.
„Aber ja. Wir müssen den Ball eröffnen.“
„Oh …“ Sie hatte sich über so vieles den Kopf zerbrochen, dass sie gar nicht daran gedacht hatte.
„Komm“, sagte Adam leise und griff nach ihrer Hand, „ich weiß, dass es gegen deine Natur ist, aber lass dich einfach von mir führen.“
Es gelang ihr, ein fröhliches Gesicht zu machen, als er sie auf die Tanzfläche zog.
„Hast du schon einmal Walzer getanzt?“
Sie konnte nur stumm den Kopf schütteln.
„Das macht nichts. Die Schritte sind ganz einfach. Und die Musik wird dir gefallen. Entspann dich! So, lass uns beginnen! Eins, zwei, drei …“
Er hatte recht. Es war gar nicht so schwierig. Penelope konzentrierte sich auf die Musik und darauf, möglichst glücklich auszusehen.
„Du bist eine gute Tänzerin“, stellte Adam nach einer Weile fest. „Aber warum bist du so still? Möchtest du nicht mit mir reden?“
„All diese Leute …“
„Unsere Gäste.“
„Ja, aber für mich sind es immer noch
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