Wie entführt man einen Herzog?
Fremde.“
„Vorhin habe ich dir jeden einzelnen vorgestellt. Alle waren sehr nett zu dir. Machen Sie dir denn trotzdem Angst?“
Stumm nickte sie.
Beruhigend drückte er ihre Hand. „Denk einfach daran, dass ich von allen Anwesenden der Wichtigste bin.“
„Und der Bescheidenste“, entfuhr es ihr.
Er lachte. „Gut, dass du deine Schlagfertigkeit nicht verloren hast! Vergiss nicht: Wenn ich die anderen hinauswerfe, müssen sie gehen. Möchtest du, dass wir alle nach Hause schicken? Ich würde dir die Freude machen.“
„Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich entschlossen bin, diesen Abend durchzustehen. Alles andere wäre unsäglich peinlich.“
„Ich bin froh, dass du wieder mit mir redest.“
„Und ich wünschte, wir würden nicht so viel Aufmerksamkeit auf uns ziehen.“
„Das wird sich gleich ändern. Sie haben uns jetzt nämlich lange genug beim Tanzen zugeschaut. Bald werden sie sich andere Beschäftigungen suchen.“
Tatsächlich kamen jetzt einige Paare auf die Tanzfläche. Ein paar Gentlemen begaben sich ins Kartenzimmer. Penelope begriff, dass sie das Schlimmste überstanden hatte. Ein Lächeln huschte über ihre Züge – und dann sah sie Clarissa, die voller Hass zu ihr hinschaute.
In diesem Moment schwenkte Adam sie herum. Ohne den Kopf zu drehen, konnte sie ihre Feindin nun nicht mehr beobachten. Schließlich verklang die Musik, Adam zog Penelopes Hand an die Lippen und hauchte einen Kuss darauf. Dann wandte er sich von ihr ab.
„Du lässt mich allein?“, fragte sie entsetzt.
„Als Gastgeber ist es meine Aufgabe, mich um die Gäste zu kümmern. Aber mach dir keine Sorgen. Bisher hast du alle Probleme wunderbar gemeistert. Bestimmt wirst du auch alle weiteren Schwierigkeiten überwinden. Ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du dir solche Mühe mit allem gibst.“
Sie straffte die Schultern.
„Du brauchst keine langen Gespräche zu führen. Sag einfach: ‚Vielen Dank, dass Sie gekommen sind‘ oder ‚Genießen Sie den Abend?‘. Alles andere wird sich von selbst ergeben. Wenn du mich doch brauchen solltest, findest du mich im Kartenzimmer. Vorher allerdings muss ich noch einige der Damen zum Tanz auffordern.“
Noch einmal lächelte er ihr zu, ehe er sich unter die Menge mischte. Hier und da blieb er stehen, um ein paar Worte mit den Gästen zu wechseln. Er hörte scheinbar aufmerksam zu, sagte aber wenig. Penelope begriff, welch gutes Vorbild er ihr gab. Sie atmete tief durch, schaute sich dann nachdenklich im Raum um und ging schließlich auf eine Gruppe junger Mädchen zu, denen anzumerken war, wie aufgeregt sie waren.
Eine der Debütantinnen – sie mochte gerade achtzehn geworden sein – stand etwas abseits und riss ängstlich die Augen auf, als die Duchess of Bellston sich näherte. „Gefällt Ihnen der Ball?“, erkundigte Penelope sich freundlich.
Auf das, was folgte, war sie nicht vorbereitet. „Ja, Euer Gnaden“, brachte das Mädchen hervor und versank in einen tiefen Knicks. Dann folgten ein paar ziemlich unverständliche, aber zweifellos bewundernd gemeinte Sätze. Es kamen so viele „Euer Gnaden“ darin vor, dass Penelope versucht war, dem allen ein Ende zu setzen, indem sie erklärte, dass sie ein Niemand sei, der den Titel erhalten hatte, ohne es überhaupt zu wollen.
Doch dann lächelte sie nur und rief sich in Erinnerung, dass sie mit dem wichtigsten der anwesenden Gentlemen verheiratet war. Ein gutes Gefühl … Aber auch eine Verpflichtung, denn Adam verließ sich darauf, dass sie sich benahm wie eine Duchess. Schließlich gaben sie diesen Ball, um aller Welt zu zeigen, welch glückliches Paar sie waren.
Sie plauderte noch ein wenig mit der schüchternen jungen Dame, nahm sie dann mit zu der Gruppe von jungen Leuten und stellte sie den anderen vor. Wenig später waren alle in ein lebhaftes Gespräch vertieft, und Penelope wandte ihre Aufmerksamkeit anderen Aufgaben zu.
Sie war immer eine gute Schachspielerin gewesen. Und nachdem sie ihre anfängliche Nervosität überwunden hatte, erinnerte der Ablauf des Balls sie ein wenig an das, was auf einem Schachbrett passierte. Sie beschloss, den restlichen Abend zu planen wie ein Schachspiel.
Das schien sich als gute Idee zu erweisen. Auch wenn sie sich als Gast kaum jemals wirklich wohlgefühlt hatte, schien sie doch unübersehbare Qualitäten als Gastgeberin zu besitzen – bis plötzlich jemand zu ihr trat und sie um einen Tanz bat. Sie zuckte zusammen, erkannte dann ihren Schwager und zwang sich
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