Wie es dem Glück beliebt
warf sich in einen gepolsterten Sessel und ging in Gedanken ihre Möglichkeiten durch.
Sie konnte Whitefield nicht aufgeben. Es war nicht nur das geliebte Zuhause ihrer Kindheit, es war für sie und ihren Vater auch die einzige verlässliche Einkommensquelle. Ihre Beschäftigung mit Antiquitäten, der sie im Ausland nachgingen, war mehr eine Liebhaberei. Es war ihnen nie gelungen, Gewinn zu machen, und sie bezweifelte, dass es ihnen jemals möglich sein würde. Wahrscheinlich konnten sie von dem Geld leben, das sie vom Königshaus bekam, falls sie ihre Mission erfüllte, doch das war ein ziemlich großes »Falls«. Vor allem im Lichte ihres jüngsten Unvermögens, aus den Häusern von Patton und Calmaton irgendwelche nützlichen Informationen zu beschaffen.
Sie konnte das Wenige an Geld nehmen, was ihrer Familie verblieben war – und alles Geld, das sie vielleicht verdiente –, und es investieren, aber weder sie noch ihr Vater verstanden etwas davon.
Vielleicht sollte sie mit ihrem Geld einen Rechtsanwalt engagieren, um die Übertragung des Besitzes anzufechten und zumindest so lange hinauszuzögern, bis ihr Vater von China nach England zurückgekehrt war.
Sie stöhnte und ließ den Kopf in die Hände sinken. Es würde niemals funktionieren. Zuerst würde ein Brief ihren Vater erreichen müssen, und dann waren die üblichen Vorkehrungen zu treffen – es würde Monate dauern, bis er in England war. Sie hatte nicht die Mittel, um für so lange Zeit einen anständigen Rechtsanwalt zu engagieren. Und wenn es misslang, würde sie das Wenige an Geld verlieren, das ihnen noch blieb.
Sie richtete sich auf und runzelte die Stirn. Ganz offensichtlich war dies eine sehr unglückselige Angelegenheit. Gewiss würde sich etwas Brillantes ergeben, um die Dinge ins Gleichgewicht zu bringen. Aber was? Und wichtiger noch, wann? Sie konnte nicht gut dasitzen und darauf warten, dass etwas passierte. Sie musste etwas unternehmen.
Sie musste …
Zwanzig Minuten später war sie auf dem Weg durch die Stadt. Sie hatte einen Brief für Mrs Summers hinterlassen, in dem sie ihr kurz erklärte, dass Loudor nicht mehr in ihrem Haus wohnte.
Sie hatte einen Plan.
»Sophie, du bist es!«
Sophie erwiderte Kates strahlendes Lächeln und folgte ihr in einen kleineren Salon im hinteren Teil des Cole’schen Stadthauses.
»Mirabelle und ich haben beschlossen, heute für keine anderen Besucher zu Hause zu sein«, erklärte sie. »Lässt sich ziemlich schwer bewerkstelligen, wenn die ganze Welt einen durch die vorderen Fenster sehen kann.«
»Ja, das nehme ich an«, murmelte Sophie, die nur mit halbem Ohr zuhörte. »Ich entschuldige mich dafür, dass ich nicht zuvor einen Brief geschickt habe …«
»Unsinn«, erklang Mirabelles Stimme, während sie sich auf ein Sofa fallen ließ. »Du warst eingeladen.«
Sophie lächelte dankbar und nahm beklommen ihren eigenen Platz ein. Mit einem Mal fühlte sie sich unbehaglich und nervös. Noch nie zuvor hatte sie jemanden um Hilfe gebeten, zumindest nicht, seit sie alt genug gewesen war, um sich selbst anzukleiden und allein zu essen, und gewiss hatte sie niemals jemandem um Hilfe gebeten, den sie noch keine vierzehn Tage kannte. Wie lange genau wartete man, ehe man sich eine Freundschaft zunutze machte? Und was genau war dieser Nutzen? Um Geld zu bitten, gehörte sich nicht, so viel wusste sie zumindest. Und selbst wenn es anders war, würde Sophie sich niemals dazu überwinden können, eine solche Bitte vorzubringen. Doch Rat zu suchen, war doch gewiss akzeptabel, nicht wahr? Vielleicht sogar erwünscht?
»Du wirkst geistesabwesend, Sophie«, bemerkte Mirabelle.
Sophie blickte auf und merkte, dass beide Mädchen sie erwartungsvoll musterten. Kate reichte ihr eine Tasse Tee. Gütiger Gott, irgendjemand hatte inzwischen Tee gebracht, ohne dass sie es bemerkt hatte. Sie war geistesabwesend. Nein, sie war mehr als geistesabwesend, sie würde unter der Anspannung noch verrückt werden. Der Gedanke ängstigte sie so sehr, dass ihr ganz flau im Magen wurde, und ohne viel Federlesens verkündete sie: »Ich habe meinen Cousin hinausgeworfen.«
12
Kate ließ die Teetasse fallen. Was sich, wie sich zeigte, für Sophie nur von Vorteil war. Sie war zu sehr damit beschäftigt, den Schlamassel zu ihren Füßen zu bereinigen, um auf die leise Stimme in ihrem Kopf zu hören, die sie für ihr Herausplatzen maßregeln wollte. Sie reichte Kate die leere und einigermaßen klebrige Tasse zurück, und Kate nahm sie
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