Wie es dem Glück beliebt
erzählten einander ihre Träume für die Zukunft. Sie trieben von einem Thema zum nächsten und beschränkten sich dabei keinesfalls auf Tod und Verlust. Sie lachten viel und stritten ein wenig in freundlichem Tonfall, und als Sophie sich zwischendurch die Zeit nahm, innezuhalten und darüber nachzudenken, wurde ihr klar, dass sie in diesem Moment wirklich glücklich war.
Kurz vor Sonnenuntergang räumte eine der McLeod-Frauen die letzten ihrer Teller ab. Sophie wäre gern noch weit bis in den Abend geblieben, hätte an ihrem Bier genippt und Alex’ Gesellschaft genossen, doch sie wusste, dass sie das nicht konnte.
Mrs Summers kochte inzwischen sicherlich, und Sophie hatte keine Ahnung, wie gut beleuchtet die Straßen in diesem Teil Londons sein mochten oder ob der Mond herauskommen würde. Sie wollte zu Hause sein, bevor die Stadt wirklich und wahrhaftig dunkel wurde.
Alex schickte jemanden los, ihre Kutsche zu holen, bezahlte für das Mahl und eskortierte sie zur Tür.
»Euer Gnaden!«
Mr McLeod stand in der Küchentür. »Euer Gnaden, einen Augenblick bitte. Wenn es Ihnen nicht allzu viel ausmacht, Molly hat für Sie und das Mädel ein frisches Blech Kekse gebacken, die Sie mitnehmen sollen.«
»Molly ist seine Frau«, erklärte Alex mit einem kaum verborgenen Lächeln. Er hatte das Gefühl gehabt, dass Sophie sich bei der Erwähnung des Namens der Frau neben ihm verkrampfte. Er verachtete sich selbst ein wenig dafür, aber angesichts dieses Zeichens ihrer Eifersucht hätte er am liebsten laut gejubelt. Es gefiel ihm, dass sie ebenfalls Besitzansprüche hatte.
»Ich werde in der Kutsche warten.« Sophie war sichtlich erleichtert. »Gehen Sie und verabschieden Sie sich, und bitte, richten Sie den McLeods meinen Dank und meine Komplimente aus. Alles war wunderbar.«
Alex warf einen schnellen Blick auf die Vordertür, um sich zu überzeugen, dass die Kutsche bereits auf der anderen Straßenseite stand, dann folgte er Mr McLeod in die Küche.
Sophie war halb über die Straße, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte. Sie wirbelte herum und fand sich einem untersetzten Mann mit vorgewölbter Brust und Schlägergesicht gegenüber, sowie einem beträchtlich schlankeren mit schwarzem Haar, das ihm in fettigen Locken um sein spitzes Gesicht fiel. Beide wirkten kräftig und rochen übel, und sie waren offensichtlich betrunken. Die Hand des größeren Mannes glitt von ihrer Schulter, um nach ihrem Oberarm zu greifen.
»He, kleiner Vogel. Wohin fliegst du denn so schnell?«
Sein Komplize kam hinter ihm hervorgetorkelt, um über ihr aufzuragen wie ein Geier. Sophie musste sich daran hindern, das Gesicht zu verziehen, so überwältigend war der Gestank der ungewaschenen Körper und des billigen Gins. Auf ihren Reisen war sie schon früher Männern wie diesen begegnet. Jede Reaktion abseits kühler Geringschätzung war eine offene Einladung für Ärger.
Leidenschaftslos betrachtete sie die fremde Hand auf ihrem Arm, dann blickte sie langsam hoch und fixierte den Mann mit kühlem Blick.
»Lassen Sie mich los.«
Beide Männer brachen in schallendes Gelächter aus, das so ähnlich klang, dass sie wohl miteinander verwandt sein mussten.
»Geben Sie sie frei!«
Alle drei drehten sich um, um zu sehen, wie der Kutscher mit der Peitsche in der Hand von seinem Sitz sprang.
Für Betrunkene waren ihre Angreifer überraschend flink. Bevor Sophie reagieren konnte, drehte der größere Mann ihr den Arm hinter den Rücken und legte ihr seine freie Hand auf den Mund. Der dünnere Mann hob seinen Arm, um den Peitschenhieb abzuwehren. Nach dem ersten Schlag packte er die Peitsche und entriss sie dem Fahrer, dann holte er aus und rammte ihm die Faust ins Gesicht.
Sophie ging davon aus, dass der Fahrer bewusstlos war. Der Mann, der sie festhielt, zerrte sie zu einer verlassenen Gasse, sodass sie den Kutscher nicht mehr sehen konnte.
Dann ließ der Mann ihren Arm los und wirbelte sie zu sich herum, um sie mit dem Rücken an die Wand zu pressen. Sophie nutzte die Gelegenheit, um ihm einen Fausthieb auf die Nase zu versetzen. Er heulte vor Schmerz auf, ließ sie aber nicht los, sondern stieß sie nur umso heftiger gegen die Backsteinmauer und begann, an ihren Röcken zu reißen. Immer wieder schlug sie zu, gebrauchte jeden Trick, den sie kannte, drosch mit Fäusten und Füßen auf ihn ein. Einen Moment lang glaubte sie, sie könne sich losreißen, zumindest so weit, um das Messer zu ziehen, das an ihrem Bein festgeschnallt war.
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