Wie es Euch gefaellt, Mylady
und außer sich vor Entrüstung. „Wie können sie es wagen!“, donnerte er und fuchtelte mit der Zeichnung in der Faust in der Luft herum. „Mein ehrenwerter Freund. Der Freund, für den ich ein Auge geopfert habe. Die Frau, die ich vor Schande und Skandal bewahrt habe …“
„Bedeutet das etwa, du musst auf ihr Vermögen verzichten?“ Seine Mätresse ließ den Kuchenteller sinken.
„Wie zum Teufel soll ich wissen, was es bedeutet?“, brüllte er. „Jedenfalls wurde ich zum Narren gehalten.“
Sie wischte Kuchenkrümel von ihrem üppigen Busen. „Ich finde ihn gut getroffen, ehrlich gestanden.“
„Er ist nackt!“
„Ja, das habe ich bemerkt.“ Sie beäugte die Zeichnung. „Das ist ja kaum zu …“
„,Hüte dich vor einem Skandal‘, habe ich sie gewarnt. Und was hat sie getan?“
Die Operndiva zögerte. „Einen Skandal ausgelöst?“
„Dein blitzender Verstand hat es wieder einmal erfasst, nicht wahr, Liebling?“
Sie lächelte zu ihm auf und legte ihre leicht geschwollenen Beine auf den Fußschemel. „Ich fürchte, es ist kein guter Zeitpunkt, dir zu sagen, dass Julia Audrey Watson aufgesucht hat.“
„Audrey Watson?“, wiederholte er tonlos. „Warum?“
„Keine Ahnung. Ich spielte selbst schon mit dem Gedanken, Audrey aufzusuchen.“
„Julia … zu Besuch bei einer Kurtisane?“
Sie beugte sich vor. „Die Boscastle-Männer stehen im Ruf, die sündigen Seiten einer Frau zum Vorschein zu bringen, habe ich mir sagen lassen.“
„Heath Boscastle ist ein Gentleman.“
„Immerhin entstammt er einer ruchlosen Familie.“ Sie blickte stirnrunzelnd in Russells wutverzerrtes Gesicht. Er fuhr in die Hose, streifte das Hemd über und stolperte beinahe über die eigenen Füße auf der Suche nach seinen Stiefeln. „Ich dachte immer, in dieser Hinsicht sei sie dir gleichgültig“, fügte sie schnippisch hinzu.
Er blieb ihr die Antwort schuldig.
Sie nahm die Beine vom Schemel und stieß heimlich mit dem Fuß einen Stiefel unter ihren Sessel.
„Warum tut sie mir das an?“, knurrte er. „Hat sie denn keinen Respekt vor der öffentlichen Meinung?“
Die Diva stellte den Kuchenteller auf ihren schwellenden Leib und musterte ihren Liebhaber finster wie eine unzufriedene Katze. „Hast du etwa vor, sie zu besuchen? Doch nicht am ersten Tag deiner Ankunft?“
Er steckte sich das Hemd in den Hosenbund und warf sich den blauen Militärmantel über die Schulter. „Ich bin mit dieser Frau verlobt. Denkst du, ich lasse mich durch ihr skandalöses Benehmen zur Zielscheibe des Spottes machen?“
„Du wirst doch nicht halb angezogen zu ihr laufen“, entrüstete sie sich und stellte den Teller beiseite.
„Warum nicht? Ich komme grade von einer sinnlosen Verbrecherjagd quer durch Frankreich zurück. Ein Mörder läuft frei herum. Meine Verlobte lässt eine obszöne Zeichnung meines Freundes veröffentlichen, dem ich vertraut habe. Eine Nacktzeichnung, die sie auch noch signiert hat. Denkst du, ich lasse mir das bieten?“
Sie bückte sich nach dem Stiefel und eilte ihm dann in den Flur nach. „Heath Boscastle wird dich töten, wenn du ihm drohst.“
Russell fuhr herum wie ein Irrer, die Zeichnung zwischen den gefletschten Zähnen, und riss ihr den Stiefel aus der Hand. „Nicht, wenn ich ihn vorher umbringe.“
„Alles ist wunderschön“, sagte Julia, schmiegte sich in Heaths starke Arme und barg die Wange an seiner Brust. Seit ihrer Jugend im Hause ihres Vaters hatte sie sich nicht so liebevoll geborgen gefühlt, und sie wünschte, ihrem Vater sagen zu können, wie glücklich sie war.
Heath und sie waren durch die Wälder gestreift, als es anfing zu regnen. Er hatte ihr seinen schwarzen Wollmantel um die Schultern gelegt und sie unter dem tropfenden Blätterdach einer alten Eiche geküsst. Grelle Blitze durchzuckten den wolkenverhangenen Himmel. London schien in einer anderen Welt zu liegen, die staubige Luft, der Nebel und der Gesellschaftsklatsch waren vergessen.
Heath küsste eine heiße Spur auf ihren Hals nach unten, zärtlich biss er in ihre Brustspitzen durch den Stoff ihres Kleides. Sie schloss die Augen, gefangen zwischen der rauen Rinde des Baumstamms und Heaths Wärme. „Es wird wunderschön werden“, raunte er und ließ seine Hand sanft über ihren Nacken gleiten, „wenn wir wieder zu Hause sind.“
„Hast du etwa vor, mich hier auszuziehen?“, fragte sie und lachte leise.
„Hast du etwas dagegen?“ Er zog den Ausschnitt ihres Kleides bis über ihre Knospen
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