Wie es Euch gefaellt, Mylady
dominanten Persönlichkeit seine Mitmenschen völlig in Anspruch. Andererseits bedeutete seine Ankunft auch größeren Schutz für Julia. Grayson war zwar ein sprühender Gesellschaftslöwe, aber auch als Mitstreiter war Verlass auf ihn.
Vom Fenster der Waffenkammer aus beobachtete Heath die freudige Szene, mit der die Herrschaft vom Hauspersonal begrüßt wurde. Grayson sonnte sich sichtlich im Jubel des Empfangs, aus dem einstigen Bruder Leichtfuß war der respektable Patriarch der Boscastle-Familie geworden, und er genoss diese Rolle mit großem Wohlgefallen.
Heath hingegen hatte es immer vorgezogen, sich im Hintergrund zu halten und kein Aufsehen mit seinem Privatleben zu erregen. Mit dieser Privatsphäre war es nun vorbei. Nicht von ungefähr hatte er Julia im Turmgemach untergebracht, wo er sie wenigstens heimlich besuchen konnte, und überdies war Heimlichkeit bekanntermaßen ein pikantes Gewürz in einer Romanze.
Falls er Julia für kurze Zeit verlassen müsste, um Auclair aufzuspüren, gäbe es keinen besseren Beschützer als Grayson. Sie wäre nicht nur wohlbehütet, sie wäre auch bei seiner temperamentvollen Schwägerin Jane in besten Händen, die sich gewiss mit ihr anfreundete. Auf dem Weg zur Tür hob Heath den Blick noch einmal zur erlesenen Schwertersammlung an der Wand. Ein altrömisches Gladiatorenschwert hing neben einem spanischen Rapier, daneben das Breitschwert eines schottischen Kriegers, dessen Heft von einem Eisenkorb geschützt war.
Als Junge hatte er dieses Waffenarsenal geliebt und die Krieger und Ritter bewundert, die diese todbringenden Waffen einst getragen hatten.
Damals hatte er davon geträumt, als Erwachsener Duelle zu bestreiten, doch die Realität des Krieges hatte ihm diesen Traum ein für alle Mal ausgetrieben. Hatte Armand Auclair ähnliche Kindheitsträume gehabt?
Unvermutet schoss ihm eine Erkenntnis durch den Sinn, als entziffere er einen Geheimcode. Plötzlich begann er Verknüpfungen herzustellen, die ihm bisher entgangen waren. Er hatte Nachforschungen angestellt, um herauszufinden, ob es möglicherweise eine Verbindung zwischen Brentford und Auclair gab, aber Brentford war allem Anschein nach ein harmloser Einfaltspinsel.
Heath strich nachdenklich mit dem Finger über die kalte Klinge eines französischen Kavalleriesäbels.
Wieso hatte er nie in Erwägung gezogen, Brentford könne ein unwissender Köder in Auclairs bösem Spiel sein? Der arglose junge Mann würde vermutlich niemals Verdacht schöpfen, dass er eine Rolle in einem heimtückischen Racheplan spielen könnte.
Dabei hatte Brentford im Theater, wenn auch unwissentlich, ihm einen deutlichen Hinweis gegeben. Seine Worte hallten nun in Heaths Kopf nach. Er konnte Brentfords Stimme deutlich hören, wehleidig und absurd tragisch.
Vielleicht bitte ich meinen Fechtlehrer morgen beim Unterricht, mir das Florett ins Herz zu stoßen.
Und dann ein zweites Mal im Park. Brentford hatte den Mann erwähnt, den er mit seinem sportlichen Wagen beeindrucken wollte.
Seinen Fechtlehrer.
Auclair war Mitglied des französischen Elitekorps der königlichen Garde, ein Meister der Fechtkunst, der sich neuerdings seinen Lebensunterhalt mit Duellen verdiente, ein Mann, der sich am Tod anderer bereicherte.
Wie lange versteckte er sich schon in London? War er Brentfords Fechtmeister?
Wo hielt er sich jetzt auf?
Heath starrte auf den Säbel.
In Angelos angesehener Fechtschule war Auclair jedenfalls nicht als Lehrer angestellt, das wusste Heath. Vielmehr lag die Vermutung nahe, dass er wohlhabenden jungen Aristokraten Privatunterricht erteilte. Über diese Kontakte war es ihm gewiss nicht schwergefallen, Erkundigungen über Heath und Russell einzuziehen.
Dieser Verbrecher musste gefunden und unschädlich gemacht werden, bevor er seinen Rachefeldzug fortsetzte.
Heath fragte sich bang, ob Julia in Gefahr schwebte, wenn er sie in Kent zurückließ, um Auclair zu verfolgen und zu vernichten.
Ein Gewirr sorgenvoller Gedanken wirbelte ihm durch den Kopf, das ihn die ganze Nacht wach halten würde. Seine Hauptsorge galt Julias Sicherheit, erst wenn dieser Punkt geklärt war, wollte er sich auf die Suche nach Auclair begeben. Und nach wie vor war ein wichtiger Teil dieses Codes nicht geknackt: Auclairs Motivation blieb ihm ein Rätsel.
Was hatte Auclair veranlasst, Paris zu verlassen? Unannehmlichkeiten mit der französischen Polizei? Hatte Heaths Flucht seinem Ansehen geschadet? Hatte er sich deshalb geschworen, an Heath Rache
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