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Wie es Euch gefaellt, Mylady

Wie es Euch gefaellt, Mylady

Titel: Wie es Euch gefaellt, Mylady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jillian Hunter
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hatte gehofft, nie wieder etwas von ihm zu hören.“
    Julia musste gestehen, dass ihr die Nähe dieses kraftvollen, breitschultrigen Mannes ein angenehmes Gefühl der Geborgenheit gab. Auch wenn sie in seiner Nähe leicht die Fassung verlor, konnte sie ihm nicht die Fähigkeit absprechen, ein guter Beschützer zu sein. Sie konnte auch Audrey Watsons Behauptung nicht widerlegen, dass ein Boscastle eine überwältigende Wirkung auf Frauen ausübte. Wie könnte sie je vergessen, dass dieser Boscastle an ihrer Seite ein großes Talent als Verführer besaß?
    Julia warf einen Blick über die Schulter zurück auf die Terrasse und erschrak. „Deine Zigarre - sie glüht noch. Aus dem Blumentopf steigt Rauch auf.“
    Er sah sie lächelnd an. „Lass sie glühen.“
    „Aber wo Rauch ist …“
    „Ist meist ein Boscastle in der Nähe.“
    Lass sie glühen, wahrhaftig.
    Als sie an Heaths Seite wieder den lärmenden, überhitzten Ballsaal betrat, hatte Julia das Gefühl, innerlich zu glühen. Wie erwartet, lenkte das Paar die Blicke der Gäste auf sich, manche bewundernd, manche tadelnd. Heath schien sie nicht zu bemerken oder achtete nicht darauf. Dabei zog er noch mehr Aufmerksamkeit auf sich als Russell, der das öffentliche Interesse an seiner Person ausgesprochen genoss. Julia schritt erhobenen Hauptes verbindlich lächelnd neben ihm her. Sie hätte es vorgezogen, mindestens eine Stunde draußen auf der Terrasse zu verbringen, allerdings ohne Heath. Russell hatte ihr nicht geglaubt, als sie ihn davor gewarnt hatte, dass sie sich in großer Gesellschaft nicht sonderlich wohlfühlte. Sie hatte die Lust an seichten Plaudereien verloren, hatte zu viel durchgemacht, um Gefallen an solchen Nichtigkeiten zu finden.
    Heath begann ein Gespräch mit einem älteren, sehr soliden Ehepaar, wobei er seine Hand nicht von Julias Ellbogen nahm, um zu verhindern, dass sie ihm wieder entwischte. Vereinzelte Sätze einer Unterhaltung zwischen einigen mit Juwelen behängter Matronen in ihrer Nähe drangen an ihr Ohr.
    „… Eine Schande. Sie müsste doch wenigstens so viel Anstand besitzen, Halbtrauer zu tragen.“
    „Na ja, was kannst du von einer Witwe verlangen, die auf einen Mann geschossen hat, in den … ich bringe das Wort nicht einmal über die Lippen.“
    Heath unterbrach sein Gespräch, drehte sich halb um und erklärte laut und vernehmlich: „In den Allerwertesten, meine Dame. Sie hat den Mistkerl in den Hintern geschossen. Ich weiß allerdings nicht, ob in die linke oder die rechte Backe. Aber Sie können Mrs. Whitby ja selbst fragen.“
    „Erlauben Sie! So etwas würde ich nie tun“, entrüstete die Matrone sich.
    „Sollten Sie aber“, entgegnete Heath mit einem teuflischen Feixen. „Dann müssten Sie nicht hinter ihrem Rücken über sie tuscheln.“
    Er nickte dem freundlich lächelnden Ehepaar zu, festigte den Griff um Julias Arm und entführte sie in die Mitte des Ballsaals ins helle Licht des dreistufigen Kristalllüsters. Der begehrte Junggeselle und die verruchte Witwe, die einen englischen Soldaten in den Hintern geschossen hatte.
    „Vielen Dank“, sagte sie trocken in die ersten Klänge eines Kotillons, den das Orchester auf dem Podium anstimmte. „Damit hast du meinem guten Ruf einen großen Gefallen erwiesen.“
    Heaths Antwort ging unter im plötzlichen Einsatz von Geigen, Cellos und Flöten, aber Julia glaubte zu hören, wie er ungerührt fragte: „War es die linke oder die rechte Backe?“
    Und als ihre Schultern sich in einer Drehung berührten, antwortete sie: „Weder noch. Ich zielte in die Mitte und habe ihm ein drittes Grübchen verpasst zur lebenslangen Erinnerung an mich.“
    Sie kam sich unbeholfen und steif vor wie eine Holzpuppe. Die Paare auf dem Parkett warfen ihnen musternde Blick zu, verglichen vermutlich Heaths natürliche tänzerische Begabung mit Julias steifen Bewegungen, erwarteten vielleicht, dass sie eine Pistole zog und die Kerzen im Kristalllüster, eine nach der anderen, mit gezielten Schüssen ausblies. Julia ärgerte sich über sich selbst. Warum war es ihr so wichtig, was andere über sie dachten? Und dann brachte sie mit ihrem Verhalten auch noch Russell in Verlegenheit, der so sehr darum bemüht war, Anerkennung in der Gesellschaft zu finden. Sie war eine Belastung für ihn und fürchtete, dass sich daran nicht viel ändern würde. Vielleicht sollte sie wirklich Halbtrauer tragen; das war wenigstens Russells Meinung. Aber sie verabscheute es, ihre Gemütsverfassung

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