Wie es Euch gefaellt, Mylady
versuchen, einen Ausweg aus dieser grotesken Situation zu finden. Es war klar, dass er mit Julia nicht allein sein durfte, es war zu gefährlich. Er würde sie verführen. Oder sie würde ihn erschießen. Auf die eine oder andere Weise würden beide auf dem Teppich landen.
Julias schlohweißer Butler Payton erwartete ihn am Fuß der Treppe. „Ist alles in Ordnung, Mylord?“, fragte er besorgt.
Heath runzelte die Stirn. „Im Moment ja.“ Abgesehen von seinem Gemütszustand, ein Thema, das zu kompliziert und unangebracht war, um es mit einem Butler zu erörtern.
„Sie haben sich ziemlich lange im Zimmer von Lady Whitby aufgehalten, und ich fragte mich schon …“
Heath räusperte sich. „Kein Grund zur Sorge, Payton. Ich kann Ihnen nur raten, ihr Zimmer nicht unangekündigt zu betreten. Sonst schießt sie vielleicht auf Sie.“
Payton gestattete sich ein nachsichtiges Lächeln. „Oh. Das Personal ist damit vertraut, dass Lady Whitby eine Schwäche für Feuerwaffen hat.“
„Eine Schwäche also.“ Heath streifte die Handschuhe über. „Eine höfliche Umschreibung. Nun, lassen wir ihre Schwäche mal beiseite. Ich wiederhole, was Sir Russell Ihnen schon ans Herz gelegt hat: Das Haus muss sorgfältig gesichert werden, auch der Garten und die Straße müssen Tag und Nacht überwacht werden.“
„Ich sorge dafür, Mylord.“ Der Butler begleitete ihn zur Haustür. „Ich trage selbst eine Waffe.“
„Sehr gut. Aber schießen Sie nicht auf mich, wenn ich gleich wiederkomme. Ich will nur etwas frische Luft schnappen.“
„Natürlich nicht, aber …“ Payton öffnete die Tür, und Heath trat in die Nacht. „Ihr Begleiter ist offenbar schon abgefahren.“
Heath spähte die menschenleere Straße entlang. „Mein Begleiter?“
„Der Mann in der schwarzen Kutsche, der Ihnen gefolgt ist. Ich wollte ihn schon hereinbitten, doch dann dachte ich, Sie haben ihn vielleicht angewiesen, das Haus im Auge zu behalten.“ Er nickte Heath verschwörerisch zu. „Aus Sicherheitsgründen. Ich ahnte, dass es sich um eine Geheimoperation handelte.“
„Soso. Aus Sicherheitsgründen.“ Heath biss die Zähne aufeinander, machte auf dem Absatz kehrt und stieg die Steinstufen wieder hinauf. Ein Mann hatte also das Haus observiert. Jemand, der für Russell arbeitete? Vielleicht. Aber wieso war der mysteriöse Fremde verschwunden, und warum hatte Russell ihn nicht erwähnt? „Ich nehme nicht an, dass Sie den Mann beschreiben können, Payton, oder vielleicht seine Kutsche.“
„Nun ja, ich wollte nicht unhöflich erscheinen und ihn anstarren. Aber die Kutsche habe ich ziemlich genau gesehen. Sie war klein und schwarz, glaube ich. Oder dunkelblau. Sie könnte auch dunkelbraun gewesen sein, wenn ich es mir recht überlege.“
„Sie besitzen eine bemerkenswerte Beobachtungsgabe.“
„Vielen Dank, Mylord. Wollen wir wieder ins Haus zurück?“
Heath streifte die Handschuhe ab. „Ich fürchte ja, Payton.“
7. KAPITEL
Julia und ihre Tante belauschten das Gespräch zwischen Heath und Payton hinter der angelehnten Tür des Salons im Parterre. Ein vornehmer Raum mit cremefarbener Holztäfelung, die Stuckdecke trug einen zarten Goldfirnis, die eleganten Sitzmöbel waren mit zartgrauer Seide bezogen. Tante Hermia war, geweckt vom Lärm im Haus, in Julias Zimmer gekommen. Als Julia ihr berichtete, was Russells Dienern zugestoßen war, erklärte Hermia, sie sei zu aufgeregt, um wieder zu Bett zu gehen. Daraufhin hatten die beiden sich nach unten begeben, um eine Tasse Kamillentee zur Beruhigung zu trinken.
„Was hat Boscastle vor?“, flüsterte Hermia.
„Er geht.“
„Er geht?“
„Ja.“ Julia spähte durch den Türspalt. „Nein. Er kommt zurück.“
„Wohin zurück?“
„Ins Haus. Grundgütiger, Tante Hermia, er steuert direkt auf uns zu. Geh weg von der Tür. Rasch!“
Die beiden brachten sich in Sicherheit, Sekunden, bevor die Tür aufflog.
Heath marschierte an ihnen vorbei, ohne einen Blick in ihre Richtung zu werfen. Unmöglich konnte er sie übersehen haben, wie sie aneinandergedrängt im Nachthemd mitten im Zimmer standen.
Seelenruhig zog er das Jackett aus und warf es über die Lehne des geschnitzten Damastsofas. Anschließend zog er Schuhe und Strümpfe aus und stellte sie ordentlich unter den Spieltisch.
Julia und Hermia tauschten bestürzte Blicke. Es wurde kein Wort gesprochen.
Was in aller Welt hatte er vor? Er musste ihre Anwesenheit doch bemerken, ließ sich aber von seinem Publikum nicht
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