Wie es Euch gefaellt, Mylady
glühender Blick wanderte über ihre Gestalt, kehrte langsam in ihr Gesicht zurück. Hitze wallte in ihr auf. „Siehst du immer so betörend aus, wenn du zu Bett gehst?“
„Nur wenn ich einen Schurken erwarte, der sich völlig ungeniert auf meinem Bett breit macht.“ Sie schlang einen Arm um einen gedrechselten Bettpfosten, als suche sie Halt, um der Versuchung zu widerstehen. Er hatte es wieder einmal geschafft, sie mit einem einzigen Blick aus der Fassung zu bringen. „Steh auf.“
„Ich habe es mir grade bequem gemacht.“
„Zu bequem für meinen Geschmack.“ Und zu verlockend für ihren Seelenfrieden.
Sie wandte sich ab, als er sich aufrichtete und schwungvoll auf die Beine kam. Sie hob den Blick, sah sein Gesicht im Spiegel und entdeckte sein unverhohlenes Verlangen.
Ein Schauer der Verwirrung und des Glücks durchrieselte sie. Sie drehte sich langsam zu ihm um. Sein Gesicht war ohne jeden Ausdruck, und sie fragte sich, ob sie sich das nur eingebildet hatte und im Spiegel nur ihr eigenes Verlangen gesehen hatte.
„Ich will diese Zeichnung prüfen, bevor du sie den Blicken der ganzen Welt preisgibst“, knurrte er.
Sie lachte nervös, als er an ihr vorbei ans Fenster trat. „Dein göttergleicher Körper wird durch meine Kunst der Nachwelt erhalten bleiben, damit wirst du dich wohl abfinden müssen, fürchte ich.“
Er riss den Vorhang auf. „Ein beängstigender Gedanke.“
Ihre Heiterkeit schwand, als sie neben ihn trat und in den nächtlichen Garten schaute. Er wirkte sehr ernst. Offenbar ging es ihm nicht nur um die Zeichnung. „Du hast noch immer nichts Verdächtiges entdeckt, wie?“
„Nein. Der Regen hat sämtliche Fußspuren weggewaschen.“
„Vielleicht war niemand im Garten letzte Nacht.“
„Ich weiß es nicht.“ Er ließ den Vorhang wieder fallen. „Aber ich will kein Risiko eingehen.“ Er wollte an ihr vorbei, dann blieb er stehen und sah sie eindringlich an. Offenbar bedrückte ihn etwas. „Ist etwas?“, fragte sie und begegnete seinem Blick.
Er lächelte beinahe wehmütig. „Weißt du eigentlich“, begann er zögernd, „dass ich jahrelang der Meinung war, ich würde von dir geheilt werden, wenn ich dich nur noch einmal küssen könnte.“
„Geheilt?“
„Von meinem Verlangen nach dir. Ich glaube, ich werde es mein ganzes Leben bedauern, dass wir damals kein Liebespaar wurden. Nun ja, man könnte es auch die Verrücktheit eines jungen Mannes nennen, etwas zu begehren, was nicht für ihn bestimmt war.“
Julia wandte den Blick, ein ungewolltes Lächeln umspielte ihre Lippen. „Ein Liebespaar?“ Sie spielte die Erstaunte, als habe sie nicht unzählige Male den gleichen Gedanken gehabt. Aber aus seinem Mund zu hören, dass er ähnlich empfunden hatte, verwirrte sie zutiefst. Es war ausgesprochen gefährlich, diese Tür zu öffnen. Sie befand sich auf der Schwelle der Versuchung. „Das klingt sehr dramatisch“, sagte sie leise.
„Findest du?“
„Ich glaube dir kein Wort. Das sind doch genau die Schmeicheleien, die ein Herzensbrecher einer Frau sagt, die er in sein Bett locken will.“
„Nun ja, es war den Versuch wert.“
„Du bist schamlos“, entrüstete sie sich. „Du bist noch schlimmer geworden als damals.“
„Gut möglich. Immerhin konnte ich sechs Jahre Erfahrungen sammeln.“
„Genau wie ich“, entgegnete sie spitz. Wobei ihr dieser Erfahrungsschatz keine große Hilfe war. Sie begehrte ihn jetzt mit der Leidenschaft einer erwachsenen Frau, nicht mit dem Ungestüm eines jungen Mädchens. Ob sie heute noch zusammen wären, wenn sie damals ein Liebespaar geworden wären? Ein quälender Gedanke. Damals war er in den Krieg gezogen.
Er lächelte und ging zur Tür. Eine dumpfe Leere breitete sich in ihr aus. Bedauern hatte er gesagt. War das die richtige Bezeichnung für die bittersüße Qual? „Lass heute Nacht nicht noch einen anderen Schurken in dein Zimmer, Julia“, sagte er über die Schulter.
„Ich glaube kaum, dass diese Gefahr besteht.“
Sein strenger Blick begegnete dem ihren, und die Leere in ihr begann zu schmerzen. Was hatte sie verloren? „Verriegle trotzdem deine Tür.“
11. KAPITEL
Drei ereignislose Tage verstrichen. Es gab keine Eindringlinge in Julias Garten, keinen weiteren Grund zur Annahme, dass Julia in unmittelbarer Gefahr schwebte. Und damit keine Gelegenheit für Heath, den Helden zu spielen, abgesehen von einem kleinen Drama gegen Ende der Woche, als Julia mit Lady Dalrymple in einen Straßentumult geriet.
Weitere Kostenlose Bücher