Wie es Euch gefaellt, Mylady
haben, als sie unversehrt ins Freie zu bringen.
„Ich sehe die Hand vor Augen nicht“, flüsterte sie.
Er umfing ihr Handgelenk mit behandschuhten Fingern. „Seien Sie unbesorgt. Ich bringe Sie in Sicherheit.“
Sie spähte hilflos in die Dunkelheit. „Aber wie? Es ist stockfinster wie in einem Grab.“
„Ich habe schon als Kind gerne Höhlen erforscht und hatte nie Angst im Dunkeln. Ich heiße übrigens Brentford. Raphael Brentford.“
Heath hatte einen Arm um Hermias füllige Mitte gelegt, den anderen Arm erhoben, um sie gegen das Bombardement fauler Eier und Steine zu schützen, die eine randalierende Bande gegen die harmlosen Besucher der Veranstaltung schleuderte. Die Angreifer setzten sich hauptsächlich aus Radaubrüdern zusammen, denen es vorwiegend darum ging, Unruhe zu stiften und die eine oder andere Geldbörse zu ergattern.
„Renten für Soldaten wollt ihr also?“, grölte ein feister ungewaschener Kerl mit hochrotem Gesicht und warf einen verfaulten Kohlkopf in Heaths Richtung. „Da hast du deine Rente!“
Heath duckte sich blitzschnell und schützte Hermia mit seinem Körper vor dem Geschoss. „Wo zum Teufel ist die Kutsche?“, knurrte er zähneknirschend und zerrte sie mit sich. „Und wo bleibt Julia?“
Hermia zog ihre rostrote Samtpelerine enger um die Schultern und äugte ängstlich über die Schulter. „Vielleicht hat sie die Kutsche gefunden und ist schon eingestiegen.“
Heath spähte die von Gaslaternen trüb erhellte Straße entlang. Wo war sie nur? Es war dumm von ihm gewesen, den Kutscher wegzuschicken. Die Demonstranten, die wirklich für ihre Rechte kämpften, hatten sich mittlerweile mit dem Straßengesindel angelegt. Bisher war noch niemand ernsthaft verletzt, aber die Stimmung der aufgebrachten Menge spitzte sich zu, die Situation wurde immer gefährlicher. Eine mit Stöcken bewaffnete Bande Schläger war im Begriff, eine leere Kutsche umzuwerfen.
Der Kutscher des Fahrzeugs hatte hinter einem Laternenpfosten Zuflucht gesucht und erschien erst wieder, als ein vierspänniger Mannschaftswagen der Polizei hufeklappernd um die Ecke bog. Die Raufbolde ließen von ihrem Zerstörungswerk ab, ergriffen die Flucht und verschwanden wie Ratten in den verwinkelten Gassen und Hinterhöfen, noch bevor die Polizisten mit Schlagstöcken aus dem Wagen gesprungen waren und die Verfolgung aufnahmen.
„Steigt ein! Macht schnell!“, übertönte eine vertraute Stimme den Lärm.
Eine elegante schwarze Karosse hielt neben Heath und Lady Dalrymple.
„Gottlob, Odham, er kommt wie gerufen“, rief Hermia erleichtert und versetzte Heath einen unsanften Stoß. „Endlich ist mein alter Feind doch noch zu etwas nutze. Vielleicht hat er Julia schon gefunden.“
„Das bezweifle ich“, entgegnete Heath und suchte die brodelnde Menge mit besorgten Blicken ab. „Sie müsste durch den Hinterausgang ins Freie gelangt sein. Vielleicht ist mein Kutscher früher eingetroffen und hat sie aufgelesen.“
„Das kann ich nur hoffen.“ Hermia zog fröstelnd die Schultern hoch.
Ein Ei segelte dicht über ihre Köpfe hinweg und zerplatzte auf dem Pflaster. „Gütiger Himmel!“, rief Odham entrüstet aus der Kutsche. „Das ist ja ein wahres Schlachtfeld. Steigt endlich ein!“
Der Wagenschlag wurde aufgerissen. Odhams livrierter Diener eilte herbei und half Hermia beim Einsteigen. Heath steckte den Kopf ins Innere der Kutsche. Wenn Julia etwas zugestoßen war, trug er einzig und allein die Schuld daran.
„Haben Sie Lady Whitby irgendwo gesehen, Odham?“, fragte er mit besorgter Stimme.
Der Earl beugte sich vor. „Nein. Sagen Sie bloß, Sie haben sie in diesem Aufruhr allein gelassen.“
Heath zog den Kopf zurück. „Bringen Sie Lady Dalrymple nach Hause“, befahl er schroff.
„Dieser Wagen bewegt sich nicht von der Stelle“, verkündete Hermia störrisch mit erhobener Stimme, „solange wir Julia nicht gefunden haben.“
„Machen Sie die Straße frei.“ Ein knorriger Polizist in einem langen groben Wollmantel baute sich hinter Heath auf. „Hol mich der Teufel - sind Sie es wirklich, Lord Boscastle?“
Heath nickte dem Wachtmeister grimmig zu, einem seiner Informanten aus Kriegstagen und eine gute Seele. „Ja, ich bin es, und fragen Sie mich bloß nicht, was ich hier zu suchen habe. Helfen Sie mir lieber, jemanden zu finden …“ Ehe er den Satz beendet hatte, schob er den Mann beiseite. „Da ist sie ja“, rief er erleichtert und stutzte im nächsten Moment.
Seine Augen wurden
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