Wie es mir gefaellt
andere für später wieder ein.
»Und was, wenn er
jetzt die nächsten drei Stunden zu Hause rumsitzt und Fernsehen schaut? Sollen
wir dann in der Zwischenzeit hier draußen erfrieren, oder was?«
Jenny kaute Kaugummi
und schob die Hände in die Taschen ihres schwarzen Anoraks. Sie schloss die
Augen und ließ sich das Gesicht von der Märzsonne wärmen. »Hier in der Sonne
ist es gar nicht so kalt. Außerdem haben wir nichts Besseres zu tun, oder? Wir
haben Ferien. Wir können noch nicht mal Hausaufgaben machen.«
Dem hatte Elise nichts
entgegenzusetzen. Sie fand es superscheiße, eine der wenigen aus der Klasse zu
sein, die in den Ferien nicht in die Berge oder in die Karibik fuhren.
Wenigstens sorgte Jenny für Abwechslung. Als Leo kurz darauf ohne Mütze, Kaffee
und die weiße Papiertüte aus dem Gebäude trat, zuckte sie zusammen.
»Hey«, flüsterte sie
und stieß Jenny an.
Die beiden Mädchen
drückten sich mit gesenkten Köpfen an die Hauswand und machten sich so
unsichtbar wie möglich. Diesmal führte Leo einen bulligen weißen Mas- tiff an
einer roten Lederleine. Der Hund hatte eine dieser dreihundert Dollar teuren
Halsband-und-Jäckchen- Kombinationen im klassisch karierten Burberry-Look an,
die sich nur hundeverrückte Superreiche leisten können. Außerdem trug er - oder
sie - zierliche pinke Lederstiefelchen an den Pfoten.
Oha!
Jenny war verwirrt.
Diese Entdeckung war natürlich unglaublich peinlich für Leo, aber zugleich auch
unglaublich faszinierend. Er hatte ihr nie etwas von einem Hund erzählt! Sie
zupfte Elise wieder am Ärmel. »Ihm nach!«
Sie schlichen in
gebührendem Abstand hinter Leo her, der den Hund in gemächlichem Tempo um den
Block führte und ihn dabei an sämtlichen Hydranten und Pisselachen anderer
Hunde schnüffeln ließ. Irgendwann krümmte der Mastiff plötzlich das Rückgrat
und presste eine riesige Kackwurst hervor. Leo bückte sich, hob die Wurst
pflicht- bewusst mit einer rosa Plastiktüte auf, die er aus einem in den Griff
der Leine integrierten Tütenspender zog, und entsorgte sie in einem Mülleimer
an der Ecke 69. Straße und Madison Avenue. Anschließend bog er wieder in die
Park Avenue ein und verschwand erneut in dem Gebäude.
Jenny und Elise
kehrten zu ihrem Beobachtungsposten in der Sonne zurück und lehnten sich an die
Wand. Jenny wusste wirklich endgültig nicht mehr, was sie denken sollte.
Elise stand stumm
neben ihr und kaute geräuschvoll Kaugummi. »Ach übrigens, ich weiß ja nicht, ob
es stimmt, aber... ich hab dir doch mal von dieser Website erzählt, oder?«
»Ja und?« Jenny sah
sie fragend an.
»Also, da ging es um
diese Party, auf der die ganzen Luxusschlampen aus unserer Schule am Donnerstag
waren, und irgendjemand hat geschrieben, dass so ein blonder Typ auf der
Party war, und die Beschreibung passte total auf Leo. Vielleicht sind seine
Eltern ja die vollen Multimillionäre, und er traut sich bloß nicht, es dir zu
sagen.«
Jenny verzog gequält
das Gesicht. Oder er schämt sich
so für mich, dass er mich seinen Eltern nicht vorstellen will, dachte
sie unglücklich. Trotzdem war sie nicht ganz überzeugt. Leo benahm sich so gar
nicht wie ein reicher Snob und ging auf eine eher alternative Schule.
Multimillionärssöhne waren auf der St.-Jude-Schule oder auf irgendwelchen
exklusiven Internaten in New Hampshire. »Und wieso sollte er sich seinen Kaffee
in einem schmuddeligen Coffeeshop kaufen und selbst mit seinem Hund Gassi gehen,
wenn er so stinkreich wäre?«, wollte sie von Elise wissen. Andererseits fragte
sie sich auch, weshalb sein Hund ein Halsband trug, das mehr kostete, als sie
je für Klamotten ausgegeben hatte. Leo wurde von Tag zu Tag rätselhafter.
Elise dachte nach.
»Hm. Vielleicht ist er bei der Polizei und gibt sich nur als Schüler aus, um
einen Drogenring an seiner Schule auszuheben.«
»Und die pinken
Hundestiefelchen gehören zur Tarnung?« Jenny ließ den Eingang des Gebäudes
nicht aus den Augen. »Das glaub ich nicht.«
Elise sprang ein paar
Mal breitbeinig auf und ab und schlug die Hände über dem Kopf zusammen, um ihre
Blutzirkulation anzuregen. »Na ja, es könnten doch irgendwelche speziellen
James- Bond- Stiefelchen sein, mit eingebauten Torpedos oder so?«
»Ja klar.« Jenny
kicherte. Aber ihr gefiel die Vorstellung, Leo könne ein Agent sein. »Und er
hat natürlich den schwarzen Gürtel in Karate und spricht ungefähr dreiundzwanzig
Sprachen, ja?«
Elise bückte sich, um
ihre Schnürsenkel neu zu
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