Wie es mir gefaellt
nicht zuhörte, fragte sich Dan plötzlich, ob der Red Letter und der Neiv Yorker womöglich erbitterte
Konkurrenten waren. Vielleicht hatte er einen nicht wieder gutzumachenden faux pas begangen, indem er das Konkurrenzblatt
erwähnt hatte. »Also good. I sliow you
all. This Fach here is for the Post, die out goes, this here is for the Post,
die rein comes. My Unterlagen are here. This here is the Stapel with the
unverlangt eingesandte Gedichte.« Er
zeigte hierhin und dorthin. »The Fotokopiermachine. The Phone. The Fax. You sit here on diesem Table. I ruf you, when I brauch
you. Mittagessen is um half two in the Conference- room. Du orderst the Essen
for us all. And jetzt on the
Arbeit.« Dan begriff, dass Sig Kästle ihm nichts weiter erklären oder ihn
irgendwem vorstellen würde. Seine Einführung in den Job war beendet.
Das
Telefon schrillte. Siegfried Kästle nahm Platz und deutete mit dem manikürten
Nagel seines Zeigefingers auf den Apparat. Dan nahm den Hörer ab. »Hallo?« Er
zuckte zusammen, weil ihm sofort bewusst wurde, wie unprofessionell sich das
anhörte. »Äh... was kann ich für Sie tun?«
»Porco dio! Wer biste
du denne?«, fragte die Stimme am anderen Ende, »'ole mir mal den Sigi ans
Telefono, aber pronto, eh!«
Dan hielt Siegfried
Kästle den Hörer hin und bemerkte bei dieser Gelegenheit, dass er ein paar
graue Haare hatte und vermutlich älter war, als er aussah. »Ich glaub, es ist
für Sie.«
Anschließend nahm er
an dem ihm zugewiesenen Schreibtisch in der Ecke Platz und starrte vor sich an
die Wand. Der Tisch war vollkommen leer. Kein Computer, kein Telefon. Noch
nicht einmal ein einsames San-Pelle- grino-Fläschchen. Er fragte sich, ob er
herumgehen und sich seinen Kollegen vorstellen sollte, wollte sie aber nicht
bei der Arbeit stören. Er versuchte, die roten Buchstaben an der Wand zu
entziffern, aber die Wörter tanzten und verschwammen ihm vor den Augen. Zuletzt
warf er einen Blick auf das Fach für die ausgehende Post auf Siegfried Kästies
Schreibtisch. Ein Brief lag darin.
»Soll ich den für Sie
zur Post bringen?«
Kästle steckte sich
eine Zigarette in den Mund und klappte ein silbernes Zippo auf. Anschließend
warf er die Zigarette unangezündet in den Papierkorb unter seinem
Schreibtisch. »Yes, go schon«, schnarrte er abfällig, als könne er es kaum
erwarten, Dan endlich los zu sein. »Ach yes, and I need noch Kaviar.« Er zog
einen Hundertdollarschein aus der Tasche. »Gourmet Garage auf the Seventh
Avenue. Not the
Beluga, yes? I will the schwarze Kaviar in the blue Dose.«
Aha. Glaubte er
wirklich, irgendwer könne sein Kauderwelsch verstehen?
Dan nahm das Geld und
den Brief und ging hinaus. Der Brief war noch nicht frankiert, und Dan hatte
keine Ahnung, wo das nächste Postamt war, aber er würde schon eines finden,
und unterwegs konnte er eine rauchen.
Zehn Straßen weiter
hatte er zwar immer noch kein Postamt gefunden, dafür aber auf einem Pier über
dem Hudson vier Zigaretten geraucht. Allmählich wurde es höchste Zeit, wieder
zurückzugehen. Er warf die letzte Zigarette ins Wasser. Dann fiel ihm ein, dass
er wie ein völliger Idiot dastehen würde, der zu dämlich war, eine Briefmarke
zu kaufen, wenn er mit dem Brief zurückkam.
Er lehnte sich ans
Geländer, und noch bevor ihm so richtig klar war, was er tat, hatte er den
Umschlag bereits in die strudelnde braune Brühe geworfen. Er wippte eine Weile
auf den Wellen, verfärbte sich beige, saugte sich mit Wasser voll und versank.
Au weia!
Dan drehte sich hastig
um, verließ den Pier und bog in die 11. Straße ein. Er nahm sich vor, später zu
Hause im Internet nachzuschauen, wo hier in der Gegend das nächste Postamt war.
Der eine Brief konnte ja wohl nicht so wichtig gewesen sein.
Als er die Hände in
die Hosentaschen schob, spürte er den zerknitterten Hundertdollarschein und
erinnerte sich an den Kaviar.
»Scheiße!«
Bei Gourmet Garage gab
es ein Riesenangebot an Kaviardosen und ungefähr acht verschiedene Sorten mit
blauem Etikett. Dan entschied sich für den teuersten und ging zur Kasse.
»Dan?«
Er
fuhr herum. Es war Elise, Jennys Freundin. Sie hatte ein Baguette in der Hand,
das ungefähr einen Meter lang war, und Mehl im Gesicht. Eigentlich sah sie sehr
niedlich aus, allerdings wurde ihm plötzlich klar, dass sie viel größer war als
er. Und zwar ungefähr einen ganzen Kopf größer.
»Was machst du denn
hier? Jenny hat erzählt, dass du heute dein Praktikum anfängst.«
Dan zeigte
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