Wie es mir gefaellt
Guggenheim-Museum, das an ein auf der
Spitze stehendes Schneckenhaus erinnerte. »Kiss Kiss«, warb ein über dem
Eingang flatterndes Banner für die aktuelle Sonderausstellung. Leo wurde rot,
als er sah, wie Jenny den Titel las.
»Also, wollen wir?«
Jenny öffnete ihre
Handtasche, um ihr Portmonee zu suchen, aber Leo winkte ab. »Nicht nötig. Ich
hab eine Jahreskarte, wir kommen so rein.«
Er hatte eine
Jahreskarte? Aha, so war das also. Und hatte Elise nicht gesagt, Leo sei am
Donnerstag bei dieser bombastischen Benefizgala im Frick-Museum gesehen worden?
Okay. Alles klar. Wahrscheinlich gehörte das Guggenheim-Museum seinen Eltern.
Jenny und Leo
schlenderten die Spirale im Inneren des Museums hinauf und blieben vor dem
ersten Gemälde der Ausstellung stehen. Es war eine Leihgabe aus dem MoMa, »Der
Geburtstag« von Marc Chagall. Das Bild zeigte eine Frau, die einen Blumenstrauß
in den Händen hält und einen Mann küsst, der über ihrem Kopf in der Luft
schwebt. Die Frau sah aus, als hätte sie gerade irgendwas Sterbenslangweiliges
gemacht, den Tisch gedeckt zum Beispiel, als der Mann von oben plötzlich
herabstieß und seine Lippen auf ihre drückte.
Leo betrachtete das
Bild lange. »Ich finde das Blau super«, sagte er. »Eigentlich ist Blau ja eine
kalte Farbe, aber hier wirkt es im Gegenteil richtig warm.«
»Mhmm.« Jenny hatte
kein Wort mitgekriegt. Sie musterte ihn von der Seite, seine Haare, seine
Kleidung, seine Schuhe, seine Fingernägel. Sie suchte nach einem Hinweis, nach irgendeiner Erklärung.
Leo sah sie an und
wurde wieder rot. Er griff nach ihrer Hand. »Darf ich dich küssen? Ich meine,
bevor wir zum nächsten Bild gehen?«
Wenn sie bisher auch
nichts mitgekriegt hatte, jetzt war sie schlagartig hellwach.
»Oh! Äh. Ja, klar.«
Jenny trat unwillkürlich einen Schritt zurück und hätte beinahe das Gleichgewicht
verloren.
Leo verstärkte seinen
Griff. »Ich halte dich.«
Sie ließ sich von ihm
in die Arme ziehen und hob ihm ihr Gesicht entgegen. Was sie als Nächstes
taten, hatte nichts Geheimnisvolles an sich, obwohl Jenny sich schon fragte, wo
er gelernt hatte, so gut zu küssen.
Wenn
sie doch nur ihren Kopf abschalten könnte.
an der nase des mannes.
»Der
rnuss dich ja ziemlich gut finden, wenn er den ganzen weiten Weg hierher
kommt, nur um dich zu sehen«, flüsterte Ruby ihrer kleinen Schwester ins Ohr,
bevor sie mit ihrer Band Sugar Daddy auf die Bühne des »Five and Dime« stieg,
um ihren allmontäglichen Auftritt zu absolvieren.
»Er ist bestimmt nur
wegen der Musik da«, sagte Vanessa sarkastisch.
Jordy Rosenfeld stand
in der Tür des dunklen, rappelvollen Clubs und zog gerade den Reißverschluss
seines grünen Anoraks mit »Columbia University«-Aufdruck auf. Draußen war es
so kalt, dass seine gewaltige Nase rot war und tropfte. Mit seinem gelben Rolli
und der hellen Hose wirkte er inmitten des schwarz gekleideten Szenepublikums
aus Williamsburg wie eine lebendige Neonreklame.
Unter normalen
Umständen wäre Vanessa beim Anblick eines solchen Typen alles vergangen, aber
sie war an einem Punkt angelangt, wo ihr der Gelbheitsgrad seines Pullis egal
war. Außerdem war seine Nase von einem bestimmten Blickwinkel aus betrachtet
ziemlich sexy und markant. Vanessa stand auf und winkte ihn her.
»Hallo, Mrs Abrains«,
grüßte Jordy. »Hallo, Mr Abrams. Wie geht es Ihnen?«
Die Abrams trugen
Partnerlook: T-Shirts von Greenpeace, schwarze Leggings und weiße Kniestrümpfe
in Bir- kenstock-Schlappen. Sie hätten selbst eines ihrer Kunstwerke sein
können: »Stillleben mit Hippiepärchen«.
Gabriela warf ihrer
Tochter einen verwunderten Blick zu. »Ach, hallo, Jordy«, sagte sie überrascht.
»Vanessa hat uns gar nicht gesagt, dass du heute Abend auch kommst.«
»Das war mein kleines
Geheimnis.« Vanessa schenkte Jordy ein, wie sie meinte, kokettes Lächeln, das
aber, weil sie im Lächeln so ungeübt war, völlig normal wirkte.
Jordy zog den Anorak
aus und setzte sich neben sie. »Ich hab bis jetzt für die Uni gearbeitet.«
»Dann hast du dir
einen Drink verdient.« Vanessa winkte dem Typen hinter der Bar. Sie tippte sich
an die Nasenspitze und zog sich an den Ohren, um ihn auf sich aufmerksam zu
machen. Rubys Band spielte mindestens einmal pro Woche im »Five and Dime«,
weshalb der Club praktisch ihr zweites Wohnzimmer war. Vanessa hatte sogar mal
eine kurze Affäre mit einem ehemaligen Barkeeper des Clubs gehabt, der jetzt
in Neuseeland Wildwasser-
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