Wie es mir gefaellt
eines klapprigen Pick-ups ins Gespräch kamen, der
vor einem Häuschen parkte, das inmitten der riesigen Lagerhallen und
Fabrikgebäude wie eine winzige Fischerhütte wirkte. Nach einer Weile kam
Gabriela zu ihr hinüber und hockte sich neben sie.
»Arlo hat eine
verwandte Seele getroffen.« Sie sah lächelnd zu ihrem Mann hinüber. »Das kann
jetzt ein Weilchen dauern.«
Arlo trug zu seinem
Wollponcho diesmal Bermudashorts und Turnschuhe ohne Socken. Seine knorpeligen
Knie leuchteten bläulich weiß, und die Schienbeine waren mit blauen Flecken
übersät, die er sich in seiner Werkstatt in Vermont geholt hatte, wo er aus
alten Schubkarren und Hirschgeweihen Mobiles zusammenschweißte. Vanessa staunte
darüber, dass ihr Vater überhaupt jemanden gefunden hatte, der ihn so
liebevoll anschaute, wie es ihre Mutter gerade tat. Verwandte Seelen - fürwahr!
»Was ist eigentlich
aus deinem netten Freund geworden, der immer so angenehm natürlich war?«,
erkundigte sich Gabriela. Sie zerrte das Gummi aus ihrem Zopf und kämmte sich
mit farbverfleckten Fingern durchs Haar.
Vanessa verzog das
Gesicht. Sie rasierte sich unter anderem deshalb den Kopf, weil sie die Haare
ihrer Mutter so eklig fand. »Meinst du Dan?«
Gabriela begann jetzt,
Vanessas Nacken zu massieren. Vanessa krümmte sich innerlich - sie hasste es,
wenn sie so unaufgefordert angefasst wurde aber ihre Mutter merkte nichts. »Ich
habe immer gedacht, ihr zwei heiratet noch mal. Ihr habt mich an Arlo und mich
erinnert.«
Vanessa umschlang ihre
Knie und erduldete die Massage zähneknirschend. »Dan ist Polizist geworden«,
behauptete sie. Natürlich wusste sie, dass ihre Eltern eine starke Abneigung
gegen die Staatsmacht hegten.
»Ach was?« Gabriela
ließ von Vanessa ab. Sie teilte ihr Haar in drei dicke Stränge und begann, es
wieder zu einem Zopf zu flechten. »Dabei war er so unglaublich talentiert.
Hatte einen selten ausgeprägten Sinn für das Schöne. Und er war so treu.«
Treu? Na, das
vielleicht nicht gerade.
»Ha!« Vanessa
schäumte. Wenn sie nicht erkannt hätte, wie gut sein Gedicht war, und es an den New Yorker geschickt hätte,
wäre Dan jetzt immer noch ein Niemand. »Okay. Er ist kein Bulle geworden, das
war Quatsch«, gab sie zu. »Aber er ist nicht mehr nett. Er trampelt gnadenlos
auf den Gefühlen anderer Leute rum, wenn er das Ganze hinterher zu einem guten
Gedicht verbraten kann.« Sie sah prüfend zu ihrer Mutter rüber, ob das, was sie
gesagt hatte, angekommen war. »Er ist ein Arschloch«, präzisierte sie.
»Wahre Künstler müssen
immer mit dem Vorwurf leben, Arschlöcher zu sein«, seufzte Gabriela. »Du darfst
nicht so hart über uns urteilen.« Sie band das Ende ihres Zopfes mit dem Gummi
des Brokkoli zu, den Ruby am Vorabend gekocht hatte. »Weißt du, wer die wahren
Arschlöcher sind?«
»Wer?« Vanessa stand
auf. Ihr Vater kam mit einem stinkenden alten Fischernetz in den Händen auf
sie zu und strahlte aufgeregt wie ein Kindergartenkind, das sein Lieblingsspielzeug
vorführen darf.
»Die Rosenfelds«,
sagte ihre Mutter. »Ich kann nicht vergessen, was Pilar gesagt hat... dass sie
noch nicht einmal mehr Zeit haben, ihren Müll zu trennen. Was sind das nur für
Menschen, die keinen Müll trennen?«
Äh... Menschen wie du
und ich.
»Jordy ist ganz nett«,
sagte Vanessa leise.
»Ja, aber seine Brille
hat wahrscheinlich so viel gekostet wie unser Auto! Wenn du mich fragst, hätte
er das Geld mal lieber für eine Nasenkorrektur ausgeben sollen.«
Seht ihr, selbst
friedliebende Hippies können sich Läste- reien manchmal nicht verkneifen.
Vanessa schnaubte,
weil der Subaru ihrer Eltern älter war als sie selbst und Jordys Brille
höchstwahrscheinlich viel, viel mehr gekostet hatte. Aber nachdem sie jetzt wusste, wie sehr ihre Mutter die
Rosenfelds hasste, war sie sehr auf ihre Reaktion gespannt, wenn sie sah, wen
sie heute Abend zu Rubys Konzert eingeladen hatte.
Doch nicht etwa einen
langnasigen Typen mit teurer Brille?
sensationsfund
auf praktikanten-schreibtisch!
Als
Dan endlich wieder in die Redaktionsräume zurückkam, fand er sie verlassen
vor, obwohl irgendjemand den elektrischen Türöffner betätigt haben musste. Er
legte das Wechselgeld vom Kaviareinkauf auf Siegfried Kästies Schreibtisch,
ging an den endlosen Tischreihen entlang auf den Gang hinaus. Die Tür am
anderen Ende war geschlossen. Dan hörte Stimmengemurmel und klopfte zaghaft.
»Komm in!«, bellte
Siegfried Kästle.
Dan drückte die
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