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Wie Feuer und Eis - On Thin Ice

Wie Feuer und Eis - On Thin Ice

Titel: Wie Feuer und Eis - On Thin Ice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cherry Adair
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zwei, drei Sekunden würde sie protestieren, weil er ihr die Schuhe auszog wie einer schläfrigen Zweijährigen. Bald, sehr bald würde sie ihm sagen, was sie von seiner Naturburschentaktik hielt. Genau gesagt, würde sie ihn jeden Moment mit einer beißenden Tirade überziehen.
    Als er den Stiefel abzog, biss die Kälte schneidend in ihren klammen Fuß und ließ sie das Bein wegziehen. Derek zog ihr die Socke aus, legte die warmen, nackten Hände um ihren Fuß und hielt ihn auf seinem harten Oberschenkel fest. Er massierte ihre eisigen Zehen, bis die Wärme zurückkehrte. Sie wusste nicht, was sich besser anfühlte, die Wärme oder die Fußmassage. Einen wundervollen Augenblick lang vergaß sie, dass sie ihn ja umbringen wollte. Er holte eine Socke aus der Tasche und zog ihr die warme Wolle über den Fuß.
    Er berührte das kleine Messer, das in einem Fach in ihrem
Stiefel steckte. »Glaubst du, du findest hier draußen Zeit zum Schnitzen, oder willst du es an mir ausprobieren?«
    »Man kann nie wissen.« Im Moment konnte sie sich nicht einmal vorstellen, sich zu bewegen, vom Schnitzen ganz zu schweigen. Selbst um ihm ein kleines Stück abzuschneiden, hätte es mehr Energie gebraucht.
    »Ich habe nie eine Frau getroffen, die das Stillsitzen so hasst wie du.«
    »Hey, schau mich an. Ich schaffe es nicht mal, mir die Schuhe auszuziehen.«
    »Mir gefällt es ganz gut, dich folgsam und ergeben unter den Händen zu haben.«
    Lily klappte die Augen zu, während er ihr den anderen Stiefel auszog. »Opportunist. Ich bin vor Erschöpfung so schlapp wie ein Spültuch.«
    Seine Fürsorglichkeit und seine Sanftheit verblüfften sie. Seit ihre Mutter gestorben war, als Lily acht gewesen war, hatte sich niemand mehr so um sie gekümmert. Ihr Vater hatte in der Praxis zu tun gehabt und sie oft genug daran erinnert, dass sie ein großes Mädchen war und kein Gehätschel brauchte. Er hatte Recht gehabt. Sie war tüchtig gewesen, hatte sich selber Essen gemacht, ihre Kratzer und Schnitte alleine verarztet und ihre Zahnarzttermine selbst eingehalten. Sie hatte sogar selbst die Rettung angerufen, als Cinnamon sie abgeworfen und sie sich den Arm gebrochen hatte.
    Sie brauchte, um frische Socken anzuziehen, bestimmt keinen Mann. Aber, o Gott, Dereks warme Hände lullten sie ein und fühlten sich so gut an, dass sie beschloss, ihm noch zehn Minuten zu geben, bevor sie sich wieder wehrte.
    »Erzähl mir, wie du mit Sean nach Montana gekommen bist und die Ranch gekauft hast.« Ihre Stimme hörte sich weit weg an, sie kämpfte gegen den Schlaf.

    Er zögerte. »Hast du gewusst, dass Sean in Texas mein Vormann war?«
    Lily runzelte die Stirn und schielte ihn mit unklarem Blick an. Es war weder der Ort noch die Zeit, das Thema aufzubringen. Aber wenn nicht jetzt, wann und wo dann?, dachte Derek frustriert. Sie hatte vor langer Zeit die Chinesische Mauer zwischen ihnen beiden errichtet. Entweder er trug sie Stein für Stein ab - oder er walzte sie mit dem Bulldozer platt, schnell und dreckig.
    »Die Ranch in Texas hat dir und Sean gemeinsam gehört?«, fragte Lily, die Stimme so verschwommen wie der Blick.
    »Nein. Sean hat ein paar Jahre für mich gearbeitet. Als er entdeckt hat, dass die Ranch seines Vaters zum Verkauf steht, hat er mich gefragt, ob ich interessiert wäre.« Gebettelt hatte er, gehandelt, ihn zu erpressen versucht.
    Lily starrte ihn an, versuchte offenbar, den Verstand an das zu gewöhnen, was das absolute Gegenteil dessen war, was man ihr eingeredet hatte. Derek wusste, was Sean ihr erzählt hatte: Nachdem sein Vater ihn enterbt habe, sei er nach Texas gegangen und habe sich dort eine kleine, aber einträgliche Ranch gekauft. Und als er gehört habe, dass der Staat Montana die Ranch seines Vaters verkaufe, sei er nach Hause zurückgekehrt, habe die Ranch gekauft und seinen hochgeschätzten Vormann Derek aufgefordert, mit einzusteigen.
    Sean gehörte zu den formvollendetsten Lügnern, die Derek je begegnet waren. Und er war vielen begegnet. Als Antiterroragent wie als Rancher. Derek hatte sich stets gerühmt, einen Menschen innerhalb weniger Minuten einschätzen zu können. Aber in Sean Munroes Fall war er gescheitert. Total gescheitert. Der Mann war ein pathologischer Lügner gewesen und der personifizierte Charme. Sean konnte einen
Schwindel mit der Unschuld eines Chorknaben durchziehen, und man merkte es erst, wenn die Brieftasche fort war.
    Sean hatte nach Reichtum gestrebt. Sein Vater hatte ihn enterbt und den Großteil

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