Wie funktioniert die Welt?
Ressourcenbilanz von der Wiege bis zum Grab – die für viele Umweltschützer hohe Priorität hat – verträgt sich eher mit den Naturgesetzen als unser derzeitiges Wirtschaftsmodell, in dem solche Ressourcenströme als offene Systeme behandelt werden.
Wie das Auto, so ist auch unser Planet unter praktischen Gesichtspunkten im Hinblick auf Energie ein offenes und im Hinblick auf die Masse ein geschlossenes System. (Die Erde wird zwar auch heute noch von Meteoriten bombardiert, dieser Zugewinn an Masse ist aber so klein, dass man ihn vernachlässigen kann.) Der erste Aspekt macht Leben möglich: Ohne die ständige Zufuhr frischer, äußerer Energie von der Sonne wäre Leben, wie wir es kennen, schnell am Ende. Dass eine äußere Quelle notwendig ist, hat einen besonderen Grund: Energie kann zwar nicht zerstört werden, sie geht aber entsprechend dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ständig in schwächere, weniger nützliche Formen über. (Betrachten wir beispielsweise die Bremsbeläge des Hybridautos: Die Wärme, die von ihnen ausgeht, hat für niemanden mehr einen großen Nutzen.) Das System ist in zwei Richtungen offen: Die Erde strahlt auch Infrarot-Wärmeenergie in den Weltraum ab. Diese Strahlung ist für uns unsichtbar, aber für Satelliten, die in dem richtigen Bereich des elektromagnetischen Spektrums »sehen« können, ist die Erde ganz ähnlich wie die Sonne eine hellleuchtende Scheibe.
Interessanterweise ist die Zweiteilung zwischen geschlossenem und offenem System auch ein Grund dafür, warum die Physik des Klimawandels unanfechtbar ist. Indem wir fossile Brennstoffe verfeuern, holen wir Kohlenstoff (Masse) aus den Schichten unter der Oberfläche – wo sie mit der Energiebilanz des Planeten praktisch nicht in Wechselbeziehung treten – und befördern sie in die Atmosphäre, wo diese Wechselbeziehungen vorhanden sind. Dass Kohlenstoff in der Atmosphäre die Energiebilanz des Planeten verändert, weiß man genau; die physikalischen Grundlagen des Vorganges kennt man durch den schwedischen Chemiker Svante Arrhenius seit 1893 . Ohne kohlenstoffhaltige und andere Treibhausgase wäre unser Planet ein zum Sterben verurteilter, von Eis bedeckter Felsbrocken. Dies verhindern die Treibhausgase, weil sie die Energiebilanz der Erde in der Troposphäre – den untersten Kilometern der Atmosphäre, in denen sich der allergrößte Teil dieser Gase befindet – einseitig verändern, so dass die Menge der von der Erde abgestrahlten Infrarot-Wärmeenergie ansteigt. Da dieser Energiestrom nicht nur in den Weltraum, sondern zum Teil auch zurück zur Erde fließt, erwärmt sich die untere Troposphäre, und ein Energiegleichgewicht stellt sich ein. Das verlangt die Kontinuität der Energie.
Die Kohlenstoffatome unseres Planeten dagegen hängen für alle Zeiten bei uns fest – auch das verlangt die Kontinuität der Masse. Die Frage lautet nun: In welchem Umfang und wie schnell werden wir sie aus der Erde holen? Die Physik der natürlichen Ressourcen, des Klimawandels und anderer Probleme lässt sich häufig auf einfache, elegante Gleichungen zurückführen – hätten wir doch nur die meisterhaften Hilfsmittel, um eine Lösung zu formulieren!
Tim O’Reilly
Die Pascal’sche Wette
Begründer und CEO von O’Reilly Media
Im Jahr 1661 oder 1662 formulierte der Philosoph und Mathematiker Blaise Pascal in seinen
Pensées
die Pascal’sche Wette, wie sie später genannt wurde. Gemeint ist die Frage, ob man angesichts der Tatsache, dass Vernunft und Wissenschaft keine eindeutige Antwort geben können, an Gott glauben soll oder nicht:
[E]s muss gewettet werden, das ist nicht freiwillig, ihr seid einmal im Spiel … Was wollt ihr also wählen? … Ihr habt zwei Dinge zu verlieren, die Wahrheit und das Glück, und zwei Dinge zu gewinnen, eure Vernunft und euern Willen, eure Erkenntnis und eure Seligkeit, und zwei Dinge hat eure Natur zu fliehen, den Irrtum und das Elend … Deine Vernunft wird nicht mehr verletzt, wenn du das eine als wenn du das andre wählst, weil nun doch durchaus gewählt werden muss. Hiemit ist ein Punkt erledigt. Aber eure Seligkeit? Wir wollen Gewinn und Verlust abwägen, setze du aufs Glauben, wenn du gewinnst, gewinnst du alles, wenn du verlierst, verlierst du nichts. Glaube also, wenn du kannst.
Pascals Vorschlag ist zwar in eine rätselhafte religiöse Sprache gekleidet und handelt von einem religiösen Thema, er ist aber eine bedeutsame frühe Erscheinungsform der
Weitere Kostenlose Bücher