Wie funktioniert die Welt?
Zum einen verschafft die alleinige Versorgung mit Banknoten der Regierung das Monopol auf Profite in Form von zinslosen Darlehen, die sie von der Öffentlichkeit, die diese zinslosen Schuldverschreibungen hält, bekommt.
In unserer turbulenten Zeit, in der Zentralbanken die Menge des leistungsstarken Geldes durch massive quantitative Erleichterungen erweitern, ist Mengers Theorie von größerer Bedeutung als je zuvor. Sie macht uns auf die Möglichkeit aufmerksam, dass die Reaktion auf die derzeitige Krise in der Eurozone vielleicht nicht in immer stärkerer Zentralisierung bestehen sollte, sondern in einer Bewegung in die entgegengesetzte Richtung – hin zu einem System, in dem jede Bank ihre eigenen Banknoten ausgeben darf und die Geldmenge nicht von Zentralbanken, sondern durch die Marktkräfte reguliert wird.
Douglas Rushkoff
Die Kreiselbewegung der Simulakren
Medienanalyst; Dokumentarfilmautor; Autor von Life, Inc: How Corporatism Conquered the World, and How We Can Take It Back
Nachdem ich viel zu spät bemerkt hatte, dass die vielen Dinge, die ich als vorgegebene Umstände des Universums für selbstverständlich gehalten hatte, in Wirklichkeit Hervorbringungen und Ideen von Menschen sind, erschien mir die »Kreiselbewegung der Simulakren« des französischen Soziologen und Philosophen Jean Baudrillard als ungeheuer nützliche Methode, um zu verstehen, wie stark wir uns von allem, was mit der Realität zu tun hat, entkoppeln können.
Der Hauptgedanke lautet: Es gibt die reale Welt, es gibt die Landkarten, mit denen wir diese Welt beschreiben, und dann gibt es all die anderen Tätigkeiten, die auf der Landkarte stattfinden – wobei auf das Territorium, das sie angeblich darstellen soll, manchmal kaum Rücksicht genommen wird. Es gibt die reale Welt, es gibt die Darstellung der Welt, und es gibt die Verwechslung dieser Simulation mit der Realität.
Solche Gedanken kamen wieder in Mode, als die virtuelle Realität auf der Bildfläche erschien. Autoren beriefen sich auf Baudrillard, als müssten wir davor gewarnt werden, uns in unsere virtuellen Welten zu flüchten und die Welt aus Backsteinen und Mörtel, aus Fleisch und Blut hinter uns zu lassen. Ich selbst habe Computersimulationen nie für besonders gefährlich gehalten. Wenn überhaupt, sorgt ihr offenkundiger Fälschungscharakter – von Ballerspielen bis zu Facebook – nicht nur dafür, dass wir uns stets ihres Wesens als Simulationen bewusst bleiben, sondern sie stellen auch die Realität aller anderen Dinge in Frage.
Da ist also das Land – das reale Zeug, auf dem wir herumlaufen. Dann haben wir das Territorium – die Landkarten und Linien, mit denen wir das Land abgrenzen. Dann aber werden Kriege um die Frage ausgefochten, wo solche Linien auf der Landkarte gezogen werden.
So können immer mehr Ebenen aufeinander aufbauen, und die Menschen entkoppeln sich mit immer neuen Abstraktionen immer stärker von der wirklichen Welt. Land wird Territorium; Territorium wird Eigentum, das jemandem gehört. Eigentum kann man seinerseits durch eine Urkunde repräsentieren, und auf die Urkunde kann eine Hypothek vergeben werden. Die Hypothek ist ihrerseits eine Investition, gegen die man mit einem Derivat wetten kann, das dann mit einer Kreditausfallversicherung abgesichert wird.
Der Computeralgorithmus, der mit Kreditausfallversicherungen handelt (und auch die Programmierer, die die Tätigkeit dieses Algorithmus verfolgen, um Konkurrenzalgorithmen zu entwickeln), ist eine reale Interaktionsebene. Finanzwissenschaftlich gesprochen, hat er mehr Einfluss darauf, wer in deinem Haus wohnen wird, als irgendein anderer Faktor. Eine Krise der Kreditausfallversicherungen kann einen großen Staat wie die Vereinigten Staaten in den Bankrott treiben, ohne dass sich an dem realen Land, auf das sie sich bezieht, irgendetwas verändert.
Oder nehmen wir das Geld: Da gibt es den Gegenstand, der einen Wert hat – die Arbeitskraft, das Huhn, den Schuh. Dann gibt es etwas, womit wir diesen Wert repräsentieren – beispielsweise Gold, Getreide-Terminkontrakte oder Gold-Zertifikate. Nachdem wir uns aber erst einmal daran gewöhnt haben, solche Kontrakte und Bestätigungen als Äquivalent eines werthaltigen Objekts zu verwenden, können wir zum nächsten Schritt übergehen: zu den Banknoten der Zentralbank, dem »Rechengeld«, das in keiner Beziehung mehr zu Gold, Getreide, Arbeitskraft, Hühnern oder Schuhen steht. Das sind die drei wichtigsten Schritte: Wert,
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