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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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Mitbegründer, The Well; Mitbegründer, The Long Now Foundation; Autor von Whole Earth Discipline: An Ecopragmatist Manifesto

    Als ich zum ersten Mal die Zeichnung einer Eignungslandschaft sah (in
Naturgesetz und Menschenschicksal
von Garrett Hardin, 1965 ), wusste ich, dass darin ein Ratschlag steckte, wie man nicht übermäßig angepasst – und damit übermäßig spezialisiert – auf einem lokalen Eignungsgipfel sitzen bleibt, während man gleichzeitig in der Ferne ganze Gebirgszüge von Gelegenheiten sehen kann. Um dort hinzukommen, muss man sich aber »bergab« in Regionen mit geringerer Eignung vorwagen. Ich lernte, dem Optimalen zu misstrauen.
    Eignungslandschaften (manchmal auch »Anpassungslandschaften« genannt) ergeben sich immer dann, wenn Menschen herausfinden wollen, wie Evolution oder Innovation in einer komplexen Welt funktioniert. Im Rahmen einer wichtigen Kritik am Anfangsoptimismus über die künstliche Intelligenz warnten Marvin Minsky und Seymour Papert, scheinbar intelligente Agenten würden stumpfsinnig auf lokale Gipfel einer illusorischen Optimierung »hinaufklettern«, um dann dort festzusitzen. Der Komplexitätstheoretiker Stuart Kauffman verdeutlichte 1993 und 2000 mit Hilfe von Eignungslandschaften seine Gedanken über Vorstellungen vom »benachbarten Möglichen«, und das wiederum führte dazu, dass Steven Johnson in seinem Buch
Where Good Ideas Come From
begeistert darüber schrieb, wie das »benachbarte Mögliche« der Innovation nützt.
    Der Mann hinter der genialen Idee der Eignungslandschaften war Sewall Wright ( 1889 – 1988 ), der Begründer und Theoretiker der Populationsgenetik. Er formulierte die Landschaft 1932 als Methode, um visuell deutlich zu machen und zu erklären, wie biologische Populationen der potentiellen Falle eines lokalen Eignungsgipfels entkommen; zu diesem Zweck malte er sich aus, was ihren Evolutionsweg bergab vom Gipfel in Richtung anderer Möglichkeiten antreiben könnte. Betrachten wir einmal die folgenden, von ihm veröffentlichten Diagramme [17] :

    Die beiden ersten Bilder machen deutlich, wie ein geringer Selektionsdruck oder eine hohe Mutationsrate (die sich in kleinen Populationen einstellt) das Artenspektrum erweitern kann, während starker Selektionsdruck oder eine niedrige Mutationsrate eine Spezies auf ihrem Gipfel der lokalen Eignung festhält. Das dritte Diagramm zeigt, was geschieht, wenn die Landschaft selbst sich verschiebt und die Population durch weitere Evolution die Verschiebung mitmachen muss.
    In der unteren Reihe wird untersucht, wie kleine Populationen auf Inzucht reagieren, die auf zu geringe Wanderungsbewegungen zurückzuführen ist. Die beste Art der Erkundung ist nach Wrights Urteil im letzten Diagramm dargestellt: Es zeigt, wie eine Spezies sich in eine Reihe von Rassen aufspalten kann, die untereinander in Wechselbeziehung treten. Diese wimmelnde Menge erkundet die Landschaft gut und kann gute Gelegenheiten ergreifen.
    Eignungslandschaften drücken vieles sehr wirtschaftlich aus. So gibt es beispielsweise keine bessere Methode, um die unterschiedlichen Formen der Evolution auf einer abgelegenen Insel im Meer und in einem Dschungel auf dem Kontinent darzustellen. Der Dschungel ist dicht und zerklüftet, hat steile Erhebungen und Täler, die unzählige Arten auf ihren winzigen Gipfeln hoher Spezialisierung isolieren. Die Insel mit ihren wenigen Arten gleicht einer Hügellandschaft mit sanften Anhöhen, auf der die Arten hin und her wandern und sich beispielsweise zu einem ganzen Spektrum von Darwinfinken weiterentwickeln. Auf der Insel werden Tiere und Pflanzen »faul«; Invasoren vom Festland sind sie schutzlos ausgeliefert.
    Wie man leicht erkennt, besteht die Landschaft für jede Spezies nahezu ausschließlich aus anderen Arten, die alle eifrig damit beschäftigt sind, sich richtig weiterzuentwickeln. Das ist Coevolution. Wir alle sind die Eignungslandschaften der anderen.

Kevin P. Hand
Über Ozeane und die Sicherheit an Flughäfen
    Planetenforscher und Astrobiologe; stellvertretender wissenschaftlicher Leiter, Solar System Exploration, NASA Jet Propulsion Laboratory, California Institute of Technology
    Es mag sich seltsam anhören, aber so sehr ich die Warteschlangen vor den Sicherheitskontrollen am Flughafen auch verabscheute, muss ich doch eines zugeben: Wenn ich dort stehe, aller Metallgegenstände entblößt, und darauf warte, durch das Detektortor zu gehen, wandert ein Teil meines Geistes zu den Ozeanen, die

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