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Wie funktioniert die Welt?

Wie funktioniert die Welt?

Titel: Wie funktioniert die Welt? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brockman , Herausgegeben von John Brockman
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revidieren. Metaphysische Halbwahrheiten finden im Geist der meisten Menschen eine sichere, gemütliche Heimstatt.
    Und zweitens können die Tiefe, Eleganz und Schönheit unserer intuitiven metaphysischen Erklärungen dazu führen, dass wir sie nicht höher, sondern geringer schätzen. Sie gleichen einem ständigen Summen: Wir vergessen, dass sie da sind. Daraus folgt, dass Erklärungen, die am häufigsten wegen ihrer Vorzüge gelobt werden – beispielsweise natürliche Selektion oder Relativitätstheorie –, sich in einer wichtigen Hinsicht von jenen unterscheiden, die das Fundament der intuitiven Überzeugungen bilden. Gefeierte Erklärungen haben die Eigenschaften der Lösung in einem guten Kriminalroman. Während intuitive metaphysische Erklärungen leicht zu erzeugen, aber schwer zu beurteilen sind, ist es bei wissenschaftlichen Superstars wie der Evolution in der Regel umgekehrt: Sie sind schwer zu erzeugen, aber man kann sie leicht beurteilen. Wir brauchen Philosophen wie Hume, die uns im ersten Schritt aus der Selbstzufriedenheit herausholen, und Wissenschaftler wie Darwin, die im zweiten Schritt die Wissenschaft voranbringen.

Seirian Sumner
Wir brauchen bloß Hilfe
    Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Fachgebiet Evolution des Sozialverhaltens; Institut für Zoologie, Zoological Society of London
    Mit meinen Kindern spiele ich ein »Rate mal, wer?«-Spiel: Du denkst dir ein Tier, einen Menschen oder einen Gegenstand und versuchst es dann den anderen zu beschreiben, ohne zu verraten, um was es sich handelt. Der andere muss raten, was oder wer du bist. Du musst dich in die Gestalt hineinversetzen und eine Geschichte erzählen: Was tust du, wie fühlst du dich, was denkst du, was willst du?
    Probieren wir es einmal. Lesen Sie die nachfolgenden Szenarien und versuchen Sie herauszufinden, wer oder was es jeweils ist.
    »Das ist unfair! Mama sagt, ich würde lästig, sei ein Faulenzer, und sie kann es sich nicht mehr leisten, dass ich bei ihr bleibe. Aber ich bin gern in einer großen Familie und will nicht weggehen. Warum soll ich das Risiko eingehen, mein Zuhause zu verlassen? Wer weiß, was da draußen los ist! Mama sagt, wenn ich zu Hause bleibe, bräuchten wir eine Art ›Klebstoff‹, damit wir nicht auseinandertreiben. Nun ja, Klebstoff ist teuer, und sie sagt, sie hat weder Zeit noch Kraft, um ihn herzustellen, weil sie damit beschäftigt ist, Babys zu machen. Aber dann hatte ich eine tolle Idee: Wie wäre es, wenn
ich
den Klebstoff herstelle? Ich nehme ein wenig Zellwand (das macht Mama nichts aus), füge ein paar Glykoproteine hinzu (die sind klebrig, also musste ich Mama versprechen, dass ich mir hinterher die Hände wasche) und
Bingo!
schon ist es geschafft: Wir haben uns eine hübsche, gemütliche Extrazellulärmatrix geschaffen! Ich übernehme gern die Hauptarbeit, solange Mama mir mehr Geschwister schenkt. Das habe ich Mama gestern Abend vorgeschlagen, und weißt du was? Sie hat ja gesagt! Sie hat aber auch gesagt, ich fliege raus, wenn ich meinen Anteil an dem Handel nicht erfülle. Nassauer gibt es nicht …«
    Wer ich bin? Ich bin ein Einzeller, der zum Vielzeller wird. Wenn ich mich mit meinen Verwandten zusammentue, muss einer den Preis dafür bezahlen, dass wir zusammenhalten – den Preis für die extrazelluläre Matrix. Mir macht es nichts aus, diesen Preis zu bezahlen, wenn ich davon profitiere, dass meine eigenen Gene durch meine Verwandten vervielfältigt werden.
    Na gut, das war schwierig. Versuchen wir es einmal hiermit:
    »Ich bin wahrscheinlich das, was man einen mütterlichen Typ nennen würde. Ich bekomme gern Babys, und dieses Jahr hatte ich schon zu viele – zumindest sagen mir das meine Kinder. Aber ich glaube, ich mache das ganz gut. Natürlich liebe ich sie alle gleichermaßen. Das ist allerdings verdammt harte Arbeit, vor allem weil ihr Vater nicht dabeigeblieben ist. Er wollte nur das eine und war dann sofort weg. Aber ich weiß nicht, wie meine letzten Babys überleben sollen, wenn ich nicht irgendwoher Hilfe bekomme – so viele Mäuler zu stopfen, und keine Zeit, Ordnung zu machen. Deshalb habe ich neulich zu meinem Ältesten gesagt: ›Wie wär’s, Kind? Stell dir mal vor, du würdest deiner alten Mama hier überall ein wenig helfen? Wir schließen ein Abkommen: Du suchst etwas zu essen, während ich für dich noch ein paar Geschwister produziere. Denke daran, mein Kleiner, ich tue das für dich – alle diese Geschwister, die ich produziere, das wird sich auf

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